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Ein Mehrwegboxen – System, das keiner will

„Wir wollen das nicht. Wir wollen es nicht. Wir. wollen. es. einfach. nicht.“ Es liegt jetzt etwa eine Woche zurück, dass ich erstmals wirklich enttäuscht und total ernüchtert vom Einkauf nach Hause gekommen bin. Unerledigter Dinge – nach Hause gekommen bin. Grund dafür war und ist ein Mehrwegboxen – System, das, wie ich feststellen durfte, bundesweit beworben, aber nicht flächendeckend umgesetzt wird.

Ich fang am Besten mal von vorne an.

Das Mehrwegboxen – System

Ich denke immer wieder darüber nach, ob es in Ordnung ist, die Kette bei ihrem Namen zu nennen. Denn ein Unternehmen wie dieses und viele andere, hat es nicht verdient sich mit Grün zu schmücken, wenn es sich nur um grünen Anstrich handelt. Und davon gibt es leider, leider viele weitere. Doch weil ich nicht weiß, was das rechtlich für mich bedeuten würde, lasse ich es sein.

Minimalismus, Nachhaltigkeit und grüner Minimalismus

Seit einigen Jahren leben wir in Teilen minimalistisch. Ohne es wirklich zu bemerken, reduzierte sich neben unserem Besitz unser Müll. Dieser Umstand war nicht geplant, sondern ergab sich von ganz alleine. Nachhaltigkeit wurde mehr und mehr zum Thema. Kombiniert mit Minimalismus ergab sich eine Mischung, die heute oft als grüner Minimalismus bezeichnet wird.

Die Suche nach dem Verpackungslosen

Wir lebten also grünen Minimalismus und ich begab mich auf die Suche nach Möglichkeiten auch ohne Verpackung einzukaufen. Oft begegneten mir immer wieder dieselben Argumente dagegen. „Aus hygienetechnischen Gründen machen wir das nicht.“ Also verzichteten wir weitestgehend auf Käse und Wurst, weil es ohne Verpackung nicht möglich war. Wir gingen damit einen Kompromiss ein, der uns damit konfrontierte immer mal wieder eben doch einen Berg an unnötigen Verpackungen in den Müll werfen zu müssen.

Irgendwann teilte mir eine Freundin mit, dass auf dem Wochenmarkt unverpackt einkaufen inzwischen bei fast jedem Stand möglich war. Wie genial!

Anfang des Jahres hatte ich noch im Supermarkt gesagt bekommen, „Das wird es nie geben.“ Wegen der Hygiene. Pah! Es geht und funktioniert hervorragend an so vielen Stellen auf dieser Welt.

It’s a long way…

Im Sommer dann die Wende. Eine bekannte Supermarktkette präsentiert ihr Mehrwegboxen – System bundesweit und ich bin begeistert. Über viele meiner Social Media-Kanäle ging diese Botschaft und ich war echt baff. Es gibt sogar ein Video, wie Zukunft leben funktionieren kann. Zumal ich schon an diversen Standorten mitbekam, dass Geschäfte eigene Systeme entwickelt hatten, um den Kunden die Möglichkeit zu bieten, verpackungsfrei (= müllfrei) einzukaufen. Hier bislang noch nicht.

Ich lief ein zweites Mal im September ins unsere Filiale und fragte nach, ob Mehrwegboxen möglich seien. Die Damen hinter der Theke waren erstaunt und konnten nicht so recht glauben, was ich da erzählte. Zum Glück hatte es im Heftchen der Kette einen Beitrag zum Thema Mehrwegboxen – System gegeben, auf das ich mich berief. Ich zeigte der Person die Doppelseite und sie sicherte mir zu, mit dem Marktleiter zu sprechen.

Na ja, und irgendwie landete ich einige Minuten später mit dem Marktleiter an der Kasse, zeigte auch ihm die Mitteilung im hauseigenen Werbeheft und fragte nach, ob das in Zukunft auch hier möglich sein könnte? Nein! Die Antwort lautete einfach nur: „Nein.“ Erst auf Bitte sicherte er mir zu, beim Inhaber nachzufragen und das Thema anzubringen. „Aber wegen der Tara der Lebensmittelwaagen…“ Das zweite große Argument, dass dagegen sprach, Kunden verpackungslos einkaufen zu lassen. Aber er würde nachfragen.

Volle Bruchlandung in der Gemüseabteilung

Letzte Woche dann der Moment, in dem ich den Marktleiter in der Gemüseabteilung stehen sehe. Mit all meiner Freundlichkeit, die ich habe, grüße ich ihn und frage nach, was sich aus seiner Nachfrage ergeben habe.

„Nein, wir machen das nicht.“ – Oh, wie schade. Warum?
„Wir machen es nicht.“ – Ja, ich weiß. Aber mit welchem Argument? (Ich gebe zu, ich kann nachhakend sein und das wird nicht immer als angenehm empfunden. Aber – ich bin IMMER freundlich! Von meinem Gegenüber lässt sich das leider nicht immer sagen.)

„Wir wollen das nicht.“ – Pause. Ok, das ist echt schade und ja, kann ich nicht nachvollziehen. Denn hier nochmal zur Erinnerung das Video, mit dem Werbung dafür gemacht wird, wie das auch in diesem Markt gehen kann.

Ich habe mich in dem Moment abgewendet, weil ich merkte, dass die Entscheidung eh schon gefallen war. Ich würde mir überlegen müssen, wie ich damit umginge und was das mit mir und meinem grünen Ökoherz machte.

„Dafür haben wir jetzt die Mehrwegnetze.“

Ach was, er nahm das Gespräch wieder auf und wollte mir ein Mehrwegnetz verkaufen??? Ich wusste nicht was ich dazu sagen sollte. Ein bißchen frech nahm ich die in Plastik verpackten Biotomaten in die Hand und hielt sie ihm entgegen. „Hierfür vielleicht?“

Die Antwort war ein Augenrollen und eine Ode an das lose gespritzte Gemüse aus der anderen Ecke der Gemüseabteilung.

Ich war wirklich erschüttert über den Verlauf dieses Gesprächs. Denn, meine Antworten erhielt ich dennoch, weil mein Gegenüber plötzlich das Bedürfnis hatte, sich doch noch irgendwie zu erklären. Leider Antworten, die mich immer trauriger machten und letzten Endes dazu beitrugen, dass ich dort vorerst nicht mehr einkaufen werde. Trotz aller Regionalität.

Ich bin ja nur 1 von 5000

Hier in der Region hat bislang noch niemand nach diesem Mehrwegboxen – System gefragt. Ja, kann ich mir vorstellen, aber reicht das als Argument? Und für dich, der/die du vielleicht doch auch schon danach gefragt hast, was hältst du von solch einer Äußerung?

Das hält sich sowieso nicht länger als ein Jahr

Wirklich! Das war eine der Antworten. In Zeiten, in denen die EU ein Verbot gegen Einweggeschirr verhängt. Das hält sich sowieso nicht. Wir warten mal ab, weil das eh wieder gehen wird. Dieser Trend. 

DIESER Satz, hat mich innerlich kochen lassen. Plötzlich hatte ich meine Antwort, auf die immer wiederkehrende Frage, wieso wir nicht schneller was an unserem Überkonsum ändern? Wieso es uns so scheiß egal ist, was mit dieser Welt und den Menschen auf ihr geschieht. Es ist die pure Ignoranz und das Denken in einem ganz, ganz kleinen Rahmen, der sich nur um mich dreht. Mein Job, mein Komfort, mein Luxus.

Wir wollen das nicht

Dieser Satz ist für mich, nach diesem Gespräch in dieser Filiale gleichbedeutend mit: Wir wollen keine Veränderung. Wir wollen kein Risiko eingehen, das unter Umständen mit dazu beiträgt, dass sich auf unsere Kosten was ändert. Egal, wie viel positiven Effekt das auf unsere Kunden, die Umwelt und einen grünen Lifestyle hat. Vom grünen Anstrich des Gesamtunternehmens profitieren wir gerne. Auch schon jetzt. Das ist gut so.

Mehrwegnetze haben wir im Sortiment, die lassen sich gut verkaufen. Natürlich aus Plastik. Natürlich ohne das Verpackungsproblem der Bioprodukte gelöst zu haben. Natürlich ohne auch nur einen Schritt aus unserer Komfortzone gehen zu müssen.

Mehrwegboxen – Gedankenchaos

Entschuldigung, aber das finde ich so unsagbar dreist und es zeigt offenkundig, dass es sich bei dem Mehrwegboxen – System, wie es bundesweit präsentiert wird, nicht um etwas handelt, das wirklich ernstgenommen wird.

Wir haben den Müll vielleicht noch nicht genug vor der Nase. Dabei macht er uns krank und zerstört unsere Lebensgrundlage. Eigentlich ist es doch so – metaphorisch gesehen – dass dieser ganze Müll, der in Meeren, Flüssen und Landschaften anfällt nichts anderes ist, als wenn wir Rohöl „auslaufen“ ließen, das kombiniert mit Chemikalien und gesundheitsschädlichen Substanzen irgendwo rumliegt und unsere Lebensgrundlage durchsickert.

Was für eine grüne Farce!

Wirtschaft und Verpackungsindustrie haben schlichtweg KEIN Interesse daran, dass wir weniger Plastik verbrauchen als nötig. Das zeigen Statistiken, die erst diese Woche auch nochmal über meine Kanäle gingen. Der Verbrauch an Einwegplastikverpackungen ist 2018 gestiegen. Obwohl es vor einigen Wochen zu dem Entschluss des EU-Parlaments zu einem Verbot von Einweggeschirr, Plastikstrohhalmen und anderem gekommen war.

All meine Artikel zum Thema, sei es das Ploggen (zuletzt hier) oder plastikfrei Leben (wie hier) oder was auch immer, kommen mir plötzlich so nichtig vor, wenn doch klar ist, dass gar keine Änderung erwünscht ist. Und ja, ich wünsche mir Verbote. Verbote nicht an uns Verbraucher, sondern an Unternehmen und Industrie. Denn was sich der Verbraucher wünscht, scheint für Unternehmer ja doch nicht ganz so maßgeblich zu sein, wenn es zu kompliziert wird und nicht unmittelbaren wirtschaftliches Wachstum zusichert. Das Problem: Dadurch wird es für den Konsumenten nochmal schwieriger, sich diesem Konsumwahnsinn inklusive Verpacksungsflut zu widersetzen. Es wäre viel einfacher, wenn alle an einem GRÜNEN Strang zögen.

Die Verbraucher werden sich daran gewöhnen, dass nur noch mit Mehrwegboxen eingekauft wird. Doch wie soll das funktionieren, wenn ganze Filialleitungen eh schon entschieden haben, dass das nicht umgesetzt wird?

Ich musste hier mal laut werden. Mein Blog. Mein Cyber-Wohnzimmer. Ich glaube, es geht. Und ich werde es Ihnen beweisen, Herr Marktleiter.

Mehrwegboxen System das keiner will MamaDenkt 01

14 Gedanken zu „Ein Mehrwegboxen – System, das keiner will“

  1. Hallo Rachel, nimm es Dir bitte nicht so zu Herzen. Ich kann Deine Empörung über diese Ignoranz total verstehen. Wir als Verbraucher haben die Macht, Dinge zu verändern. Und Herr Marktleiter wird sich noch umschauen.
    Ganz lieben Gruß schick ich Dir,
    Petra

    1. Danke liebe Petra!

      Es hat mich schon sehr umgehauen. Ich will ja gar nicht mit dem erhobenen Zeigefinger dort antanzen. Aber für mich als Mutter von vielen Kindern, ist das einfach auch anstrengend, wenn ich mich jedesmal neu so sehr dafür einsetzen muss. Manche Dinge wünschte ich politisch einfach anders geregelt.

  2. Ich habe auf meine Nachfragen, wann denn die Mehrwegboxen bei uns kommen, auch nur ausweichende Antworten bekommen. Erst müsse das Versuchsprojekt ausgewertet werden, und danach müsse geprüft werden, ob das hier in der Region passe. Ich nerve jetzt einfach alle Filialleiter im Umkreis mit Nachfragen, in der Hoffnung, damit zumindest bei einigen etwas zu bewegen. Aber ja, vieles kaufe ich inzwischen auch auf dem Wochenmarkt, da klappt das viel unkomplizierter.

    LG, Julia

    1. Diese Ausflüchte in Sachen „Versuchsprojekt“: Schon seit über zwei Jahren machen es einzelne Filialen, die eben Inhabergeführt sind, genauso, wie jetzt seit Mitte des Jahres es eigentlich bundesweit möglich sein soll…

      Das ärgert mich. Am meisten die fehlende Bereitschaft, gemeinsam zu schauen, was geht.

  3. Hallo, ich kann dich verstehen!
    Aber am wichtigsten finde ich deine Erkenntnis: Veränderung ist gar nicht erwünscht oder wird nicht tatsächlich forciert. Vom Hersteller bis zum Entsorger verdienen Unternehmen an unserem Müll. Sei es durch Subventionen oder unsere Gebühren. Oder einfach weil wir die Verpackung mit bezahlen ob wir wollen oder nicht. Und es ist eben ein Trugschluss, dass der Einzelne das Ruder rumreißen kann und Konsumenten Macht haben. Eben nicht unendlich viel Macht.
    Trotzdem heißt es für mich nicht, dass hier hause als wäre ich alleine auf dem Planeten. Aber wir dürfen uns halt auch nicht auseinander dividieren lassen.
    Und ihr macht viel! Und du weißt wie viel Kraft das oft kostet. Und trotzdem gibt es noch eine überwältigende Masse die noch kein solches Bewusstsein hat, oder nicht so viel Kraft, oder eben nicht so viele Möglichkeiten, weil sie eben total eingespannt sind.
    Der Einzelne hat Macht ist ja schon dadurch widerlegt, dass der Plastikverbrauch gestiegen ist und in Deutschland EU weit mit am höchsten, obwohl hier jeder mit Stoffbeuteln durch die Gegend rennt.
    Irgendwas stimmt doch da nicht…und nur an seinen persönlichen Stellschrauben zu drehen ist löblich, reicht aber nicht. Im Gegenteil, dass hat den Vorteil, dass jeder mit sich selbst beschäftigt ist und gar nicht erst am Großen Ganzen rüttelt.
    Viele Grüße Katrin

    1. Ich stimme dir zu. Der Einzelne reicht nicht. Aber viele und zusammen mit entsprechendem Druck.

      Aber ja, es ist so anstrengend und führt so schnell zur Frustration, alleine nur mit sich beschäftigt zu sein. Nicht das auch noch. Ich wünsche mir da mehr als das Drehen an Stellschrauben. Und so Aktionen, wie die im aktuellen Blogartikel, vielleicht rütteln die am großen Ganzen?!?

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  5. Also keine Ahnung ob wir jetzt von der gleichen Kette sprechen, aber bei uns war da ein Werbeaufsteller vor dem Laden. Ich habe es probiert und musste keinen Ton sagen. Sie hat mir sofort ein Tablett hingehalten, da habe ich meine Dose draufgestellt. Ware abgewogen, in die Dose. Tablett wieder zu mir. Dose zu, Aufkleber drauf. Bei uns klappt es also.

    LG Lilli

  6. Mit Plastik gegen Plastik? Das ist ja auch wieder komisch. Hm. Auf’m Markt geht’s plastikfrei. Zumindest fürs Auge. Das Müllauto kommt hier anschließend wegen der vielen Spankisten. Isomaterial fürs Altpapier hat mein Versand jetzt. Zumindest denkt jede*r drüber nach.

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