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MamiOrganigramm

Kürzlich abends: „Und, wie war dein Tag so?“

Die Frage reicht aus, um mich in einen Hulk-artigen Zustand zu versetzen. Um nicht grün zu werden und loszupoltern, drehe ich langsam meinen Kopf zu meinem liebenswerten Mann und beginne ihm darzulegen, was ich seit 5:30h heute so alles gemacht habe. Wenn ich gut gelaunt bin und mich auf den kommenden Tag freue, lege ich ihm auch die Programmstruktur der kommenden 24h dar.

Bin ich damit fertig, stelle ich fest, dass es tatsächlich geht so viel in 24h zu erleben, wie Jack Bauer – aber das behalte ich dann lieber für mich und wende mich wieder meinem Notebook zu.

Ich weiß, beziehungsfördernd ist dieses Verhalten nicht. Doch an manchen Tagen will ich dann auch einfach nicht mehr reden. Solche Tage haben sich in den letzten zwei Wochen gehäuft. Wenngleich ich damit keine Partnerschaftsprobleme herbeireden möchte. Die letzten 17 Monate waren voll. Und langsam bemerken wir, dass es Zeit wird zur Ruhe zu finden. Dringend. Nicht nur er, sondern auch ich.

Ein ähnliches Gespräch gab es vor ein paar Wochen. Nur da antwortete mein Mann mit tatsächlichem Enthusiasmus: „Du solltest davon mal ein Organigramm anfertigen!!!“

Äh… – ja.

„In echt. Du leistest unglaublich viel! Das kann sich doch sonst keiner vorstellen. Mach das mal!“

Wenn ich Zeit dazu finde – gerne.

Tja, bislang habe ich dazu noch keine Zeit gefunden. Ich bin doch mehr damit beschäftigt, unseren Alltag überhaupt gut zu meistern. Der läuft erstaunlich gut. Sport ist unser großes Thema. Wie das passieren konnte weiß ich auch nicht. Montag Sport, Mittwoch Sport, Donnerstag Sport, Freitag Sport, Samstag Sport. Einseitig? Nicht ganz.

Dazu kommen noch die Verabredungen mit den Freunden und Therapiestunden für was auch immer. Zu therapieren gibt es nämlich immer. Die Motorik, die Logopädie, die Koordination, die Aufmerksamkeit… mir fällt noch mehr ein…

Haushalt machen wir nur noch, wenn erforderlich. Dazu gehören Nebensächlichkeiten wie das Wäsche waschen, Wäsche aufhängen (worüber ich sehr stolz bin – Energieersparnis durch den nicht angeschlossenen Trockner), Wäsche abhängen, Spülmaschine ein- und ausräumen, Staubsaugen (eine Freundin empfahl mir einen iRobot – so hieß das Ding glaub ich… ich sollte darüber nachdenken, ihn in meine Organisationsstruktur einzuplanen), Wäsche wegräumen, Spielzeug im Haus zusammensuchen (irgendwie verteilt sich das innerhalb einer Woche im ganzen Haus)… Dazu kommen einmalige Dinge, wie das Straße kehren oder Sträucher am Gehsteig schneiden. Auch killefitz.

Zwischendrin wird gekocht und zwar so, dass das Essen auf dem Tisch steht, so dass die Kerle „nur noch 5 Minuten“-Mama spielen dürfen, um dann hungrig wie die Wölfe über Pita oder selbstgemachte Pommes herzufallen. (Bei den Essideen hat mir letztes Wochenende Kochzauber geholfen. Das war super. Dazu in einem anderen Post aber noch mehr.)

Dann wird der Fahrdienst organisiert, um zwei, drei oder vier Kinder von A nach B zu kutschieren und auf dem Rückweg wieder einzusammeln. Zwischendrin telefoniere ich dann noch die Baustelle betreffend durch die Gegend herum oder düse in die Bücherei, um uns mit genügend Lesefutter auszustatten.

Was mir wirklich wichtig ist, kommt dann: die bewusste Zeit mit den Kids. Detektivgeschichten im Bett vorlesen, ein Kaffeekränzchen auf dem Fußboden veranstalten, Pudding in der Kaffeekanne kochen (fragt nicht) oder mit den Autos auf dem Spieleteppich eine Fahrzeuglandschaft aufbauen und bespielen. An den Abend sitze ich – wie jetzt – am Notebook, haue in die Tasten und schreibe vor, um das, was mir durch den Kopf geht, festzuhalten und zu ordnen. Hierher gehören die Gespräche mit dem Mann über Bauplanung, Visionen, Lebensstil, Erlebtes und Geliebtes. Leider auch so ein Kram wie Auseinandersetzungen mit anderen Eltern, die Suche nach Lösungen und mögliche Strategien für möglichst alle oder viele Betroffene eine Win-Win-Situation zu erzielen.

Posten wie der der Elternsprecherin kommen mir dann unpassend und schwer integrierbar vor. Lächerlich überhaupt darüber nachzudenken. (Kopfschütteln)

Aber mit einem Organigramm könnte es vielleicht gehen? Vielleicht würde alles klappen. Auch das Nähen der Puppe, das Schreiben des nächsten Buches und erneut die Suche mit meinem Gedenke und Geschreibe Geld zu verdienen. Vielleicht geben wir dann noch anderen suchenden Menschen ein Zuhause bei uns.

Mein Leben ist gerade ganz und gar nicht reduziert. Ich merke das und sehne mich nach Aufatmen. Vieles hängt für mich dabei an dem einen Rückzugsort. Ein Wohnzimmer, nach dem ich mich so sehr gesehnt habe. Jetzt wird dieser Raum wahrscheinlich nicht mehr dieses Jahr fertig. Das wiederum macht mich echt fertig. Ich bin erschöpft, sehne mich nach einem roten Sofa in meinem klaren, einfachen Wohnzimmer. Stattdessen befindet sich dort ein riesiges Loch, das mit alter Teerfarbe gestrichen wurde. Riesige Eichenbalken und wunderschöne mit dunklem Holzschutzmittel bestrichene Eichendielen mussten entfernt werden und jetzt weiß keiner, wie es weitergehen soll. Ich bin mit meinem Latein am Ende. Habe so viel gedacht, gesucht, gefragt, gerechnet. Doch es fehlt erstmals an allem: Zeit, Geld, Ideen, Wissen und vor allem: Kraft.

Kraft, um so Sachen wie vom Baby verschluckte Gummireifen ertragen zu können. Kraft, um diese alltäglichen Zwischenfälle nicht als Erdrutsch wahrzunehmen, die mir jedes Mal neu den Boden unter den Füßen wegzureißen scheinen.

So ist das. Gibt’s die Kraft auch im Organigramm? Im MamiOrganigramm? Ich glaube, ich fertige wirklich mal eins an, wenn mir nicht irgendein OnlineRedakteur zuvor kommt… (Ich weiß ja nie.)

Sollte mein Mann mal wieder antworten: „Dann warst du heute ja auch gut beschäftigt.“… dann werde ich eine She-Hulk.

2 Gedanken zu „MamiOrganigramm“

  1. Yet again der Versuch eines Beitrags zur Beruhigung:
    Liste der Dinge die ich gegessen und überlebt habe:
    – Murmel (<1J)
    – Legosteine (<1J)
    – Gummireifen von sonem kleinen Spielauto (no shit :D) (<2J)
    – so einen kleinen nur Plastik Schnuller, den man sich an Ketten und Armbänder hängen konnte (zu alt)

    Davon gibts sogar ein Fotoalbum von meiner Mami, die das berufsbedingt (Krankenhaus) locker nahm ;) Meinem Gesichtsausdruck nach war der Legostein etwas kratzig :D

    1. Echt? Unglaublich! Der Kommentar des Arztes. „Auch eine Art sich schlackenreich zu ernähren.“ :P Nun gut, scheint in der Tat nicht so schlimm zu sein. Oder einfach nur Glück gehabt, dass nichts in die Luftröhre gerutscht ist.

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