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LeseStoff: Die grüne Lüge von Kathrin Hartmann

Die grüne Lüge KHartmann MamaDenkt 01

(Rezension) (erschienen im und freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom BLESSING Verlag) Es ist fast Mitte September und ich habe knapp vier Monate an dem Buch von Kathrin Hartmann mit dem Titel „Die grüne Lüge. Weltrettung als profitables Geschäftsmodell“ gelesen.

Hier könnt ihr euch das Buch anschauen. Kommt gerne wieder zurück. Warum hat das so lange gedauert? Nun ja, ich wusste, dass es sich um ein ganz wichtiges Buch handeln wird. Vor Jahren habe ich schon einmal ein Buch von der Autorin gelesen und es war ernüchternd. Hier der Link zur Rezension ihres damaligen Buchs auf MamaDenkt, in dem es um die Märchenstunde ging, in der wir in unserer heutigen (grünen) Welt doch leben.

Die grüne Lüge. Weltrettung als profitables Geschäftsmodell

Der Inhalt des aktuellen Buchs ist bewegend, erschütternd und hinterlässt das Bedürfnis grüne Lügen zu entlarven. Denn, sie werden nicht nur gerne von großen Unternehmen verwendet, sondern sind Teil des Systems, in dem wir leben.

Ein paar Worte zum Buch

Das Buch wurde 2018 veröffentlicht und zwar in 3.Auflage. Auf 240 Seiten setzt sich Hartmann mit den grünen Lügen unseres globalen Systems auseinander. Dabei ist es vollkommen egal, wo wir uns auf diesem Planeten befinden. Ob in Ecuador oder in Texas, ob in Deutschland oder in den schwindenden Regenwäldern Indonesiens – überall herrscht das systemimmanente Problem, dass wir zugunsten der Machtkonzentration in Unternehmen uns zufrieden geben. Wir lassen ungerechte Missstände verdecken, fragen nicht nach, geben uns zufrieden, lassen uns belügen, gerne auch in grün. Und dann, dann wundern wir uns, dass die Erderwärmung weiterhin steigt, ebenso die CO2-Emissionen und die Zerstörung von Lebensräumen und das Aussterben dazugehöriger Lebewesen.

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Die gruene Luege von Kathrin Hartmann

Buch und Film gehen Hand in Hand

Im Vorwort dieses Buches beschreibt Werner Boote, Filmemacher und u.a. durch die Dokumentation „Plastic Planet“ bekannt geworden, wie es zu diesem Buch und dem gemeinsamen Film kam. Nachdem er gemeinsam mit Kathrin Hartmann Ende 2011 in einer Talkrunde zu eben erwähntem Film auftrat, fragte er sie ein halbes Jahr später an, ob sie mit ihm den Film „The Green Lie“ drehen würde. Als Autorin und Journalistin verfasste sie zum gleichnamigen Film dieses Buch.

Grüne Lügen – überall

Das Buch „Die grüne Lüge“ ist in sieben Kapitel aufgeteilt und in jedem geht es um einen sehr konkreten Lebensbereich, der jeden von uns betrifft. Sei es indirekt oder direkt. In jedem dieser Lebensbereiche gehören grüne Lügen dazu. Sie sind da, werden wissentlich verdeckt oder bagatellisiert und haben verheerende Auswirkungen für unser solidarisches Zusammenleben auf diesem Planeten, in den verschiedenen Kontinenten und Ländern.

Ein Unternehmen führt ein eigenes firmeninternes Nachhaltigkeitslabel ein, das den Eindruck erweckt und erwecken soll, dass bei der Produktion von Kleidungsstücken keine Schadstoffe verwendet und unter sozialen Rahmenbedingungen gearbeitet wird. Dabei sagt das Label schlussendlich nur aus, dass es einen Anteil biozertifizierter Baumwolle gibt.

In einem anderen Kapitel geht es um die Havarie der Deepwater Horizon, einer Erdöl-Bohrplattform im Golf von Mexico. Auf dieser Plattform kam es im April 2010 aufgrund großer Versäumnisse zum Blowout. Die gigantische Menge an Rohöl sollte in Form eines Experiments mit dem Gift Corexit gebunden werden. Ein gigantisches wie fatales Experiment, wenn man bedenkt, dass über 20.000 Liter dieses Giftes ins Wasser, in ein Ökosystem mit LEBENDEN Lebewesen, gekippt wurde, ohne zu Wissen, wie sich das Gift im Wasser verhalten wird. Nun ja, nicht gut. (Alles weitere lässt sich im Buch nachlesen.)

Es geht um die verrückte Idee durch ein „Mehr kaufen“ das „Meer retten“ umzusetzen. Da bewirbt ein Unternehmen einen Schuh, hergestellt nur aus recyceltem Plastik, das aus dem Meer gefischt worden sein soll, und präsentiert sich als der grüne Weltretter, der es richten wird. Das Bewusstsein und das Wissen, dass es sich bei der Produktmenge, die aus solchem Plastik hergestellt sein soll, um weniger als 1% des kompletten Angebots handelt, wird gern übersehen. Mal abgesehen davon, dass

a) keiner so recht weiß, woher und woraus diese recycelten Kunststoffe aus dem Meer denn kommen. Denn die Unternehmen, die sich als diese Plastikfischer und Kunststoffrecycler darstellen, geben keinen Einblick in ihre Produktion.

b) Das Tragen des verwendeten Kunststoffschuhs sorgt ja leider erneut für Plastikabrieb, der im Meer landet, so dass es sich um keine tragfähige Lösung handelt.

Neben der Katastrophe um Palmöl und das grüne Gepinselt drumherum, befasst sich Hartmann mit dem staatlichen Greenwashing, das dazu führt, dass mächtige Unternehmen beschützt und Menschenrechte mit Füßen getreten wird. Denn wie so oft geschehen diese Dinge weit weg. Zumindest weit weg von öffentlicher Aufmerksamkeit.

Auch das Handeln und Wirken der Agrarindustrie umfasst ein ganzes Kapitel. Das Bewusstsein darüber, dass weniger als 1% an Anbaufläche in Deutschland für den Gemüseanbau verwendet wird, ist erschreckend. Dass alle anderen Anbauflächen dazu dienen, uns Fleisch, Milchprodukte und Eier auf den Tisch zu bringen oder den Tisch des Rests der Welt ist ernüchternd.

Im letzten Kapitel beschreibt die Autorin, dass es zum Glück Menschen gibt, die in den Widerstand gehen. Jeder auf seine Weise. Da gibt es Berufungsprozesse gegen RWE, weil der Konzern nicht dazu bereit ist, einem südamerikanischen Bauern 17.000€ pro zu zahlen, eben weil RWE dazu beiträgt, dass CO2-Emissionen ansteigen und überall auf der Erde zu sich verändernden Gebenedeiten beitragen. Natürlich, das wäre ein Präzedenzfall. Allerdings einer, der über unser Verständnis von Zusammenleben und unseren bzw. den Umgang von Unternehmen mit den Konsequenzen jeweiligen Handelns und Entscheidend, ganz viel aussagt.

Lesen oder nicht lesen? Unbedingt lesen!!

Ich habe sehr lange gebraucht dieses Buch zu lesen. Das lag nicht nur daran, dass ich wieder mal viele Bücher nebeneinanderher gelesen habe, sondern auch daran, dass ich die Infos teilweise sehr erschütternd finde.

Kathrin Hartmann stellt umfangreiche Rechercheergebnisse und Erlebnisse während dieser Recherche zur Verfügung. In ihrer Gesamtsumme total hilfreich, um den ein oder anderen Zusammenhang ein wenig mehr zu verstehen. Allerdings auch zutiefst frustrierend wir rücksichtslos Zentren der Macht mit Umwelt und Menschen umgehen und wie komatös, wir über uns ergehen lassen.

Das letzte Kapitel ist dann der Teil des Buches, der mir Mut macht. „Es geht um nicht weniger als unser globales Glück.“ Und, wenngleich romantisch klingend, „Selbst wenn wir nichts haben, so haben wir uns.“

YES, und genau das ist der Punkt, warum ich hier wieder schreibe und nicht länger den Mund halten möchte. Dieser Blog ist ein Raum, in dem ich von meinen Erlebnissen berichten, meine Erfahrungen teilen und mein gesammeltes Wissen zur Verfügung stellen möchte. Und das ist es auch, was ich an dem Buch von Kathrin Hartmann so großartig finde. Sie stellt gut aufbereitet zur Verfügung, worum es geht, welche Zusammenhänge sie ausgegraben hat. Aber nicht, um uns zu unterhalten, sondern um selber Veränderung zu sein und Widerstand zu leisten.

Leseempfehlung und fünf Sterne!

Die grüne Lüge KHartmann MamaDenkt

6 Gedanken zu „LeseStoff: Die grüne Lüge von Kathrin Hartmann“

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  4. Sensationell! Vielen Dank für den Tipp! Ich kann mich gerade nicht mehr losreißen.
    Und vorher bin ich lange an Deiner Website kleben geblieben.
    Zum Thema ‚Mehrwegdosen-System im Supermarkt‘ kann ich nur sagen: Wir gehen seit Jahren mit unseren Weißblechboxen und selbstgenähten Leinenbeuteln im Denn‘s und Unverpacktladen einkaufen und machen um plastikverpacktes Biogemüse im konventionellen Supermarkt einen großen Bogen. Und ich halte die Idee, mit einer Plastikdose dem Plastikwahnsinn entgegen wirken zu wollen, für ziemlich unsinnig!
    Vielen Dank für die tollen Beiträge! Ich komme öfter vorbei!

  5. Pingback: Die Lüge | Harsewinkeler Bürgerbeteiligung e.V.

  6. Pingback: Herta’s Buchtipps – Burgkirchen liest

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