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Arbeit der Zukunft

Wie hängen Kindergarten, MOOCs, Flüchtlinge, Roboter und die Arbeit von Morgen zusammen? Hier ein Einblick in meine Überlegungen.

Seitdem ich meine DeutschSchüler habe bin ich natürlich unentwegt auf der Suche nach adäquatem Material, um sie in ihrem Spracherwerb zu unterstützen. Unter anderem fragte ich in unserem Kindergarten nach, da sich hier viel Bild- und Spielmaterial befindet, das sich entsprechend nutzen ließe.

Die Erzieherinnen waren mir eine große Hilfe, hatten eine Menge Ideen und wiesen mich auf das ein oder andere Material hin. Dabei erhielt ich zudem den Hinweis auf entsprechende E-Learning-Kurse, um z.B. darin „fortgebildet“ zu werden als Ehrenamtliche Flüchtlinge in Deutsch zu unterrichten. Es fiel die Abkürzung MOOC. In dem Moment wurde ich hellhörig. Hatte dazu nicht unlängst jemand mal gebloggt??

MOOC

Aber natürlich. Frau DingDong hatte in einem ihrer Beiträge darauf hingewiesen und ich hatte es einfach vergessen. Dabei hatte mich das Thema damals schon unglaublich interessiert. Denn:

  • Ich liebe lernen.
  • Ich mag Wissen über alles mögliche erwerben.
  • Ich mag die Welt zum Positiven verändern und solche Möglichkeiten nutzen.

Gestern Abend habe ich mich dann endlich ein bisschen auf den gängigen MOOC-Plattformen umgeschaut. MOOC ist übrigens die Abkürzung für „Massive Open Online Course“. Es gibt kostenlose und kommerzielle Kurse. Häufig sind die von Universitäten und Unternehmen angebotenen Kurse kostenfrei, bis auf die Zertifizierung, die am Ende eines Kurses oft zu erwerben ist. Kein Muss, aber eine Option. Die Kurse gibt es schon seit längerem, standen mal in der Kritik, mal wurden sie hochgelobt. Jedenfalls, gestern Abend war ich kurz davor, einfach einen der Kurse zu belegen. Warum nicht. Vier zusätzliche Stunden in der Woche, um mal was ganz anderes zu lernen.

Industrie 4.0

Diese Art des Lernens und auch das Arbeiten dahinter macht mich neugierig und interessiert mich sehr. Ein Kurs, den ich entdeckte, trägt den Titel Industrie 4.0. Was für ein schräger Begriff. Zumal ich diese Woche häufiger über drei Dinge nachdenken musste:

  1. Als ich noch als Sozialarbeiterin unterwegs war, war der Begriff Web 2.0 in meinem Umfeld omnipräsent. Obwohl es mir gefühlt so vorkam, als wenn der Begriff schon wieder im Gehen begriffen war. Daher fragte ich mich Anfang der Woche, was für ein Begriff aktuell wohl vorherrscht? Web 3.0? Oder vielleicht schon 4.0? Oder erst noch Web 2.7? Und dann tauchte dieser Begriff auf. In der Tat geht es hier nicht nur ums Web. Aber unser Arbeitsumfeld ist inzwischen so sehr digitalisiert, dass Industrie 4.0 oder Arbeit 4.0 viel besser passen würde. Oder meint ihr nicht?
  2. Mein Thema ist die Tatsache, dass ich Vollzeitmutter bin, Flüchtlinge beim Deutscherwerb unterstütze, mich im Bildungsbereich meiner eigenen Kinder engagiere, den Haushalt schmeiße, eine Baustelle mit vorantreibe und keinen Cent finanzielle Anerkennung für meinen Job bekomme. Den ein oder anderen Cent, der seltenst mal durchs Bloggen reinkommt, mal außen vorgelassen. Kurz: Das lässt mich nie so ganz in Ruhe. Ich finde es weder gleichberechtigt noch gerecht. Das bedingungslose Grundeinkommen ist daher immer wieder in meinem Kopf.
  3. An verschiedenen Ecken und Enden höre ich den Hinweis auf Arbeit der Zukunft, Arbeit 4.0 und auch einer meiner Tabs beinhaltet eine Folge von Yourope, die sich mit der Thematik „Arbeit 4.0“ beschäftigt. Bis heute Morgen hatte ich noch keine Zeit gefunden mal hineinzuschauen. Also nutzte ich meine  freie Minute von eben und sah mir die 26Minuten an. Bis zum 13.05.2016 könnt ihr die Sendung unter obigem Link noch anschauen. Sehr informativ und ein wenig in Frage stellend bietet sie einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen, Begrifflichkeiten und Zusammenhänge.

Was mach ich nun mit diesen ganzen Schnipseln?

Bei meinen Überlegungen und meiner Recherche befinde ich mich noch mitten im Zusammenfügen. Was für eine Einstellung zu Arbeit habe ich denn eigentlich? Grundsätzlich bestimmen mich in meinem Denken und Handeln folgende Gedanken:

  • Ich arbeite, um zu leben und lebe nicht, um zu arbeiten.
  • Daran an schließt sich das Zitat von Mark Twain: Gib jedem Tag die Chance, der beste deines Lebens zu werden.“ Auch im Rahmen meiner Arbeit und Aufgaben.
  • Daher suche ich nach den Aufgaben, die meinen Stärken und Vorlieben entsprechen. Das halte ich für absolut erforderlich, um effektiv und effizient arbeiten und wirken zu können.

Ein StartUp zu gründen, das sozial, effektiv und nachhaltig ist, bei dem ich mir den Job mit einer*m teilen könnte und wir unsere Arbeitszeiten so einteilen könnte, dass Leben (als Familie) funktioniert – was für eine Traumkonstellation.

Vielleicht führe ich das in den nächsten Blogartikeln mal etwas weiter aus. Für mich spielen jedenfalls Minimalismus, Nachhaltigkeit und Gleichberechtigung im Rahmen von Arbeit entscheidende Rollen. Jobsharing (Plattformen gibt es auch hier schon viele), bedingungsloses Grundeinkommen, 6h-Arbeitszeit und Roboter sind Modelle und Entwicklungen, die ich dbzgl unbedingt näher ins Auge nehmen möchte.

Denn was passiert, wenn plötzlich 3-5 Mio weniger Arbeitsplätze bestehen? Wenn ich als Mama nicht mehr bei den Hausaufgaben dabei bin, sondern „Twinkie“ (Ich hab mir mal ein Synonym für einen HaushaltsRoboter überlegt…) das übernimmt. Denn „Twinkie“ soll ja all die unangenehmen Aufgaben übernehmen. Hausaufgaben können manchmal durchaus dazu zählen. Doch wohin entwickeln wir uns dann? Als Gesellschaft? Als Familie? Als Einzelne?

Was machen wir mit all der freigewordenen Zeit? Wie verdienen wir unser Mindesteinkommen, um zu (über)leben? Ich kann mir das gerade alles noch nicht so recht vorstellen. Was denkst du dazu?

6 Gedanken zu „Arbeit der Zukunft“

  1. Hallo Rage,
    ich denke, viele Arbeitsplätze sind bereits „überflüssig“. Beruflich komme ich auch aus dem sozialen Bereich und bin aktuell im Bereich zweiter Arbeitsmarkt tätig – da sehe ich, wie viel Geld ausgegeben wird, um so was wie beschäftigungsfähigkeit zu erhalten, wo aber keine Arbeitsplätze mehr warten. Was passiert mit all den nicht erwerbstätigen Hausfrauen, die in Maßnahmen zu Küchenhilfen/Haushalt etc., wenn sie durch die entsprechenden Reinigungsroboter ersetzt werden (technisch bereits möglich). Gleichzeitig denke ich auch im akademischen Bereich gibt es viele aufgeblähte Jobs, die eigentlich keine_r „braucht“, die aber vielleicht Spaß machen… kurz: Es ist komplex. Und was die Anerkennung insbesondere für Care-Arbeit angeht: I stand by your side

  2. Industrie 4.0 ist in der Tat ein schräger Begriff – so schräg, dass ihn nur wir Deutschen nutzen. Überall woanders heisst es nämlich „IoT“, also „Internet of Things“.

    zu #1: IoT-Technologie wird meines Wissens zur Zeit primär in produzierenden Unternehmen benutzt, und hierbei geht es nicht nur um Robotik, sondern auch zB um Lieferkettenoptimierung dank im Produkt eingebauter Sensoren.

    zu #3: Es ist doch wieder ein sehr Deutscher Bericht, der mit der Angst spielt, wie wir alle unseren Job verlieren werden, weil jetzt die bösen, bösen Roboter kommen… Das gab es doch alles schon mal, als der Computer Einzug gehalten hat in die Büros unserer Welt. Natürlich sind eine Menge Jobs deswegen verloren gegangen (an die sich heutzutage niemand mehr erinnert), aber es sind auch eine Menge dadurch entstanden (die gesamte IT Branche zum Beispiel). Eine differenziertere Betrachtungsweise schadet da sicher nicht, anstatt nur mit der Angst zu spielen („3 mio Franzosen werden ihren Job verlieren“ – wo haben die diese Zahl denn her?).

    1. Stimmt. Das Ganze hat natürlich auch immer mit viel Angstmache zu tun. Mir gehen dazu drei Dinge durch den Kopf.
      1. Die Zahlen betreffen ja scheinbar Frankreich. Woher sie die Zahlen haben – keine Ahnung. Es gibt ja scheinbar gleich mehrere Statistiken.
      2. Mir fällt da gleich das Buch „Die Alles ist möglich!-Lüge“ ein. Neben Schweden wird Frankreich als Land vorgestellt, das Vereinbarkait umzusetzen versucht. Nun ja, dieses Land hat ein großes Interesse daran, dass zum Beispiel die vermeintlichen Hausfrauen schnell in den Job zurückkehren. Daran musste ich sofort denken, als ich diesen Haushaltsroboter gesehen habe.
      3. Es mag sein, dass heute auch noch ein paar neue Jobs hinzugekommen sind. Aber weniger. Und die Schere zwischen arm reich, die öffnet sich mE. nicht nur gefühlt immer weiter. An diesen Stellen zeigt sich in meinen Augen der Verlust von Arbeitsplätzen deutlich.
      Was mir viertens noch einfällt: Wer wird beurteilen, welche Aufgaben nun angenehm und welche unangenehm sind? Diese Frage lässt mir keine Ruhe.

  3. Auch gerade mein Lieblingsthema. Allerdings hab ich genau wie du noch nen Knoten im Hirn, der sich nur langsam in geordnete Gedanken auflöst.

    Tatsache ist: Mein Beruf könnte bis zum Jahr 2018 tatsächlich verschwinden. Mein Beruf kann komplett durch Maschinen ersetzt werden bzw. wird es schon. Es ist also eine Frage der Zeit und die vergeht schneller als mir lieb ist.

    Angst vor Arbeitslosigkeit habe ich dank Minimalismus keine, eher Angst vor Sinnlosigkeit, weil mich eine neue Tätigkeit in diesem Bereich bestimmt nicht mehr so ausfüllen wird.
    Ich habe also die Wahl: Suche ich mir ein komplett anderes Betätigungsfeld (und wenn ja was?) oder suche ich mir in meinem jetztigen Job eine Nische, die kein Automat bedienen kann?
    Es ist nicht so sehr die Angst arbeitslos oder überflüssig zu werden, sondern eher wieder der Druck sich ständig „zwanghaft“ fortbilden zu müssen, damit man eine Tätigkeit, die durch Automation gemindert wird, in anderer Form künstlich mit Wert aufbläst. Diese ständige Selbstoptimierung um gegen Maschinen konkurrieren zu müssen nervt mich unendlich, denn eigentlich muss es nicht so sein.

    Ich finde es aber auch nicht richtig, diese Angst vor Arbeitslosigkeit einfach abzutun.
    Natürlich wird die Angst künstlich in den Medienberichten geschürt, aber das Problem mit BGE, reduzierten Arbeitszeiten, jobsharing etc. IST JETZT AKTUELL und ich sehe nur: Die Politik schläft. Da kriegen wir bald ein fettes Problem. Und das macht mich nervös.
    Und auch nicht vergessen: Es kommt immer auf die Perspektive an. Ein Verkäufer, der durch einen Kassenautomat oder eine Kasse ersetzt wird, die durch Kunden bedient wird (siehe Bauhaus, Ikea, da ist es ja schon so) hat mehr Angst, seinen Job zu verlieren bzw. in einem Job hängen zu bleiben, der nicht mehr mit Sinn gefüllt ist, als ein IT-Techniker, der diese Geräte wartet und programmiert.

    Wo bleibt der Sinn der Arbeit?
    Vorher habe ICH kassiert, jetzt muss ich die Kunden an den Automaten schicken und den Automaten erklären. Wo bleibt da für die Unternehmen die Ersparnis? Wo bleibt meine Motivation morgens aufzustehen? natürlich werden sich Berufe wandeln, das tat es ja schon immer. Aber wo bleibt der Sinn?

  4. Hallo Rage,

    das ist wirklich ein spannendes Thema!

    Ich bin der Meinung, dass es heute schon sehr viele Arbeiten gibt, die getrost von Maschinen erledigt werden könnten. Technisch gesehen zumindest. Auf der anderen Seite stehen da aber noch Wirtschaft und Politik.

    Für Unternehmen, die nach maximalen Gewinn streben, ist es egal, ob ihre Arbeiten von Maschinen oder Menschen ausgeführt werden, solang es die für sie günstigste Variante ist. Wenn also eine Maschine die Arbeitsleistung eines Menschen ersetzt, aber gleichzeitig einen weiteren Menschen zur Wartung und Bedienung benötigt, ist das kein guter Deal für besagtes Unternehmen. Wenn die Leistung der Maschinen der von fünf Menschen gleichkommt und einen weiteren Menschen für Wartung und Bedienung benötigt, sieht das schon ganz anders aus.

    Von politischer Seite wird nach wie vor möglichst Vollbeschäftigung angestrebt. Deshalb müssen auch alle Menschen eine Arbeit verrichten, die ihnen Geld einbringt, auch wenn sie noch so sinnfrei ist und längst von Maschinen erledigt werden könnte.

    Ich bin persönlich ein sehr großer Freund vom BGE und glaube auch fest daran, dass es funktioniert. Umso erfreuter bin, dass es bereits erste Versuche in der Praxis dazu gibt. Dafür braucht es aber tatsächlich ein Umdenken auf allen Ebenen. Dann stellt sich nämlich die Frage, was jeder Einzelne für die Gesellschaft tut unter ganz anderen Umständen.

    Ich persönlich finde auch ehrenamtliche und familieninterne Arbeit wertvoll und denke, dass ebendiese Arbeiten viel stärker anerkannt wären, wenn wir ein BGE hätten. Abgesehen davon, wären ältere Menschen auf diese Art auch wieder besser in unserer Gesellschaft integriert. Und nicht zuletzt fände ich es aus ökologischer Sicht gut, wenn man eben nicht alles von Maschinen erledigen würde. Und wenn sich Menschen keine Sorgen mehr um ihre Grundversorgung machen müssten, wäre das wahrscheinlich auch gar nicht nötig. Denn es gibt ja auch immer Menschen, die bestimmte Dinge gern erledigen, dies jetzt gerade aber eben nur nicht tun, weil sie zu sehr damit beschäftigt sind, Geld zu verdienen.

    Völlig losgelöst davon stellt sich mir auch noch die Frage, inwiefern Maschinen Kunst erschaffen können. Schließlich haben sie (noch) kein Bewusstsein und können somit keine Entscheidung treffen, die außerhalb ihrer Algorithmen liegen. Das können wir aber sehr wohl.

    Lieber Gruß,
    Philipp

  5. Ich sehe das so ähnlich, wie ihr zwei @Philipp und @FrauDingDong. Danke, dass ihr diese Facetten der Thematik in euren Kommentaren außerdem ausgeführt habt.

    Ich bin gerade sher froh, dass ich weiß, von wie großem Sinn meine FameilienCareArbeit ist. Auch wenn sie nicht entlohnt wird. Ein BGE fände ich nichtsdestotrotz gerechtfertigt. Vor allem wenn ich an meine Mutter denke, die ihre Schwiegereltern gepflegt hat, ihre Mutter, ihre Kinder und jetzt in zwei blöden Jobs festhängt, die ihr wirklich alles abverlangen. (Nerven, Gesundheit und Freude) Das ist einfach ungerecht.

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