Zum Inhalt springen

19.Türchen: KinderMund

Ich habe lange darüber nachgedacht, wie die Überschrift für diesen Post lauten soll… KinderMund trifft es einfach am besten.

Wir leben in einer Zeit, in der unsere Generation viele Fertigkeiten verloren hat, wie zum Beispiel das Einkochen von Obst und Gemüse, das Bestellen eines Ackers oder das Nähen von Arbeitskleidung. (Auch wenn wir uns alle diese Dinge mehr oder weniger zurückerobern.) Gleichzeitig machen wir uns über vieles wirklich tiefgehende Gedanken. Wir bereiten uns darauf vor, wenn Familienzuwachs ansteht, indem wir zur Geburtsvorbereitung gehen. Wir reflektieren in der Rückbildung, wie Geburt und Wochenbett für uns gelaufen sind. Wir bereiten uns auf Babys erstes Jahr vor. Machen uns Gedanken über den Erziehungsstil, den wir ansetzen wollen. Wir fragen uns, wieviel Schönfärberei und wieviel Realismus unseren Kindern gut tut. Klären wir sie auf, indem wir ihnen sagen, dass nicht der OsterHase an Ostern die Eier bringt, sondern ein christliches Fest ansteht? Das christliche Fest schlechthin? Wer kommt in weniger als einer Woche? Das Christkind? Der WeihnachtsMann? Die Engel in ihren weißen Kleidchen? Kommt überhaupt jemand? Wer denn?

Manchmal, wenn ich mich selbst in meinem Handeln beobachte (Komische Eigenart. Haben die das früher auch gemacht?!?) habe ich das Gefühl, dass wir uns selber im Weg stehen. Manchmal vielleicht ein bisschen zu viele Gedanken walten lassen. Folgende Situation:

Etwa zwei Wochen vor Nikolaus hatte ich die Idee, den Nikolaus zu uns kommen zu lassen. Er sollte nicht nur Stiefel füllen, sondern „in echt“ in Erscheinung treten. Ich habe eine Freundin mit Kind eingeladen und in der Weltgeschichte umhertelefoniert, um ein NikolausKostüm zu ergattern. Wohlgemerkt: ein NikolausKostüm, keine WeihnachtsMannKluft. Meine Freundin: „Oh ja! Das hört sich nett an! Ich besprech das mal mit meinem Mann und sag dir dann Bescheid.“

Einige Tage später: „Rage, daraus wird wohl nichts. Wir haben nochmal drüber gesprochen. Und irgendwie wissen wir nicht so recht, was wir Jan sagen sollen. Er will momentan ganz genau wissen, ob es den Nikolaus denn gibt und irgendwie… Wir haben uns dazu entschieden ihm reinen Wein einzuschenken. Daher werden wir wohl nicht kommen. Entschuldige. Das wäre bestimmt schön geworden mit Adventskaffeetrinken, Kakao, Keksen und Kerzenschein.“

Als ich das las, musste ich ein bisschen schlucken. Erzählten wir unseren Kerlen denn durch so eine Aktion Quatsch? Erzogen sie wohlmöglich zur Naivität? Wieviel Naivität, wieviel Kinderglaube und wieviel Realismus sind denn richtig? Ich war etwas durcheinander, fand es schade, konnte aber sowieso kein NikolausKostüm auftreiben. Also hatte sich die Aktion eh erledigt. Vielleicht hätte ich in meiner Einladung nicht davon erzählen sollen, dass meine Mutter damals mit einer Nachbarin als Nikolaus und Knecht Ruprecht (schwarz angezogen und mit Ketten rasselnd) eine ähnliche Aktion mit uns Kindern veranstaltet hat?? Ich weiß es nicht.

Ein paar Tage später. AdventsKindergartenFeier. Meine Freundin und ich treffen uns das erste Mal nach der Absage wieder in natura. Nach dem üblichen SmallTalk:

„Rage, ich muss dir noch was erzählen.“ Ich schaue erstaunt auf und höre aufmerksam zu.
„Zu der Sache mit dem Nikolaus…“ Ich schlucke, denn: Ach ja, da war doch was…
„Der war ja auch hier im Kindergarten.“ Sie macht große Augen und ich noch größere, denn ich weiß: Es wird lustig!
„Ich dachte, die würden hier einfach nur die Strümpfe füllen. Aber der ‚Nikolaus‘ war ja auch hier.“ Ich grinse, nicke und warte ab.
„Jedenfalls, als Jan nach dem Kindergarten nach Hause kam, meinte er: ‚Ach Mama. Warum habt ihr denn erzählt, den Nikolaus gibt es nicht?‘ Ich habe ihn mit großen Augen angeschaut und wusste gar nicht, was ich sagen sollte. Jan meinte: ‚Der war doch im Kindergarten.‘“ Ich musste so lachen. Aber es ging weiter.
„Du, der war so froh und glücklich, dass es den Nikolaus ’scheinbar‘ doch gibt.“
„Siehst du! Wie cool!“ So in etwa oder ähnlich war meine Reaktion und ich musste einfach lachen.
„Aber Rage, es geht noch weiter.“ Ich stutze. „Wie jetzt?“
„Abends sitzt er im Bett und wir beten zum ins Bett gehen.“ Erwartungsvoll, die Spannung  bis zum äußersten steigernd blickt sie mich an. Meine Augen fallen mir fast aus den Stirnhöhlen. „Jan hat gebetet: ‚Lieber Gott! Danke, dass Mama und Papa doch nicht Recht hatten und es den Nikolaus wirklich gibt…‘“ Ich quieke vor Lachen. Sie: „Moment, Moment. Es geht noch weiter: Jan: ‚Bitte mach, dass er NIEMALS stirbt!‘

Ich, nein wir, haben uns so vor Lachen weggeschmissen. Es war einfach so schön!! Es ist wirklich einfach nur schön. KinderMund und KinderGlaube ohne Veräppeln, ist richtig, richtig gut! Und meine Entscheidung steht damit fest: Nächstes Jahr brauche ich einen Nikolaus. Am 06.12.2013 gegen 17h. Hat da jemand von euch Zeit?!?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert