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ansteckend

Ständig schießt mir dieses Wort die letzten Tage und Wochen durch den Kopf. Nicht nur, dass Schnupfen, Erkältungskrankheiten jeglicher Art sowie Kinderkrankheiten und MagenDarmInfekte hochansteckend sind.

Scheinbar ist und kann auch unser Leben furchtbar ansteckend sein. Was ich meine? Wir leben und auch andere fangen wieder an zu leben. Werden neugierig. Fragen nach. Machen sich Gedanken.
Ich komme so oft im Alltag an den Punkt, dass ich nicht verstehe, wieso Menschen das und das mit sich machen lassen? Warum verschließen sie die Augen? Warum verschweigen sie sich gegenseitig, was wirklich hinter den Kulissen abläuft? Scheinbar sind alle völlig frei und doch treffen sie in lauter Unfreiheit Entscheidungen für sich, ihre Familien und ihr Umfeld; in einer manchmal schier freiwillig gewählten Unfreiheit, weil sie bequemer ist. Für den Moment.
Mich deprimiert das manchmal sehr. Häufig habe ich das von Niko Paech gebrauchte Bild der Hydra vor Augen, wenn es um technische Neuentwicklungen oder Problemlösungen geht, die sich auf den Klimawandel, die von uns angerichtete Umweltvermutzung, den achten PlastikKontinent, die Versorgung aller Menschen mit Nahrungsmitteln, MedikamentenRückstände und MikroPlastik im Grundwasser und und und beziehen. Wir lösen ein Problem und schaffen damit zwei weitere, weil Konsequenzen nicht zuende gedacht, diese in der Tat zu kompliziert und verknüpft miteinander sind oder sie schlichtweg ignoriert werden. Es zählt nur das Jetzt.

In dieser Frustration ging es mir die vergangenen Wochen einige Male so, dass Menschen mich überrascht haben. Erwachsene Menschen. Meine Kinder überraschen mich mit ihrem Wissen, ihrer Neugier, ihrem unkomplizierten Einfallsreichtum und ihrer Liebe zum Leben täglich. Erwachsene hingegen nicht. Sie scheinen etwas von diesem Zauber zu verlieren. Ich schließe mich da manchmal mit meiner Denke und meinem Verhalten ein. Dennoch. Die letzten zwei, drei Wochen waren anders.

Da erzählt mir eine Leserin, dass sie sich auch was bei Kulmine bestellt hat. Echt? Wow!

Ich gehe mit meinen beiden Freundinnen spazieren und frage ich mich zu Beginn unserer Runde, ob ich von meinem daysofThunderProjekt berichten soll? (meiner Menstruation = Erdbeerwoche, für alle, die nicht regelmäßig mitlesen) Erst nach fast Zweidrittel ringe ich mich dazu durch und fange völlig aus dem Zusammenhang an, über die Stoffwindeln meines ehemaligen Babys zu berichten und wie ich mir dann über das Reduzieren meines eigenen Mülls Gedanken mache. Ich schlucke, hole tief Luft und frage: „Kennt ihr LadyCups?“ Zunächst scheinen sie beide nicht so recht zu wissen, was ich meine. Bis eine der beiden, eine gute Freundin, mit einem nachdenklichen Schmunzeln nickt und meint, sie habe schon einmal davon gehört. Ich erkläre, dass ich sowas jetzt noch nicht benutzt hätte, weil ich mir das irgendwie nicht vorstellen könnte, aber… „Ich probier jetzt mal Stoffwind-, ich meine Stoffbinden aus.“
Leute, es war mir irgendwie unangenehm. Ich merkte, wie unbekannt den beiden diese Vorstellung war und wir haben uns bislang über sowas einfach noch nie unterhalten. Warum auch? Es gab irgendwie keinen Anlass.
Erst durch meine Vorfreude auf das Experiment hatte ich Grund die beide einzuweihen. Einige Tage später erreicht mich eine Mail. „Guck mal das Foto. Du hast mich neugierig gemacht.“ Sowas in der Art oder so ähnlich stand drin und zu sehen war ein LadyCup. Krass, oder?!

Dann wird eine Interviewfrage mit einem Hinweis auf die Postwachstumsökonomie von Niko Paech beantwortet. Ein weiterer Mensch in meinem Umkreis (sehr weit gefasst, der von sich aus dieses Wirtschaftsmodell anspricht und kennt?!). Mich schmeißt sowas fast aus den Socken.

Und dann der BioHofladen, der die WinterPause nicht nur zum Säen genutzt, sondern auch seine Räumlichkeiten ansprechend umgestaltet hat, um noch mehr Menschen einzuladen und den Einkauf schmackhaft zu machen.

Im Netz beobachte ich glücklich, wie manomama sich entwickelt und hoffe, dass originalunverpackt ein gutes, erfolgreiches Konzept hat.

Dann fallen mir die Höfe ein, die wir im Sommer besuchen werden. Die alle angefangen haben downzushiften, sich selbst zu versorgen und das Leben in seiner Fülle anzunehmen.

Es anders zu machen, dazu zu stehen und es zum Thema zu machen, ist nicht nutzlos oder zwecklos. Es trägt Früchte. Mir manchmal zu unkontrollierbar, aber beim Gärtnern steckst du ja auch nicht drin, wie, wo und ob deine Früchte wachsen. Ich habe die Hoffnung, dass sich Menschen trauen Leben zu leben, wie es gedacht war. Es zum Thema zu machen und mitzureißen. Anzustecken. Mindestens genauso ansteckend wie eine MagenDarmGrippe. Einigkeit in einer Sache macht stark. Das merke ich in meiner Ehe und auch in Themen, die für eine gesunde Gesellschaft von Bedeutung sind. Wie soll Einigkeit entstehen, wenn wir nicht zum Thema machen, worum es wirklich geht?

Wann habt ihr das letzte Mal jemand anderen angesteckt? Mit einer Idee? Einer Verhaltensweise? Wann wurdest du angesteckt? Weißt du es noch?

15 Gedanken zu „ansteckend“

  1. Liebe Rage, ich werde ständig angesteckt, muss eher aufpassen, dass ich nicht zu viel zu schnell zu oft veränderm und probieren, entdecken und erkunden will..
    Ich habe seit kurzem eine Freundin, die vegan lebt, der Mann einer Freundin lebt vegan, eine Frau aus der Gemeinde will gerade von mir alles über vegane Ernährung wissen und jede.einzelne.meiner.freundinnen musste/durfte sich schon einen längeren Vortrag über meine Menstruationstasse anhören. Hehe.
    Smalltalk führe ich grundsätzlich nicht.
    Auch über meine persönliche Beziehung zu Jesus Christus rede ich offen mit meinem Umfeld. Ja, da ist schon mal einer überfordert oder ablehnend. So what?
    Das Leben kann aufregend sein, oder langweilig. Wir entscheiden.
    Alles Liebe und spread the word. Nina

      1. Weg! Habe ich vor einigen Wochen auf dem Blog angekündigt. Nun habe ich es umgesetzt.
        Ich weiss gerade nicht, worüber ich schreiben soll und will. Vielleicht fällt es mir (wieder) ein, dann gibt’s einen neuen Blog. Sprunghaft? Verhaltensflexibel!
        Alles Liebe von Nina

  2. Ein wenig öko und bio war ich schon immer irgendwie. Als in den 80ern mit „Atomkraft, nein danke“ aufgewachsen und auch auf der Straße demonstriert, bleibt das wohl haften. Ein Wiederauslöser war ein Seminarbesuch. Unsere örtliche VHS hatte das Thema „Die Welt retten“ und es gab Seminare mit Niko Päech und Christian Felber. Seither bin ich aktiver geworden. Anstecken werde ich wohl in erster Linie mein direktes Umfeld mit Plastikverzicht oder bio, öko und fair. Es entwickeln sich spannende Diskussionen und ich hoffe, der ein oder andere ändert auch etwas. Aber ich missioniere nicht, ich lasse mich fragen, dann erzähle ich gern….

  3. Ich glaube, ich werde ständig mit irgendwas angesteckt (ich nenne es aber inspiriert. das klingt weniger gefährlich :-) Und ich stecke auch gern an. ich glaube, ich habe einige Leute auch von der Kulmine begeistert: http://jademond.de/ich/kulmine-zeit-fuer-ein-neues-koerpergefuehl/

    Ich inspiriere gern mit Ideen, mit Gedanken.
    Und ich selber?
    Grad eben erhielt ich einen Denkanstoss zur politischen Vertretbarkeit von Indianerverkleidungen und zur Diskriminierung ethnischer Gruppen durch solche Aktionen. Sehr interessant.

    1. Wow! Dass du Kulmine toll findest, hatte ich entdeckt. Aber den Post nicht so wirklich wahrgenommen. Ich finde die Karten total schön, wenngleich auch sehr gewagt. ;) Ich mag das dahinterstehende Körpergefühl in und für diese Zeit.

  4. Hallo rage,

    all meine Erkenntnisse zu einem Leben abseits des Mainstreams zu teilen und denen zugänglich zu machen, die sich dafür wirklich interessieren … Das war meine Hauptmotivation im vergangenen Jahr einen Blog zu starten.

    Im Freundeskreis mit meinen Erfahrungen „einfach so“ hausieren zu gehen, war und ist ebenfalls nicht so ganz mein Ding. Also habe ich nach dem Start meines Blogs, einfach per Rundmail darüber informiert, dass es ihn gibt. … und ich freue mich sehr, dass ich bereits häufig Feedback über „Ansteckende Ideen & Anregungen“ per Kommentar, Mail oder gar persönlich erhalten habe.

    … und manchmal gibt es sogar den ein oder anderen Hinweis, was noch auf meinen Blog gehören könnte, da ich auf meinen Seiten nicht nur eigenes poste sondern auch auf nachhaltige Initiavien und interessante Medientipps hinweise. Nachdem ich bereits am Dienstag in einer Zeitung von „Original Unverpackt“ in Berlin!!! gelesen hatte, erreichte mich heute morgen darauf auch noch ein Hinweis per Mail und nun lese ich davon in Deinem Post. So funktioniert „Ansteckung“, wie ich sie richtig toll finde …

    Einen schönen Tag wünsche ich Dir und sende liebe Grüße aus Berlin,
    Anja

  5. Hallo Rage,

    doch, du bist ansteckend. Nicht immer zu meinem Vorteil. :) Gestern hab ich mich wegen deinem letzten Post an 2 Rezepte gehalten. Ergebnis war nicht so toll. Das mache ich nie wieder. :)

    Ich finde mittlerweile echt schade, dass ich nicht professionell nähen kann. Wenn ich sehe, was man aus alten Stoffen wie Kinobezügen für Kleider nähen kann. Mit Fledermausärmeln. <3 "Es gibt Hobbies, bei denen man sich steigern kann." Das war der Satz der Woche für mich. Nähmaschinen mögen mich trotzdem nicht. :(

    Finde toll, dass du woofen gehst. Auch sehr mutig, gleich die (schöne) Wohnung aufzugeben. Hab's mir mal angesehen auf You Tube. 6 Stunden arbeiten und 2 Kleinkinder. Da wär ich schon beim Rasenmähen mit überfordert.

    Ich denke manchmal mit. Und nach. Und weiter. Aufgrund deiner Posts. Z. B. wenn du eh umziehst, schau doch mal nach einer Freien Schule, ob dir das Konzept gefällt. In einer gab es Ziegenhaltung. Ich liebe Ziegen.

    So. Jetzt esse ich mal das viel zu süße Apfel Crumble. Nicht aus Lisas Buch.

    Liebe Grüße
    Tanja

    1. @Anja: Oh! Ich wollte aber auch nicht den Eindruck hinterlassen, als wenn ich missionieren ginge. Ganz und gar nicht. Wie gesagt, es hat mich Überwindung gekostet und hatte dann aber diese krasse Auswirkung, die mich echt glücklich gemacht hat. Irgendwie begegne ich gerade auch vielen Menschen, die schon seit Jahren und Jahrzehnten so leben, wie ich mir unser Leben gerade einrichte. Da komme ich mir manchmal ganz schön blöd bei vor. Und die reden auch nicht drüber.
      Aber es macht mich inzwischen so wütend, wenn ich sehe, was passiert. Ich hab immer das Gefühl, dass ganz unbedingt was getan werden muss. Na ja. Ich versuche da einen Mittelweg zu finden und stimme dir voll zu. Mein Blog, auch wenn man meinen Namen suchen und mich im Netz finden kann, gibt mir ein bisschen das Gefühl von Distanz und das Gefühl Dinge, die mich bewegen in die Welt hinauszuschreien. So, let’s go on.
      @TanjaHeller: Oh sry!!! Was für Rezepte hast du denn streng nach Rezept nachgekocht? Aus dem Buch? Ich hab mich an den KeksTeig gewagt und das KnobiSenfDressing probiert. Jetzt gleich wird aus dem WeintraubenKuchen ein RhabarberKuchen. Wenn mal was gutes Verschickbares dabei ist, lass ich es dir zukommen. ;) Das WWOOFen… ja. Ich denk nicht viel drüber nach. Ich will’s machen. Muss ich hier ja auch. Von daher. Aber danke für die Blumen. o/

  6. Das war von Chefkoch ein Joghurtdressing und Apfel crumble. Meinst du Rage, wenn ich lieber mit Butter statt mit Öl backe und z. B. mit Spinat statt Brennesseln zu sammeln, krieg ich Probleme mit Lisas Tassenangaben? Dass die Konsistenz nicht stimmt? Ihre Tipps auf dem Blog wie Rosinen statt Zucker zu nehmen, mag ich ja gerne. Und das Buch ist bestimmt ein Meisterwerk.

    1. Ach so! Ok, ich dachte, du hättest aus Lisas Buch nachgekocht und dabei schlechte Erfahrungen gemacht. dieses Nachkochen habe ich auch aufgegeben. Mit der Zeit stellt sich ja auch sowas wie ein Gefühl ein. Klar, der vegane Zitronenkuchen war ein TotalExperiment. An solchen Dingen gehe ich inzwischen aber auch ganz anders ran. Es darf in die Hose gehen, denn Es ist ein Experiment.
      Ich koche viel frei nach „Schnauze“.
      Mein RhabarberKuchen, der sich bei seinem Teig an Lisas GrundKuchenTeigRezept orientiert hab ich nur für die STreusel doch Butter genommen. Das Öl war aus. Und Streusel mit OlivenÖl… das konnte ich mir nicht so richtig gut vorstellen. Ich würde es nach Gefühl probieren. Lisas Rezepte geben da echt Freiraum. Du musst vermutlich ein bisschen probieren. Aber Hinweise wie „festerer Teig“ oder so, gibt sie auch in ihren Rezepten. Spinat und Brennnessel… Ich hab noch nie selber mit Brennnessel gekocht oder gebacken. Ich trau mich nicht. Wie ist das mit den Stacheln? Die Brennen? Ich würd’s echt einfach ersetzen. Bei uns gibts gleich SpinatPfannkuchen mit Kräutern. Ich bin gespannt. Wenn ich ein bisschen drin gekocht habe und im Sommer eh unterwegs bin, kann ich dir das Buch mal ausleihen. Wenn du magst. Und wenn ich es Ende September wieder zurückkriege. ;)

  7. Ansteckend?
    Bin ich bei vielen Dingen. Wohl eher weil erwachsene mich sonst Langeweilen. Wer nicht als Erwachsener Querdenkt, das ist meine Meinung wartet das der Tod ihn abholt.
    So habe ich mir nicht immer Freunde gemacht, aber ich mag auch keine „Mainstream“ Menschen. Warum ja zu Themen sagen, wo sich ein nein gehört?
    Ich finde das du nicht missionierst, sondern das du frei deine Gedanken raus lässt. Wer das anders sieht, zieht sich gerne die Schuhe eines anderen an.
    Mach weiter so! Ich finde deinen Blog einfach klasse!

    1. Danke Prot! Danke für das BlogKompliment. :D
      Ich denke inzwischen ähnlich. Empfinde es dennoch als BalanceAkt. Ich will schließlich nicht zu sehr abschrecken. Manchmal hat das was mit meiner KomfortZone zu tun. Meinem Bedürfnis nach Harmonie. Manchmal aber – und diese Situationen häufen sich gerade – will ich ja ein Umdenken auslösen. Ich wünsche mir, dass Leute gegen das #TTIP auf die Straße gehen. Dass sie in Frage stellen und nicht einfach mitschwimmen. Aber diese Haltung ist anstrengend, weniger bequem und einfach anders. Wie soll ich zu sowas Unbequemen motivieren? Oder inspirieren, wenn du scheinbar alles so gut läuft?! Verstehst du? Aber ich bin froh, dass bei dir nicht der Eindruck entstanden ist, dass ich missionieren. Denn das geht, meiner Erfahrung nach immer in die Hose. Schließlich weiß ich, wie ich auf solche ÜberzeugungsVersuche reagiere. „Du muss…“ – „Du sollst…“ – „Du darfst nicht…“ da geht einem der Handlings und eigene DenkSpielraum zu schnell verloren.
      Ich übe mich daher weiterhin im Balancieren…

  8. Hallo Rage,
    oh man, ich hab jetzt nur ein kleines bisschen in deinen Blog reingeschnuppert, nachdem du bei mir einen so tollen Kommentar hinterlassen hast. Und ich bin begeistert! Ich nehm dich sofort in meine Blogroll auf. Zum Abendessen käm ich auch gern vorbei, nur leider, leider wohn ich in einer völlig anderen Ecke.
    Das Vernetzen ist so eine tolle Sache, ich genieße es sehr, auf gleichgesinnte zu treffen, bzw. wie in diesem Fall, gefunden zu werden.
    LG Zora

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