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Früher war alles anders (1) – Schwangerschaftsmythen

Diesen Satz wird es wohl immer geben. Schon in der Schwangerschaft habe ich ihn immer mal wieder gehört. „Sie gehen noch eine weitere Runde laufen? Bei diesem Regen und diesem großen Bauch?“ Zugegeben, das mit dem Bauch wurde nicht ausgesprochen. Genausowenig der Gedanke „Sie ist schwanger und geht laufen. Wie unverantwortlich. So etwas hätte es früher nicht gegeben.“ Andere Zeiten, andere Sitten –  das war mein gedanklicher Kommentar dazu. Ich meine: Ja, früher war alles anders. Heute weiß man (was für ein Glück für mich!), dass das Meiste, was der Schwangeren gut tut, auch für das Baby eine Wohltat ist. Ich hätte mich niemals in meine Laufschuhe gequetscht, wenn es mir beim Laufen und danach nicht gut gegangen wäre. Früher war wirklich einiges absolut ganz richtig anders.

Aber meistens, meistens höre ich diesen Satz mit dem gewissen Unterton, der deutlich macht: Es war nicht nur anders, sondern scheinbar besser, einfacher, sinnvoller oder nachvollziehbarer.

Manchmal hat dieser Satz eine Spur von Wehmut: Wie toll heute doch alles ist. Denn früher war alles schwieriger und vielmehr von Unwissenheit geprägt.

Selten fühlen sich diese Worte so an, dass gemeint ist, was was gesagt wird: Früher war eben alles irgendwie anders. Nicht alles von heute ist besser. Doch auch die Gepflogenheiten von damals sind nicht allesamt unsinnig. Weil mir dieser Satz und die damit verbundenen Haltungen immer wieder begegnen, bekommt er jetzt eine kleine Artikelreihe.

Doch bevor ich zu meinen Ausführungen komme, eins vorweg: Ich bin der festen Überzeugung, dass jede Mama, die ihre Kinder liebt, sich bei jeder Entscheidung fragt, was das Beste für ihre Winzlinge ist. Das ist heute so, wie es auch vor zehn, zwanzig oder dreißig Jahren war. Ich will glauben, dass jede von uns in Liebe handelt. Und Liebe darf schräg sein, Fehler machen oder von der Zeit und dem Umfeld geprägt sein, in dem gelebt wird.

Heute geht’s um Schwangerschaftsmythen. Sicherlich gibt es unzählige Mythen und Unterschiede zwischen damals und heute. Ich greife mal drei heraus.

Eine Verschiedenheit habe ich oben schon genannt: Sport in der Schwangerschaft ist tabu. Scheinbar. Mal abgesehen davon, dass der Trend ‚Sport zu machen‘ heute viel ausgeprägter ist als noch vor dreißig, vierzig Jahren, meine Frage dazu: Besteht keine Risikoschwangerschaft und tut der Sport mir gut, wieso sollte ich ihn dann unterlassen!? Letztes Jahr ist eine 27-jährige im 9. Schwangerschaftsmonat einen Marathon gelaufen. Gut, danach setzten die Wehen ein. Aber das gesamte Training schien unter ärztlicher Aufsicht stattgefunden zu haben. Wieso nicht?!

Verschiedenheit Nr.2: Keine Wäsche aufhängen, weil sich dann im Bauch die Nabelschnur um den Hals des Babys legen könnte. Krass, oder? Auf die Idee bin ich gar nicht gekommen. Als ich meiner Hebamme davon erzählte, musste sie schmunzeln und hat mir die ein oder andere weitere kuriose Vorstellung von vor 30 Jahren weitergegeben.

Unterschied Nr.3: Auf rohes Fleisch und Rohmilchprodukte verzichten. Das ist ein Unterschied, der von uns heute ausgeht. Ich weiß noch, dass mich meine Mama schräg angeguckt, aber es durchaus ernstgenommen hat, dass ich die kommenden neun Monate auf diese Lebensmittel verzichten würde. Früher war es eher mal so, dass Mama ohne Bedenken eingelegten Hering oder Zwiebelmett auf dem Brot verzehrt hat. Man schien noch nicht zu wissen, dass hinter diesen rohen Lebensmitteln ein Risiko stecken könnte. Gerade an dieser Sache wurde mir jedoch deutlich, dass alles – auch das Damals und das Heute – seine Vor- und Nachteile hat.

Klar, ich bin froh zu wissen, dass rohes Fleisch ein erhöhtes Infektionsrisiko für mein Baby und mich darstellen. Dieses Wissen möchte ich keinesfalls missen. Gleichzeitig merke ich jedoch, dass wir heute von so viel Wissen überschwemmt werden, dass wir uns unsere Gelassenheit beim Schwangersein viel mehr erkämpfen müssen. (Wir sind schwanger und nicht krank.) Ich hab mich damals mal in Foren umgeschaut, in denen sich Schwangere über ihre Erfahrungen und Fragen austauschen. Danach hatte ich das Gefühl, die kommenden neun Monate besser nichts mehr zu essen und vielleicht auch irgendwie das Atmen einzustellen. Ich glaube, wir müssen heute vielmehr als damals lernen die Flut der Informationen, die auf uns einströmt zu reduzieren. Ich höre inzwischen erstmal nur auf meine Frauenärztin, google nicht mehr, horche in meinen Bauch und versuche ein ganzes Stück gelassener zu werden.

Wie siehst du das? Was für Schwangerschaftsmythen und Unterschiede zu vorherigen Generationen kennst du? Wie gehst du damit um?

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