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Wir versinken! Minimalismus als Familie

Es ist unglaublich. Egal, wohin ich blicke, wohin ich mich drehe: überall sehe ich kleine Haufen Papier. Nicht nur Papier. Da sind kleine Kunstwerke der Kids dabei, die letzte GEZ-Rechnung, ein AutoKartenspiel des Großen, die Fotos von der letzten größeren FamilienFestivität, der Familienkalender, das Geschenkpapier, das ich unbedingt aufbewahren und weiterverwenden wollte, eine alte leere Pralinenbox, OrigamiSterne in lila und pink, der Flyer eines neu entdeckten Cafés…

Ein voller Kühlschrank

Gestern meinte der Große: „Mama, der Kühlschrank ist aber voll.“
– „Ähm, was? Echt? Das kann nicht …“(hüstel)
„Ja guck doch mal.“
Der Vater bringt sich ein: „Ja! Darüber wollte ich eh mal einen Artikel schreiben.“ (Über den Kühlschrank?)
– „Über den Kühlschrank? Ej, der ist nicht voll.“
Beide Männer schauen mich an, ich drehe mich um und erröte. Doch während ich mich zurück zum Essenstisch drehe, rolle ich genervt mit den Augen und schnappe wie eine beleidigte Gans: „Was soll ich denn damit machen? Wir sind halt keine Minimalisten.“
„Doch!“ meint der Mann. „Aber ein Kühlschrank von einem Single, das minimalistisch lebt sieht nu mal anders aus, als der einer Großfamilie. Ich mach jetzt ein Foto.“ Ob er das Foto schon hochgeladen hat, weiß ich nicht. Ich hab jedenfalls den Artikel.

So entstehen hier Blogartikel

Es sind diese kleinen Momente, die immer wieder auftauchen. Wie gesagt, ich gehe durch die Wohnung oder lasse meinen Blick über de Arbeitsfläche unserer Küche oder die Treppenstufen der Eichentreppe schweifen. Manchmal ist mir das viel zu viel und ich merke, wie in meinem Kopf das Getippe beginnt. Mein Blog müsste übervoll sein. Nur komme ich gar nicht schnell genug, um mitzuschreiben.

Alles auf einen Haufen

Wie sieht nun meine Vorgehensweise aus? Diese unzähligen Häufchen versuche ich zu fokussieren. Ich suche mir eine Ecke, in der alle Häufchen übereinander Platz finden. Entscheidend  hierbei ist:

  1. Der Platz muss ausreichend groß sein, damit nicht alles herunterrutscht, aber nicht zu einnehmend. Der Haufen muss mich schon stören, damit ich ihn im nächsten zukünftigen Moment abarbeite.
  2. Keine Schublade! Kein Schrank! Der Haufen darf nicht unsichtbar werden. Ansonsten gerät er aus meinem Blick und zu leicht wird aus dem Haufen, der schon anstrengend genug ist, ein undurchdringliches Gestrüpp von Papieren und Blättern und … Nope! Ein No-Go!
  3. Die leeren Flächen gefallen mir so gut, geben mir so viel Freiraum und Durchatmen, dass ich motiviert bin, auch dieses störende Etwas zu beseitigen. Allerdings dann, wenn ich die Kraft dazu haben. Und den ruhigen Moment. Bis dahin lasse ich auch einfach mal was liegen und gestehe mir dieses geordnete Chaos zu.

Und was ist mit dem Kühlschrank?

Das elektrische Gerät hinter mir, kann ich von meinem Platz am Essenstisch nicht einsehen. Es fällt mir daher schon mal nicht permanent ins Auge. Das ist ganz gut. Reduzieren werde ich den in nächster Zeit jedoch auch. Es kann ja nicht sein, dass einer der Jüngsten mich darauf hinweist, wie viel Zeug da hängt. Nichtsdestotrotz hat mein Mann recht.

Minimalismus als Familie ist anders

Um als Familie den Besitz gering zu halten, gilt es viel mehr Kämpfe auszustehen und gute Kompromisse aushandeln zu müssen, wenn

a) alle glücklich mit dem Lebensstil und

b) die Gedanken hinter dem Reduzieren – insbesondere den eigenen Kindern – klar sein sollen.

Jeder Stock, jede Bastelei sammelt sich in der Küche…

Wie kann ich erwarten, dass nicht jede Plastikflasche oder Verpackungsform aufbewahrt wird (Maoam-Papierchen, Saftflasche vom Kindergeburtstag, SpielzeugautoVerpackung, LolliStiele…), ich selber aber Geschenkpapier, MedikamentenSchachteln und PralinenPackungen für den nächsten Adventskalender aufbewahre?!!

Die 5-Punkte-Liste unseres Familien-Minimalismus

  1. Niemandem wird das Reduzieren übergestülpt.
  2. Kunstwerke, Basteleien, Bilder – ich schmeiß das nicht einfach alles weg.
  3. Wer sammelt, muss erklären können, wofür.
  4. Wer sammelt, muss einen Ort haben, um aufzubewahren. (Stöcke kommen mir nicht mehr ins Haus. Mein Haus.) 
  5. „Mitbewohner“ muss das Sammeln des anderen dann auch stehen lassen können.

Das betrifft unseren Kühlschrank, genauso wie meinen großen PapierkramHaufen und die drei Schatzkisten des jeweiligen Kerls. Wie macht ihr das, wenn der Rest der Familie das doch nochmal anders sieht?

9 Gedanken zu „Wir versinken! Minimalismus als Familie“

  1. haha oh man…ich kanns verstehen. Nur dass hier statt Stöckchen Oszilloskope und Astrokram herumsteht ;D
    Deine Regeln unterschreibe ich alle sofort, überstülpen bringt halt einfach gar nichts.
    Und auch wenn ich diese bunten American-Housewife Blogs total lahm (weil zu bunt) finde, eines haben diese Damen richtig gut drauf: Das Organisieren! Da wird halt dann mal ne Sammelbox für Kinder angelegt und wenn die Kiste voll ist, muss man sie ausmisten. So lernen auch schon jüngere Kinder die Sachen, zu entscheiden was wichtig ist. Da wird aus dem gesammelten Stöckchen gleich ne Deko (und der dazugehörige Blogartikel) für den nächsten Esstisch gebastelt. Da hat alles sein Namensschild, jeder hat sein Körbchen und jede dortige Hausfrau hat wohl einen Labelmaker. So ein Teil hab ich auch und das leistet einem wirklich gute Dienste, auch wenn Besuch kommt. Schublade auf – es steht dran, was rein muss – es kann aufgeräumt werden, weil man es erkennen kann. Solche Organisationsstrukturen kann man sich wunderbar von Grundschullehrern und Kindergärten abschauen. Kinder – so mein Eindruck – halten sich gerne an Regeln, wenn sie ihnen klar sind. Aber wie soll das gehen, wenn überall Chaos herrscht? Das kenn ich auch von mir LOL ich leg auch immer Sachen hin, wo sie nicht hingehören und jammere hinterher darüber dass ich aufräumen muss :D

  2. Bei diesen amerikanischen HausfrauenBlogs… keine Ahnung. Da bin ich erst total begeistert, was für tolle Ideen und so sie haben. Dann wird mir aber bewusst, dass ich diesen Job nicht liebe. Das Aufräumen und Putzen… – hargh! Diese Frauen sind dabei so motiviert. Ich kann das immer nicht fassen. Sie kriegen auch keine Kohle dafür und an dem Punkt wirds dann schwierig mit der Identifikation.

    Hej – ich habe das Reduzieren begonnen, weil mich die Unübersichtlichkeit unseres Haushaltes total genervt hat. :D
    Als Jugendreferentin hätte ich um einiges sortierter sein können und ich bin aktuell sehr gerne an der Grundschule unterwegs, um der Klassenlehrerin alles mögliche abzugucken. ;) Letzteres fällt mir aber wieder mal erst nach deinem Kommentar auf…

    Ein Labelmaker? Ok. Das werde ich mir gleich in einer der anderen MiniPausen mal anschauen.

  3. Bei uns ist das ja mit nur einem (und kleinerem) Kind noch einfacher, da lasse ich ab und an was verschwinden. Die Kistenmethode haben wir aber auch, d.h. wenn Bastelkiste / Malordner voll ist werden die liebsten Sachen behalten und der Rest kommt weg. Im Moment sind noch noch viele Sachen raus geflogen.
    Deine Kinder haben doch ein eigenes Zimmer, warum kommt nicht alles da rein?
    Ohne Organisation geht’s nicht. Du musst ja nicht gleich zur amerikanischen Hausfrau mutieren, aber ein paar Kartons wirken Wunder.
    Ach ja, und bei uns läuft das alles nur, wenn ich mir abends 10-15-20 Minuten Zeit nehme, um Zeug aufzusammeln, wegzulegen, wegzuschmeissen. Die hast Du vielleicht gerade nicht.

    1. Dazu habe ich gerade einfach keine Lust. Beim Kinderzimmer gilt die Regel: Unter Woche darf Gebautes gerne mal stehen bleiben. Am Wochenende – Samstag oder Sonntag – wird aufgeräumt. Gebautes und Bespielbares darf auch da noch stehen bleiben – aber nur wenn es als bespielbar zu erkennen ist. ;)

      Unter der Woche lasse ich die Jungs in ihrem Chaos walten. Solange, wie auch ich noch an die Betten komme, ohne mir nachts von PlaymobilHelmen den Fuß zu zerfetzen – alles schon vorgekommen. Wäre ja komisch, wenn nicht.
      Trotzdem versuche ich Regeln wie, „Ein neues Spielzeug wird erst ausgepackt, wenn das andere wieder weggeräumt wurde, umzusetzen. Wenn ich dabei bin und daran erinnere, gelingt es auch ohne murren. Aber wenn ich nicht anwesend bin, denkt natürlich keiner dran… :P

  4. „Mitbewohner“ muss das Sammeln des anderen dann auch stehen lassen können.

    Das finde ich persönlich am schwierigsten. Wie macht man das :D?

    Noch mehr dann, wenn Regel drei und vier nicht oder nicht vollständig umgesetzt sind.

    1. Na ja, es geht nicht ohne Diskutieren, oder? Aber irgendwann hat man klar, dass dem anderen die Deko wichtig ist fürs Wohlbefinden oder aber die Jogginghose eben genau da liegen muss, weil es für den anderen Sinn macht. Oder?

      Hier fehlt häufig auch noch an den Regeln 3 und 4. Aber hej – wir müssen uns hier immer alle an die Nase fassen. Solange das jeder kann, läuft das. Solange man in Liebe miteinander reden kann – hört sich kitschig an – ich weiß, aber solange funkmtioniert’s.

      Same here, maybee. Same here.

      1. Spannend, dass da die Herausforderungen so parallel sind. :D

        „Solange man in Liebe miteinander reden kann – hört sich kitschig an – ich weiß, aber solange funkmtioniert’s.“
        Das denke ich werden die meisten Leute bestätigen, die lange Beziehungen führen – selbst wenn es kitschig klingt. Aus der Außenperspektive kenne ich ein paar Beziehungen, wo es daran fehlte. Lange gehalten haben die nie. Auch ein WG-Fall dabei, aber ich denke das ist universal für zwischenmenschlichen Umgang.

  5. Ordnung halten finde ich einfacher als Ordnung immer wieder herstellen. Ich kann alleine gar nicht einen Tag mal nix machen. Der Haushalt holt mich immer ein. Wie ist es dann erst mit so vielen? Wenn Kinder eine Grundstruktur haben, die sie selbst erkennen können, z. B. Kisten mit dem jeweiligen Gegenstand, der sich darin befindet draufgeklebt, halten sie gerne Ordnung. Ist ja alles ein Spiel für sie. Jeder seine eigene Garderobe, sein Rucksäckchen. Du selbst musst dann gar nicht mehr viel machen. Ich hab mir das bei Großfamilien mit 8 Kindern abgeschaut, denn die müssen organisiert sein, sonst kommen sie nicht los. Die Videos waren auf You Tube. Ich schmeiße auch rigoros weg. Auch von mir hebe ich nur ein paar Bilder auf. Sonst klappt das bei mir auch nicht mit der Ordnung. Ich sammle nix.

  6. Schön dieses Aufräumen ,hat bei uns auch von einem Umzug immer geklappt. Jetzt lebe ich auf einem Bauernhof mit Krempel vom Vorgänger .Einiges haben wir beim Umzug entsorgt Jetzt wohnen wir 14 Jahre hier und es hat sich vieles wieder angesammelt. Nach dem Tod meines Mannes würde dann nochmal ausgemistet und ich lebe jetzt in einer Einraumwohnung .Meine Tochter mittlerweile erwachsen und lebt mit ihrem Freund in dem Rest des großen Hauses. Zum Glück haben wir Ställe in denen wir alles mögliche lagern können .Mal angefangen mit 5Spaten ,6Harken.Eimer nicht mehr zahlbar weil überall welche liegen ,in der Werkstatt werden 2Mopeds restauriert.es stehen aber noch 1Motorrad ,2Roller fahrbereit ,Fahrräder werden nicht gezählt. 2Pferdekutschen und ein abgemeldetes Auto steht im Garten .Ich kann noch.mehr aufzählen Dachboden giebt es hier genug usw.usw.Was kaputt ist bringen wir auch zur Deponie das Kaos wird trotzdem immer mehr.
    Ich selber habe in meinem Zimmer eine gesunde Ordnung aber der Rest?
    Ich bin jetzt 66 Jahre hab einen Bauerngarten kümmere mich um 4 Pferde +2 Hunde Enten u.Huhner. Tochter und Freund gehen arbeiten. So ist es schwer mit dem Minimalismus auch wenn man es gerne möchte.

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