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Job- und Familienchaos

Kenn ich. Beides. Auch in der Kombination.

for example

Es ist kalt und ich komme von einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause. Die Schulter über die Tasche geworfen, nee Quatsch, die Tasche über die Schulter geworfen, hieve ich eine Keksbox und ein paar einzelne Einkäufe vom Beifahrersitz. Noch während ich das tue, erklingt ein Kreischen aus unserem Wohnzimmer.

Draußen sind es -7° Grad, es ist fast 19 Uhr und totenstill. Obwohl die Fenster und Türen verschlossen sind, höre ich K2 und, … dass irgendwas passiert ist. Ich lasse meine Einkäufe zurückplumpsen und klopfe an die Fensterscheibe, in der Hoffnung, die Aufmerksamkeit auf mich, also auf draußen zu ziehen. Aber keine Chance.

Ich klettre aus dem Blumenbeet, in das ich mich zuvor völlig gedankenlos hineingeworfen hatte, stoße die Tür des Autos mit meinem Knie zu, und hechte ums Haus, um meinem Kind oder auch meinem Mann, wer weiß das schon, so schnell wie möglich zur Hilfe zu kommen.

Ich bin noch nicht mal Zuhause angekommen

… da habe ich auch schon umgeswitched und arbeite in meinem zweiten Job. Ich habe nämlich zwei. Ich habe auch irgendwie gerade keine andere Wahl, denn mein Kind schreit. Als ich die Tür aufschließe, hineinspringe, kommt mir der Mini – also K3 – entgegen und meint zuckersüss: „Ma-Ma!“

In der Küchentür steht der Mann und strahlt mich mit einer Seelenruhe an, … die kann nicht ganz richtig sein. Im selben Augenblick höre ich ein wildes Gackern, das da aus dem Wohnraum erklingt. Ich runzel die Stirn und stelle in Gedanken fest: „Ich bin im Tollhaus angekommen. Hallo – und gute Nacht.“

Dann stapft K1 plötzlich in die romantische Szenerie, in der der Kleinste noch dabei ist, mich mit seinen kleinen Ärmchen kurz oberhalb der Knie zu umarmen und mir Hallo! zu sagen. Das Gemotze geht sofort los. Kein Hallo, keine Begrüßung. Noch nicht einmal eine derbe, noch nicht einmal in Kurzform. Obwohl er sieht, dass K3 mich zärtlich in die Arme genommen hat – also meine Beine – geht es auch schon los:

„Mama! K2 hat mich voll geboxt…“ Im Hintergrund noch immer das wilde Gegacker, das ja zuvor furchtbares Gekreische war. Während K1 seine Beschwerde-Liste herunterrasselt, erlischt das Gegacker von einer Sekunde auf die andere. K2 kommt um die Ecke, sieht mich, verzieht das Gesicht und bricht in Geheule aus: „K1 hat mich geschubst und getreten…“

Ich suche den Blick vom Papa. Der beobachtet weiterhin seelenruhig das Geschehen. Ich versuche seine Haltung, seine Mimik und Gestik zu deuten, jedoch ohne Erfolg. Nur soviel: „Alles wie immer.“

Mein Job

Und immer mal wieder werde ich gefragt, wie mein  Job denn so ist? Was ich denn mache? Und ob es mir Spaß macht? Ob das hier Zuhause alles funktioniert, ist erstmal nicht die Frage. Das wundert mich. Erst wenn ich von mir aus versuche meinen Spagat zu erläutern, ernte ich zustimmende Reaktionen. Wie ernst oder ehrlich sie gemeint sind, kann ich dabei nicht immer einschätzen.

Endlich arbeiten

Als wenn ich diesen zweiten Job nie gehabt und vorher nicht gearbeitet hätte. Also den, von dem ich euch gerade eben erzählt habe. Vielleicht interpretiere ich immer ein bisschen zu viel in die Fragen und Aussagen der anderen hinein. Manchmal kommt es mir so vor. Ja.

Manchmal wundere ich mich jedoch, wie manche Fragen gestellt werden können. Ich wundere mich, wie der andere annehmen kann, dass das so und so läuft. Ich wundere mich aber auch, dass, obwohl angenommen wird, dass das schon läuft, jeder dieses eine Wort doch immer wieder im Mund hat:

work-life-balance

Das ist das Wort der Stunde. Hat man erstmal einen Job, dann stellt sich die Frage, wie sich Beruf und Familie vereinbaren lassen. Mich nervt das ziemlich an. Ich bin sehr froh einen Chef und ein Arbeitsverhältnis zu haben, in dem so große Rücksicht auf unsere aktuelle familiäre Situation mit Erschöpfungszuständen und drei kleinen Kindern genommen wird. Sonst hätte ich diesen Job nicht annehmen können.

Gesellschaftlich klettere ich regelmäßig auf die Palme. Es gibt einfach Dinge, die ich nicht so hinnehmen möchte, wie scheinbar so viele. Scheinbar gilt

  • der Job muss immer super anstrengend und wichtig sein,
  • man hat kaum Zeit für die Familie und
  • obwohl man darunter leidet, sagt man nichts, denn so ist das halt einfach.

Oder es herrscht folgendes Prinzip

  • der Job muss immer erfüllend sein und Spaß machen,
  • man hat kaum Zeit für die Familie und
  • man vermisst kaum was, weil der Arbeitgeber auf Dinge achtet, die einem suggerieren, man sei gar nicht auf der Arbeit. (Wellnessbereich, Fitnessraum, Sofa, Kaffeevollautomat …)

Wirklich?!?

Ich will das so beides nicht. Und ich werde alles daran setzen, das für mich abzuwenden. Ich arbeite, um zu leben. Nicht umgekehrt. Und ich bin froh aktuell einen Job zu haben, der mich zwar herausfordert, aber mir nicht gegen den Strich geht, wie bei einigen der Menschen, denen ich im Leben begegnet bin.

Ich trifte gerade aber ab. Dieses „work-life-balance“- Ding muss ich erst noch für mich selber ein bisschen klarer bekommen, um euch davon zu schreiben und nachzufragen, wie ihr das so handhabt.

Heute wollte ich euch nur mal einen Einblick in das tagtägliche Alltagschaos dieser Familie geben.
Am liebsten wäre ich an dem Tag rückwärts wieder raus, hätte mir eine Pizza besorgt und wäre auf den Spielplatz zum Schaukeln gegangen. Na ja, vielleicht lieber wippen. Nee, alleine geht nicht. Dann rutschen, rutschen geht. Och nö, lieber im Sand liegen und Sterne gucken…

Beim nächsten Mal. Dieses Mal habe ich einen Streit geschlichtet, habe den Jungs gesagt, dass sie mich noch nicht begrüßt hätten, habe sie vorher sogar zurück in die Wohnung geschickt. Sie sollten erst nochmal neu rauskommen und mir „Hallo!“ sagen, bevor es hier mit Streitschlichtung los geht. Begrüßen. Ja, am liebsten so wie der Mini, der mich immer noch zärtlich mit seinen kurzen Ärmchen umschloss.

5 Gedanken zu „Job- und Familienchaos“

  1. Irgendwann verdoppelt sich die Kinderzahl. Wenn alle verliebt und liiert sind. Dann sind Sie alle weg. Dachte ich damals. Kam auch so. Deshalb genießt diese Sturmzeit. Sie kommt nie wieder. Hab ich damals auch getan. Jetzt denke ich manchmal dran zurück wenn niemand auf mich Zuhause wartet. Auch das ist schön. Alles hat seine Zeit. Ich denke immer an dich wenn ich meine Lebensmittel auspacke. Wochenration. Dann ist hier immer das Chaos. Sie hat ein Rosenbeet. Neid. LG Tanja

  2. Wie kürzlich gehört, habe ich wohl eine „vollzeitnahe Teilzeitbeschäfigung“ (30h) und bin immer wieder dankbar, dass so dann doch Spaß am Beruf und Zeit für die Familie möglich ist. Das eine ist für mich die Auszeit für das andere – das wünsche ich dir von ganzem Herzen auch ….

  3. Ich arbeite zwar 40 Studne voll, aber irgendwie geht es mir wie amberlight. Der eine Job ist die Auszeit vom anderen und umgekehrt. Meistens zumindet.
    Außer es herrscht gerade Chaos hoch zehn in beiden Bereichen.

  4. Die von dir beschriebene Situation spielt sich soooo oft genau so beiuns ab!
    Gerade feage ich mich: Wann hat K1 aufgehört sich so zu freuen wie K3, wenn ich nach Hause komme? Und warum ist der Gatte so tiefenentspannt und verlässt sich darauf, dass ich nun übernehme?
    Den Gedanken von amberlight mit der jeweiligen Auszeit vom anderen Job ist toll! Danke dafür! Ich könnte weder ohne den einen noch ohne den anderen. Aber oft ist es doch sehr viel und kräfteraubend! Zumal ich in beiden Bereichen mit 75% arbeite ;-)
    Ich mahne mich dann auch, die „Zwergenzeit“ zu genießen, dass gelingt manchmal nur bedingt.
    Gruß Christina

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