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Kauflaune, Black Friday – #Konsumauszeit (5)

Letzte Woche flatterte das regionale „Blättchen“ ins Haus. Ihr wisst schon. Diese wöchentliche Zeitung mit allen wichtigen regionalen, politischen und kulturellen Informationen und Veranstaltungen im näheren Umland.

Dieses Mal prangte eine dicke Überschrift über einem der Artikel, die mich gleich zweimal hinschauen ließ. „Die Kauflaune steigt“

Kauflaune
Was für ein surrealer Begriff. Was soll das sein? Kauflaune? Das Wort muss doch eine Erfindung unserer heutigen Zeit sein. Sowas kann es Anfang des 20. Jahrhundert noch gar nicht gegeben haben. Außer vielleicht in einer der höheren Gesellschaftsschichten. Wo kommt der Begriff eigentlich her? Was verbirgt sich dahinter? Was wollen wir damit aussagen? Was war denn eigentlich der Lebenssinn der damaligen Menschen? Selbstverwirklichung? Wohl kaum.

Ein kurzer Blick in die Geschichte, wäre günstig. Das hier sind meine Mutmaßungen: Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass die Masse junger Frauen und Mütter darüber nachdachte, wie sie sich beruflich selbstverwirklichen  konnten. Noch nicht mal den meisten Männern wird dieser Luxus vergönnt gewesen sein.
Noch meine Omas waren viel mehr damit beschäftigt, ihre Familien zu versorgen als zu „bekaufen“.

Shopping – ein postmodernes Hobby
Oder besser: Das Hobby unserer Epoche. Damit wird auch das Wort Kauflaune mit Inhalt gefüllt. Sie erhält Sinn, den sie vor 100 Jahren so noch nicht im Großteil der Bevölkerung gehabt hat.
Und damit auch die Europäer mit einem geringeren Einkommen Zugang zu diesem Hobby haben, muss es Billigpreise, Schnäppchenjagden und Rabbatschlachten geben.

Black Friday
Der Black Friday gehört dazu. Und er dient ebenfalls einem höheren Ziel. Ich beginne das System zu begreifen und stehe immer noch in meiner Küche vor dieser Wochenzeitung. Ich weiß nicht, ob ich vor Irrsinn lachen oder weinen soll. Also bleibe ich still. Ich bleibe still und zweifel.

Nebenbei bemerkt, musste ich meinen Mann Fragen, was denn dieser Black Friday überhaupt bedeutet. Meine Timelines seien voll damit. ich wüsste, dass es sich um eine dieser PreisRabattschlachten handeln müsse, aber wieso? Und warum? Und woher vor allem?

Für die unter euch, die es nicht im Radio erklärt bekommen oder noch nicht nachgefragt haben. Nicht schlimm. Ich gebe euch die Erklärung dieses verrückten Bildes gerne weiter.

Beim Black Friday handelt es sich um den Tag nach Thanksgiving, wenn die Amerikaner in einen wahren Kaufrausch geraten und die Straßen der großen Metropolen verstopfen. Aufgrund der Menschenmassen, die ja meistens alle schwarze Kleidung tragen, wirken die Straßen schwarz. Eine zweiter Erklärung sei, dass die Händler und Verkäufer an diesem Tag so viel Geld in den Händen halten und zählen, dass ihre Finger ganz schwarz werden.

Konsumauszeit
Ich weiß nicht, ob mir dieser Begriff überhaupt aufgefallen wäre, wenn wir uns jetzt gerade nicht unserer Konsumauszeit befunden hätten.
Ich weiß nicht, ob er mir so ins Auge gesprungen wäre, wenn ich nicht gerade alle Weihnachtsgeschenke für unsere Lieben zusammen gehabt hätte und mich daran freute, die Adventszeit um den Advents Willen genießen zu können.
Ich weiß nicht, ob mich der Begriff genauso nachdenklich gestimmt hätte, wenn nicht Tausende von Flüchtlingen in meine Heimat strömten, weil ihre Heimat systematisch zerstört wird.

Ganz ehrlich: Wie schaut’s bei euch aus? Mit den Weihnachtseinkäufen? Mit welchen Gedanken startet ihr in die Adventszeit?

 

8 Gedanken zu „Kauflaune, Black Friday – #Konsumauszeit (5)“

  1. Unsere Weihnachtseinkäufe finden zu 100% im Supermarkt und auf dem Markt statt, weil unsere Geschenke 100% Plätzchen sind. Insoweit bekommen wir von dem Weihnachtsirrsinn nichts mit. Schadet nicht.

    Ich bin nun wirklich kein religiöser Mensch, aber mir fällt bei vielen, die vorgeben es zu sein auf, wie viel weniger besinnlich deren (Vor-)Weihnachtszeit im vergleich zu meiner ist. Komisch eigentlich.
    Ich finde es auch ganz schade, dass wir als Gesellschaft unseren Kindern diese Schenkerei als das vermitteln, worum es an Weihnachten geht. Wie wäre es, wenn wir den Kids sagen, dass sie jedes Jahr an Weihnachten ein Spielzeug an ein Kind schicken sollen, das weniger Spielzeug hat?

    Dieses „es ist Weihnachten, also müssen wir Geschenke kaufen“ finde ich irgendwie einfach nicht überzeugend – ganz unabhängig vom Minimalismus und fast ganz unabhängig von der Religion :)
    In unserer Familie bricht gerade so ein „Das könntet ihr unseren Kindern schenken“-Virus aus. Mal sehen, wie sich das entwickelt. Sich nicht anstecken zu lassen ist einfach. Die Frage ist nur, wie hoch der soziale Preis dafür ist -?-

    Ein Gedanke ist bei mir inzwischen aber trauriger Begleiter vor Weihnachten: Ich muss mich schon wieder in allen möglichen Situationen und vor allen möglichen Leuten dafür rechtfertigen, dass ich nichts haben möchte. Das ist nervig.
    In unserer toleranten und Flüchtlingsheime anzündenden Gesellschaft wird man ganz oft ganz blöd angekuckt, wenn man Dinge macht, denkt oder sagt, die anders sind. Schade eigentlich.

  2. Hej @maybee. Ich musste heute morgen schon an dich/euch denken. Denn zeitgleich zu deinem Kommentar, saß ich an einem Blogartikel zum Thema wünschen und schenken.

    Ich finde, du hast so recht! Das zum einen! Gerade auch im Hinblick auf die Kinder. Die Idee, dass sie ein Teil ihres Spielzeug verschenken können/dürfen, die finde ich großartig. Warum bin ich da nicht selber drauf gekommen?!? Das mit der Besinnlichkeit und der Religion – ja, das kenne ich auch. Aber auch ohne Religion. Und es nervt mich an. Ich bin auch in Hektik und Betriebsamkeit groß geworden. Habe das selber noch ein wenig zugespitzt und mich erst in den letzten fünf bis sechs Jahren davon getrennt. Und ich bin so froh drum!!!!!

    Zum anderen: Wir leben vermutlich in sehr unterschiedlichen Kreisen. Mich stört die Schenkmüdigkeit gerade sehr. Ich mag mir gerne was wünschen. Aber bei mir sind es genau diese Plätzchen, die es mir warm ums Herz werden lassen. Weil jemand an mich gedacht hat. Weil ich es ihm wert gewesen bin, in den Supermarkt zu gehen, sich stundenlang in die Küche zu stellen. Und dieser Wert kann sich – meiner Meinung nach – gerne durch das ein oder andere Geschenk zeigen.

    Du darfst gerne gegen mich wettern, wenn der Artikel online geht. ;) Nichtsdestotrotz stimme ich dir in deinen Schilderungen sowas von zu. Danke für die KinderSchenkIdee!

    1. Schenkmüdigkeit? Wo gibts denn die? :) Können wir tauschen :) Das wäre ein Win Win, kann das sein?

      Ich denke da ist schon so ein kleinster gemeinsamer Nenner drin.

      Wenn ich dem Kind irgendein China-Plastik-Spielzeug schenke vs wenn ich dem Kind (meine) Zeit (und Aufmerksamkeit) schenke. Was hat da (diesen von dir beschriebenen) Wert?
      Genau so bei Erwachsenen. Lässt sich 1:1 übertragen :)
      Aber: In unserer Gesellschaft ist die Wertschätzung genau umgekehrt. Mehr Geld -> mehr Wert. Mehr Zeit -> Oh schon wieder so ein komisches Geschenk. :)
      Ich glaube bei Plätzchen wird das gar nicht so als aufwändiges Geschenk erfasst. Werde das dieses Jahr mal beobachten. :)

      Ich verbleibe dann mal gespannt :D

      1. Das mit den Plätzchen, ob sie als aufwendig betrachtet werden oder nicht, hängt auch mit dem Wissen zusammen. Ich freu mich immer über selbstgebackene Plätzchen, weil ich selber nicht gerne lange in der Küche stehe und backe. Ich weiß die Keksgeschenke der Familie also sehr zu schätzen.

      2. Ich liebe Plätzchen! Eine Freundin, die immer kleine (nicht wertend und schon gar nicht negativ!), sinnvolle, durchdachte und von Herzen kommende Geschenke macht, schenkt mir zum Geburtstag immer Plätzchen (Ende Oktober- noch vor der großen Plätzchenzeit). Ich freue mich immer sehr darüber!

        Liebe Grüße von Annika

  3. Außer bei Kindern empfinde ich Schenken auch als Konsum und habe es abgeschafft. Und warum soll ich in dem Monat mehr essen als sonst? Auf zwei Plätzchenlieferungen freue ich mich aber jedes Jahr. Eine von der Krawalltochter und eine von der Oma. Wenn meine Nachbarn keine Lichterketten hätten, würde ich gar nix mitbekommen von dem Fest. Meide Weihnachtsmärke und Geschäfte. Ich kaufe lange nix und dann einen ganzen Berg. Deswegen bin ich gerade auch gestresst. Konsum macht mir irgendwie keinen Spaß mehr. Strengt mich an.

    Liebe Grüße, Tanja

  4. Schade, dass es so ein Konsumfest ist. „Weihnachten im Schuhkarton“ haben unsere Kinder auch oft mitgemacht. Zahnbürste rein, Zahnpasta, Spielzeug das neu aussah und nicht oft benutzt wurde. Ein Foto von ihnen rein, ein kleiner Brief und ab die Post. Sammelstellen gibt es ja überall. Ich krieg auch immer noch mit, dass Leute sich eben nicht über die selbstgemachten Dinge wie Marmelade oder Plätzchen freuen und sie einfach wegwerfen, den Wert nicht sehen und die Zeit. Einerseits schrecklich. Andererseits ehrlich. Sie haben sich die Dinge ja nicht gewünscht, fühlen sich belästigt und können damit tun was sie wollen.

    Adventskalender wo auch die Kinder was rein machen für die Eltern, hab ich auch mal gemacht. Hab hier noch einen kleinen Zettel gefunden von vor Jahren aus einem Adventskalender: „Gutschein für eine Masasche“.

    1. Ich habe früher auch immer bei „Weihnachten im Schuhkarton“ mitgemacht. Vor den Kindern und, als die Große noch klein war (gerne im Alter meiner Tochter). Damit sollte ich wieder anfangen! Ich habe da auch immer noch Handschuhe, Schal und Mütze, Stifte und einen Malblock, sowie kleine Tierchen zum Spielen reingetan.

      Liebe Grüße von Annika

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