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Entrümpeln (4). Nichtmaterielle Dinge.

In diesem Artikel sollte es ursprünglich um die nichtmateriellen Dinge gehen, die sich auch wunderbar reduzieren und entrümpeln lassen.

Nichtmaterielles Entrümpeln

Mir sind dazu fünf Bereiche eingefallen, die mit der Zeit bei uns auch dem Perspektivwechsel des „reduziert Lebens“ unterworfen wurden.

Beziehungen

Diesen Bereich empfand ich persönlich als sehr schmerzhaft. Die Erkenntnis, dass manche Beziehungen und Begegnungen nicht für die Ewigkeit bestimmt sind, setzt mir auch heute noch oft ein bisschen zu. Denn am liebsten würde ich alle möglichen Beziehungen gleich intensiv pflegen. Dann wäre allerdings für nichts anderes mehr Raum und Zeit.
Zudem bin ich mir unsicher, ob ungesunde Beziehungen, egal ob in der Verwandtschaft oder im Freundeskreis oder auch im Bekanntenkreis eine Chance hätten sichtbar zu werden. Ich wäre vermutlich viel mehr damit beschäftigt alles irgendwie am Laufen zu halten, als mich zu fragen „Tut mir diese Beziehung gut? Worauf gründet sie sich? Ist es ein Geben und Nehmen? Braucht sie ein Geben und Nehmen? Schenkt sie Freiheit oder ist sie erstickend?“

Manche Beziehungen verlaufen sich mit der Zeit ganz automatisch und es ist an uns, einzuschätzen, ob wir sie wieder beleben wollen oder nicht. Und nicht zu vergessen auch von der anderen Seite. Es mag sich kalt anhören, zumindest sehnen sich meine Ohren manchmal nach diesen puscheligen Ohrenschützern, wenn ich feststelle: Ich folge schon lange nicht mehr jedem zurück; selbst wenn ich ihn kenne. Ich pflege nicht mehr auf Brechen und Biegen jeden Kontakt all-over-the-world. Aber ich freu mich, wenn wir wieder aufeinander treffen und dort weitermachen, wo wir irgendwann mal aufgehört haben. Wenn es Anknüpfungspunkte gibt und wir eine Bereicherung füreinander sein können.

Versicherungen

Es gibt Menschen, die haben wirklich viele Versicherungen. Vor etwa zehn Jahren tendierte ich ebenfalls dazu, möglichst viel abzusichern. Heute machen wir es anders. Ganz anders. Auch unsere Versicherungen haben wir reduziert und fahren damit sehr gut. Denn bis tatsächlich auch mal eine Versicherung geltend gemacht werden kann… ist es ein langer, anstrengender Weg. Und das oft mit Absicherungen betriebene Spiel mit der Angst (nicht bei jedem Makler mag das zutreffen, doch bei vielen) möchte ich in meinem Leben nicht spielen.

Egal, um welche Versicherung es geht, es lohnt die Frage: Macht dieser Vertragsabschluss in meiner Lebenssituation Sinn? Was sagt mein Bauch? Denn der des Maklers sagt meistens: „Ja. UNBEDINGT!“

Schlechte Angewohnheiten

Schlechte Angewohnheiten können sehr vielfältig aussehen. Angewohnheiten werden ja auch erst in dem Moment schlecht, in dem sie mir oder jemand anderem nicht mehr gut tun. Sei es das Rauchen, das Trinken, der Süßigkeiten-Konsum, häufig wechselnde, kurzweilige Partnerschaften, Gemotze mit meinen Kindern, fortwährende Beschwerden gegenüber meinem Mann oder schlechtes Reden über andere Menschen. Die Liste ist lang und damit noch nicht beendet.

Im Zuge des Entrümpelns kommt vielleicht der Gedanke auf Plastikverpackungen zu verzichten. Zucker wird dann auch nicht mehr gekauft. Was für ein Segen, für Mamas Hüften und die Zähne der Kindern. Süsskram futtern kann auch reduziert werden. Wenn ihr das denn wollt.

Autofahrten

Eine zeitlang haben wir sehr bewusst immer wieder Tage eingeführt, in denen wir das Auto haben Auto sein lassen und nirgendwohin gefahren sind. Warum?

Auch hier wollten wir reduzieren: Unseren Spritverbrauch, unsere Schädigung der Umwelt und des Klimas und nicht zu vergessen unsere finanziellen Ausgaben. Das Schöne ist ja meistens, dass auf der anderen Seite ein Mehr in den Alltag zurückfindet. In diesen Zeiten haben wir meistens sehr viele Ausflüge als Familie auf dem Rad gemacht, sind viel seltener Einkaufen gegangen und hatten einen großartigen Menüplan für die Woche.

Freizeitbeschäftigungen

Manche unserer Freizeitbeschäftigungen geraten auf diese Weise ebenso ganz alleine auf den Prüfstand. Wenn wir plötzlich wieder mehr Raum und Zeit finden und uns fragen, wie wir sie sinnvoll füllen wollen.

Noch mehr Computerspiele? Noch mehr Reality-TV? Ist der Fernseher wegreduziert, und sei es nur als Experiment, wird der Alltag vielleicht wieder etwas bunter und lichter. Einfallsreicher, weil WIR ihn leben, diesen Alltag, und plötzlich gar keinen privaten Sender mehr brauchen.

Erinnerungsstücke

Manche materiellen Besitztümer häufen wir nur an, weil sie mit besonderen Erinnerungen für uns verknüpft sind. Oder mit Menschen aus der Vergangenheit und Gegebenheiten von früher. Liebesbriefe, Schulhefte der ersten Klasse, die ersten Geschenke des ersten Freundes, Brautkleid, Comics – ach ich weiß auch nicht. Die Liste ist endlos lang. Mal abgesehen davon, dass diese Eriennerungen gar nciht mal alle so positiv sind, wie wir sie uns ausmalen… nehmen sie oftmals viel zu viel Raum.

Meistens benutzen wir diese Dinge nicht, schauen sie uns noch nicht einmal regelmäßig an. Es gibt die Idee, die ensprechenden Gegenstände abzufotografieren und dann zu entsorgen. Das ist für mich persönlich irgendwie nicht die sinnvolle Lösung dieses Dilemmas, denn irgendwann habe ich einen total unübersichtlichen Bilderordner, den ich eh schon habe.

Ich persönliche habe auch hierbei immer auf meinen Bauch vertraut und versucht zudem dem Gefühl und Wunsch nach Freiraum seinen Stellenwert zu geben. Dabei kam eine Mischung heraus. Manche Dinge besitze ich weiterhin, wie zum Beispiel mein Brautkleid. Doch selbst bei diesem Kleidungsstück bin ich inzwischen soweit, dass ich es verkaufen möchte. Nur der Aufwand ist mir aktuell zu hoch (- Fotos machen, im Netz und in die Zeitung setzen…). Manch andere Dinge habe ich kurzerhand entsorgt, verschenkt oder auch zurückgegeben (mein erstes Auto, Mitschriften aus dem Studium und meinem Abitur oder auch irgendwelches Dekozeug.) Weg damit. Denn woher kann sonst Raum für Neues entstehen? Für die Werke meiner Kinder und meine heutigen Schätze?

Geschenke und das schlechte Gewissen

In den vergangenen Tagen habe ich einer Diskussion beigewohnt, in der es darum ging, dass Eltern es nicht verstehen können, wie „leichtfertig“ ein Kind sich von den Dingen trennt, die sie ihm geschenkt oder gekauft haben. Schließlich handelt es sich dabei um Zeichen ihrer Liebe und Zuneigung. Also der Eltern zu ihren Kindern.

Als ich das gelesen habe, konnte ich erst nicht so viel damit anfangen. Mein Blick hat sich einfach schon sehr verändert und es hat mich Zeit und Mühe gekostet, diese Gedanken nachzuvollziehen.

Ja, es ist schwierig Dinge zu verschenken oder zu verkaufen, die ich gerade eben selber von lieben Menschen geschenkt bekommen habe. Um sie wertzuschätzen, halte ich sie meist eine gewisse Zeit hier, bis ich es dann nicht länger ertrage oder Bücher durchgelesen habe. Ich behalte keine Bücher mehr und das wissen alle.
Es sei denn ich meine, dass sie unbedingt noch von anderen gelesen werden sollten, die uns hier besuchen kommen. Zu dieser Literatur zählt aber aktuell noch nicht mal ein Regalfach. Sei’s drum.

Der immaterielle Wert, den wir manchen Dingen zuweisen, ist oft viel höher als sie tatsächlich innehaben. Ich habe dafür keine 0815-Lösung. Ich empfehle wieder auf den eigenen Bauch zu hören. Aber auch auf das Murren und Grumpeln.
Natürlich kann es sein, dass Eltern es schwer fällt diese Entscheidungen nachzuvollziehen. Aber umso mehr ist es wichtig ihnen zu erklären, dass ein Loslassen von solchen Dingen nichts mit der Wertschätzung und Liebe zu tun hat, die ich für sie empfinde. Beides wird von ganz anderen Kriterien beeinflusst. Hier geht es doch um Werte und den gegenseitigen Umgang, den man miteinander pflegt. Ob wir miteinander reden können, Verständnis füreinander haben und uns ernstnehmen als Menschen, nicht nur als Kind und Elternteil. Und wie wir uns das in unserem Verhalten zueinander zeigen. Das ist doch ein ganz entscheidender, viel mehr aussagender Punkt, als ein fürs Studium gekauftes Buch. Oder nicht?

Entrümpeln in der Praxis

Soviel mal zu diesen immateriellen Hürden. Was waren deine AHA!-Momente der Woche? Und was denkst du zu folgenden Fragen:

  1. Welches Teil fällt dir auf Anhieb ein, bei dem du dir schwer tust es loszulassen? Warum?
  2. Welcher Gegenstand hat eine viel höhere immaterielle Bedeutung für dich als sein tatsächlicher Wert, den du aber unbedingt loswerden willst, weil
  3. Gibt es überhaupt immaterielle „Dinge“, die du angehen und loswerden willst? Wenn ja, bis wann? Noch im Januar? Oder lieber Februar?

So. Ich bin gespannt, wie es euch bis hierher ergangen ist. Meldet euch und gebt mir gerne – sehr gerne! – Feedback, wo ihr gerade steht. Nächste Woche Montag endet dieser Leitfaden. Angedacht ist ein Beitrag, wozu bei uns dieses Reduzieren geführt hat – aber: Ich bin offen für eure Themenvorschläge. Nur her damit!

7 Gedanken zu „Entrümpeln (4). Nichtmaterielle Dinge.“

  1. Gerade um die 40 sich von Vorstellungen und Zielen zu trennen. Einen Cut machen empfand ich als hilfreich. Auch schmerzhaft. Zeitweh. Das Wort hat mir geholfen. Bin ich das noch? Habe ergolgreich mein Fernstufium abgebrochen nach einem Beitrag von dir. Was ist mir meine Zeit wert? Und was ist heute meine Art zu lernen? Was begeistert mich? Wo bin ich mit Herz dabei? Lg Tanja

  2. Zu dem Thema fällt mir unsere „Familienschultüte“ ein. Unser K1 bekam zum Schuleintritt eine hübsche Schultüte mit diversem ess-, les- und schreibbarem Inhalt. Danach verstaubte sie leer in einer Ecke des Kinderzimmers. Neulich beim Entrümpeln dann die Frage: Brauchst du das noch? Nein. Aber …. Sie ist noch so schön, und von euch, und Erinnerung, und überhaupt. Auch für mich sehr schwer – erstes Kind, erste Schultüte, hach. Also haben wir sie einfach AUFGEWERTET: sie wurde zur Familienschultüte erklärt und darf in den nächsten Jahre auch den Geschwistern den ersten Schultag versüßen. Danach ist das Kapitel Schulstart abgeschlossen und sie darf bis zu ihrem Ableben vielleicht noch als Feenhut dienen ;-)

    1. Finde ich ne sehr gute Idee… aber ausgedient muss sie noch lange nicht haben…. es folgt das Studium / die Ausbildung / der erste Job … Ich hätte mich riesig gefreut, wenn es auch zu diesen Anlässen wieder ne „Erster Tag im neuen Lebensabschnitt“-Tüte gegeben hätte… ;)

  3. Ach, diese Reihe tut mir total gut! Auch wenn ich nicht immer kommentiere. Seit ich hier alles reduziert habe und auch vieles im nichtmateriellen Teil meines Lebens geändert habe und Mama geworden bin, habe ich zum ersten Mal einen richtigen Hänger und auch allgemein eine kleine Krise. Den persönlichen Frust kompensiere ich dann mit Zeitschriften oder auch ein paar anderen, eher unüberlegten Käufen und Essen von Süßigkeiten. Wobei ich immer wieder feststelle, das mag ich nicht wirklich und es tut mir nicht gut. Meinem Portomonee auch nicht. Ich fühle mich so zerrissen und kann das gerade aber nicht lösen. Ich tue schon vieles, was sinnvoll und machbar ist, aber die Allgemeinsituation, die mich belastet ist gerade nicht veränderbar. Frühestens ab Sommer.
    Als Themenvorschlag daher: Hattest du auch Rückschläge? Stärkere, nicht nur so Minirückschläge, sondern eher so Richtung Krise? War das letztes Jahr durch die Erschöpfung vielleicht der Fall? Wie seid ihr damit umgegangen? Mit dem Kind ist viel hereingekommen, dann habe ich aber kompensatorisch auch wieder gekauft und ärgere mich letztlich drüber.

    Den Punkt mit den Beziehungen finde ich auch schwierig: Vor allem, weil ich bis auf eine Zeit meines Leben vor fünf bis drei Jahren eher immer mehr Beziehungen zu anderen, netten Menschen hatte, als ich gut pflegen konnte. Ich finde da auch bis heute Tipps von anderen Bloggern, die ich so gelesen habe, nicht hilfreich. Weil das keine Menschen sind, die mir nicht gut tun, sondern nette Menschen mit denen ich auch gerne meine Zeit verbringen würde. Nur habe ich davon nicht so viel. Ich bin ein sehr geselliger Mensch (wobei ich auch genauso sehr meine Ruhe benötige), und lebe gerne in Gemeinschaft. Ich habe nie alleine gewohnt, und möchte das auch nicht. Immer im Wohnheim, WGs oder mit meinem Mann. Jetzt habe ich meine „alten“ Freunde von Vormamazeiten und noch neu gewonnene Mamafreundinnen, von denen mindestens eine eine ganze enge geworden ist. Ich bin immer wieder traurig, weil mir bewusst ist, dass ich diese Kontakte einfach nicht so pflegen kann und frag mich, ob es nicht sinnvoll wäre, was zu kappen und mich zu beschränken. Mache das aber nicht, weil ich einfach alle wichtigen Mamafreundinnen so mag, und die anderen auch. Das wird dann irgendwann die Zeit für mich erledigen. Gleichzeitig ist es mir latent immer zu viel, weil ich ständig denke – mich bei diesem oder jenem melden… Nicht müssen, sondern klar wollen, aber trotzdem 168 Stunden pro Woche sind manchmal einfach zu wenig.
    LG Nanne

  4. Pingback: Wie entrümpelt man ein Haus? Entrümpeln leicht gemacht |

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