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KonsumNörgele

Ich wollte schon immer einen Beitrag mit dieser Titelüberschrift verfasst haben. Heute ist also dieser Tag. Wobei es eigentlich um mit und ohne geht… Ihr werdet sehen.

Ich glaube, ich habe es in irgendeinem meiner Beiträge der letzten Wochen erwähnt. Ich mutiere zum KonsumNörgele. Die eine oder der andere kennt vielleicht das Wesen des BücherNörgeles, der sich in der KinderLiteratur wiederfindet. Sei es drum.

Vor etwa einem Monat sind wir spontan in ein schwedisches EinrichtungsHaus gebraust. Wir mussten uns damals total dazu überwinden. Aber wir benötigten noch ein Teil für ein GeburtstagsGeschenk und ich war noch immer auf der Suche nach schönen BilderRahmen. Nun ja, wir fanden beides und drei Tage später erklang im Radio die Meldung, was für alte, wertvolle Bäume für diese Möbelstücke einfach mal eben getötet wurden. Ach ja, und eine fleißige BlogLeserin machte mich dann noch auf den Klebstoff und die Ausdünstungen aufmerksam, die diese MöbelStücke und EinrichtungsGegenstände ver“sprühen“.  Aaargh!

Damals stellte ich mir unter anderem die Frage, was ich denn jetzt mit all den Bello und HassoRegalen machen soll? Und was ist mit den MassivHolzMöbelstücken? Der Gedanke einen wertvollen Baum damit um seine Existenz gebracht zu haben… Die ein oder der andere wird denken, „Jetzt tickt da irgendwas nicht mehr ganz rund.“ Keine Sorge – manchmal kommt mir auch der Gedanke, aber seltenst bin ich mir in einer Sache so sicher bei Verstand zu sein als bei dieser.

Ich bin nicht gegen Holz verarbeiten, ich bin nicht gegen Fleisch essen. Aber ich bin gegen Gedankenlosigkeit. Meine Gedankenlosigkeit. Unsere Gedankenlosigkeit. Wir kaufen. Wir konsumieren. Wir essen. Wir leben. Wir bauen. Wir verbrauchen. Und das alles so oft ohne die Rücksichtnahme auf nachfolgende Generationen oder Menschen, die nicht direkt neben mir stehen. Kinder in Indien, Frauen in Vietnam, Männer in Bangladesh. Meine Urenkel. Egal, ob ich sie kennenlerne oder nicht. Ob ich welche haben werde oder nicht. Bei den derzeitigen Entwicklungen wohl kaum.

Letzte Woche war ich in einem günstigen BekleidungsGeschäft. Denn schon seit Wochen suche ich KinderSchlafanzüge. Ich war im SecondHandLaden, auf KleiderBasaren, hab in der DorgerieEcke nach BioNeuware geschaut – keine Chance. Kurzerhand bin ich dann in dieses Geschäft. Die Auswahl dort war … Nein, anders. Das Regal war voll. Grellorange, giftiges Blau und überall vorne ein dicker klebriger Aufdruck auf dem Oberteil. Mal abgesehen von dem absoluten Nichtgefallen, kamen mir in dem Moment die Menschen in den Sinn, durch deren Hände diese KleidungsStücke gegangen sind. Die in schäbigen Gebäuden Textilien für uns „reiche“ Europäer anfertigen und dabei einer Vielzahl giftiger Stoffe ausgesetzt sind. Die Flüsse, in die das Abwasser vom Färben fließt. Und die Aufdrucke? Wir sind so furchtbar gedankenlos im Kauf.

Im Geschäft stehe ich vor dem Regal und schaue immer wieder rüber zur Verkäuferin, checke die Lage, wie viele Kunden sind anwesend? Kenn ich jemanden von den Frauen? Kann ich die Verkäuferin ansprechen und nach biologisch kontrollierter Ware fragen? Ich trau mich nicht… Dann irgendwann, während der große Kerl schon am billig PlastikSpielzeug hängen geblieben ist, ringe ich mich durch, schnappe mir die notwendige Badehose – selbst bei deren Kauf fühle ich mich schlecht – und dackel zur Kasse…

„Ist das alles, was ihr momentan da habt?“
Sie schaut hoch, hebt die Augenbrauen und meint: „Das ist ja eigentlich ganz schön viel, oder nicht?!“
„Ja, ja…“
Ich druckse vor mich hin, während sie mich weiter verständnislos anblickt.

Aber es sieht giftig aus. Die Kleidung sieht giftig aus. 6,95€ oder so kostet das Set? Wer bitte schön bekommt die Kohle, wenn ich an die Transportwege – und haste nicht gesehen – denke? Die Klamotten sind nicht schön. Sie sind vermutlich so giftig, wie sie aussehen. Wie geht es den Menschen jetzt gerade, in diesem Moment, in dem ich an der Kasse stehe? An einem Freitagnachmittag? Wo wurde die Baumwolle hergestellt? Mit welchen Mitteln? Kann sie mir nur auf eine dieser Fragen überhaupt eine zufriedenstellende Antwort geben?

„Aber da ist überall ein riesiger, klebriger Aufdruck drauf.“ Ich verziehe das Gesicht.
Ihre Augenbrauen rutschen noch was höher.
„Ach so. Ja.“ Sie schiebt nachdenklich kurz die Lippen vor. „Na, wir bekommen ja bald wieder Ware.“
„Echt?“ Das Regal ist doch noch voll? Wer soll die Schlafanzüge denn alle tragen? Sie missversteht meine Reaktion und fügt stolz hinzu.
„Jaha,“ heftiges Kopfnicken „wir bekommen alle zwei Tage neue Ware.“

Alle zwei Tage. Dreimal die Woche. Ist uns das bewusst? Das ist nur eine Filiale dieser einen Kette. Eine minikleinepopelige Filiale. In der RadioSendung über die EinrichtungsHäuser hieß es, dass in einem Haus täglich 100 000 Möbelstücke verkauft werden. (Keine Ahnung, ob auch Deko dazu zählt. Aber egal, oder?!?)

Ich kann leider nicht die ganze Welt auf einmal retten. Unser Konsum im Hinblick auf die Ungerechtigkeiten gegenüber Menschen, Völkern und Umwelt ist vielleicht auch nicht das vordergründigste zu verändernde Moment. Aber es ist ein wichtiger, der mit allem vernetzt ist und wirklich schwerwiegende Folgen mit sich bringt.

Also gut.
Mein Jahr ohne: schwedische EinrichtungsHäuser. Ohne Smartphone (eingeschränkt). Ohne BekleidungsGeschäfte.
Mein Jahr mit: Zeit für große Projekte. Menschen kennenlernen. Ein Handwerk erlernen. eigenes Gemüse heranziehen. Und entschuldigt, dass ich es nochmal erwähne: Mama sein.

Machst du mit? Ausstieg aus unnötigem Konsum? Das kann doch jeder. Es geht schließlich nicht um Dogmen! Einstieg ins Leben?

10 Gedanken zu „KonsumNörgele“

  1. KonsumNörgele, was für ein schöner Ausdruck …
    Ich habe deinen Blog vor ein paar Wochen gefunden und verfolge ihn nun regelmäßig und gespannt.
    Er ist einer der wenigen Bogs mit wirklich authentischem, neuem Inhalt, der sich nicht „schon ein paar mal wiedergekaut“ anfühlt. Weiter so.
    Konsum ist auch in meinem Leben gerade ein wichtiges Thema, außer Lebensmittel konsumiere ich nur noch sehr zögerlich

    schöne Grüße
    IRis

  2. Ich mache mit. Mit Joker. Suche selbst so eine Person. Ich dachte, es gibt sie nicht. <3

    Im Grunde brauchst du ja nur eine Person, die ein größeres Kind hat und froh ist, die Kindersachen an dich loszuwerden. Ich hab fast nichts gekauft. Und die Sachen waren hochwertig und geschenkt. Genauso hab ich sie wieder weitergegeben. Mich stört ein bisschen dieses Kinderkleidung verkaufen im Internet. Man braucht die Sachen ja nicht lange. Also kann man sie auch verschenken. Sollte doch solidarisch sein unter Müttern. Und nicht noch 50 Cent für einen Body verlangen.

    1. Hallo Tanja!

      Ich habe auch sehr viel Kinderkleidung geschenkt bekommen und alles selbst weiterverschenkt. Alles im Fluss – so funktioniert das denke ich. Bisher bin ich immer gut gefahren.

      lg
      Maria

      1. Wisst ihr was? Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen. Ich werd in meinem sozialen Netzwerk diejenigen Fragen, deren Kinder schon größer sind. Und wenn ich dann ab demnächst irgendwann hier die Schlafanzüge einsammeln werde… Danke!

  3. Hallo Rage!

    Ich mag Deine kritischen und nachdenklichen Beiträge sehr! Einstieg ins Leben – sehr gerne. Weniger Konsumieren bedeutet mehr Zeit fürs Leben. Ich lebe gerne.

    lg
    Maria

    1. Liebe Maria, ich danke dir sehr für das Feedback! Mir geht es da bei deinen Beiträgen ähnlich. Wobei es mir nicht immer gelingt alle zeitnah mitzulesen. Du schaffst es echt regelmäßig zu bloggen. Sehr schön! :)

  4. Ich finde nicht das es ein „KonsumNörgele“ ist, du zeigst eben einfach auf wie es ist. Klar bei Möbeln denke ich immer geht mal in die Läden der Diakonie oder Caritas. Da bekommst du dann aufgearbeitet Massiv Holz aus Wohnungsauflösungen. Aber dafür schöne Stücke und sie bekommen dann ein gutes Zuhause und neue Bäume lassen auch nicht ihr Leben. Im Ursprung waren es Läden für Menschen mit wenig Geld, aber erstaunlich diese kaufen lieber kurzlebig beim Möbeldiscounter. Warum? Keine Ahnung. Ich liebe gebrauchte Möbel, da bekommt man etwas das ewig hält und entlastet die Umwelt die keine neuen Bäume hergeben muss.
    Bei Kleidung ist das leider nie so leicht. Aber da denke ich kannst du dann auch beruhigt es anders sehen. Denn Baumwolle ist ja ein Geschäft wo die gleichen Felder in der Landwirtschaft über Jahre einen Ertrag bringen. Das heute die Farben zu denken geben, ist nicht so toll.
    Und als „Nörgle“ sehe ich dich nicht, du machst halt nur die Augen auf und hinterfragst, das finde ich toll. Zu viele machen die Augen zu und wollen nur durch. Aber wo durch? Durch ihr Leben? Das ist doch schon komisch, da bekommen sie die Chance ein Leben zu haben, und wollen nur durch? Erwarten die eine Medaille? Vielleicht denken sie einfach daran, auch wenn es hart klingt. Am Ende dienen wir alle nur den Narzissen als Dünger. :)

  5. Pingback: Unverpacktladen – wieviel Nachhaltigkeit kann ich mir leisten? – bluebottles

  6. Letztlich ist es doch so, dass einer den wahren Preis bezahlt (was wir ja wohl nicht so gerne tun, wir Schnäppchenjäger). Dast Du richtig geschrieben, die Leute vor Ort (Entstehung der Ware, incl. Transport) oder unsere Kinder und Enkel eben hier…
    Vermeidung ist die erste Wahl, oder eben mal selber machen. OK, ne Badehose haben wir auch noch nicht versucht… aber einges Andere schon: (http://lahli.de, die Seite meiner Tochter Kathrin).

    Schreib schön weiter so,

    Andreas

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