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Never change a running system: Familie und Beruf

Immer mal wieder geht es hier auch um Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Denn ja, ich bin immer noch voll Zuhause, auch wenn ich begonnen habe, mich als Autorin und Sozialarbeiterin selbständig zu machen. Es fühlt sich dennoch mehr nach „voll Zuhause“ an.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Warum bin ich weiterhin zu Hause?
1. Ich mag diese FamilienCareArbeit.
2. Mit meiner Selbständigkeit bessere ich nur unsere Haushaltskasse auf. Ich bin doch mehr Zuhause.

Bislang kamen wir mit unserem Familienkonzept ganz gut klar. Ja, manchmal fehlten die unmittelbaren Verwandten, auf die viele hier aus der Gegend zurückgreifen können. Wenn denn mal ein Kind krank wird und das tritt bei mehreren recht schnell mal auf, oder zwei Veranstaltungen parallel verlaufen, was bei mehreren Kindern ebenfalls passieren kann.

Aktuell befinden wir uns beide in der Situation, dass wir sehr, sehr gerne mal was Einzigartiges machen würden. Etwas Besonderes, wofür das Herz brennt. Der Mann ist voll von StartUp-Ideen, aber irgendwie stehen wir uns noch im Weg und müssen erst herausfinden, wie wir dorthin kommen, es auszuprobieren.
Zumal unsere familiäre Situation momentan sehr gebeutelt daher kommt. Wir haben die vergangenen Wochenenden viel einstecken müssen. Angefangen bei Bienen, über Mäuse oder Ratten bis hin zum Streptokokken-Schach und weiteren Kuriositäten.

Vereinbarkeitsfrage

Wenn mein Mann und ich uns über unsere finanzielle und familiäre Situation unterhalten, dann hat das in der Regel erstmal nichts mit der Vereinbarkeitsfrage oder der mit ihr u.a. verbundenen Frage nach Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau zu tun. Erstmal nicht.

Bis wir selber dann an den Punkt kommen und feststellen müssen, dass gesellschaftlich und wirtschaftlich es wirklich schwierig ist Familie und Beruf so zu gestalten, dass es unserem idealen Familienkonzept auch nur annähernd entgegenkommt. Wir haben beide große Lust zu arbeiten – uns beruflich für Projekte und Dinge zu engagieren, an denen das Herz hängt. Das ist aber kaum möglich, ohne dass dabei die Familie zu kurz kommt. (Vielleicht mit dem Mut für ein eigenes StartUp, doch dann ist da eben noch der finanzielle Punkt. Denn mit einer Familie gehe ich einfach weniger wirtschaftliche Risiken ein, als ich das vielleicht als Single oder Pärchen machen würde. Alleine komme ich schon irgendwie klar, aber mit mehreren hungrigen Mäulern ist die Sachlage eine andere – egal…)

Meistens wird diese Vereinbarkeitsfrage jedoch von außen an uns herangetragen. Sowohl an meinen Mann als auch an mich. An meinen Mann in der Form, dass er sich sehr häufig für seine Arbeitseinteilung stark machen muss. Er hat

  1. seine Arbeitsstundenanzahl um 6h reduziert, so dass er nur vier Tage die Woche arbeiten muss.
  2. Kommt er früh und geht daher auch früher nach Hause, um auch mit seiner Familie, seinen Kindern und seiner Frau Zeit verbringen zu können. Wichtige Termine befinden sich dennoch immer mal wieder nicht in diesem Zeitfenster, was ein unsicheres Gefühl hinterlässt. Zumindest den Eindruck, dass man sich irgendwie für diese Möglichkeit doch rechtfertigen muss.

Bei meinem Mann ist es keine offen ausgesprochene Frage. Bei ihm handelt es sich eher um indirekte Verhaltensweisen und Reaktionen, die er einzuordnen hat, mit denen er umzugehen lernen muss.

Ich bekomme diese Frage auch nicht direkt persönlich gestellt. Ich surfe zwischen Mittagessen und nächster Autofahrt oder Nachmittagsprogramm im Netz und erlebe krasse Diskussionen zwischen Frauen, die sich über diese Vereinbarkeit streiten. Forderungen werden laut, dass man sie nicht aus dem Kinderzimmer heraus abändern kann. Schnell wird klar, die Fronten verhärten sich schneller als Schnittkäse, um es mal ganz blöde auszudrücken.

Effektive Diskussionen?

Krasse Auseinandersetzungen sind das, die wir da im Netz verfolgen können. Im wahren Leben kassiere ich wenn überhaupt einen entsprechenden Blick oder eine nichtssagende SmallTalk-Reaktion. Auch nicht viel besser. Nicht Zielführend.

Effektiv finde ich diese Diskussionen um Familie und Beruf nicht. Sie tragen nicht dazu bei, dass sich etwas ändert. Ob ich jetzt aus dem Kinderzimmer oder vom Bürostuhl etwas zu verändern versuche, obliegt doch erstmal meiner Person. Und ob ich dann erfolgreich bin, meiner Persönlichkeit, meinem Geschick und den Umständen, in denen ich wirke.

Was also tun?

Das frage ich mich nach solchen Diskussionen häufig. Ich will mich dann am liebsten ganz raushalten, doch im selben Moment antworte ich in Gedanken und denke, dass ich sofort was ändern will und damit unser bisheriges Konzept hinschmeiße und beruflich wieder einsteige. Doch dann gibt es zwei große Punkte, die mich davon Abstand nehmen lassen.

  1. Never change a running system. Ich glaube, dass dieser Satz die Einstellung vieler Männer und Frauen ist. Egal, ob sie sich für Zuhause oder Teilzeit oder Vollzeit oder was auch immer entschieden haben. Diejenigen, für die das System irgendwie läuft, gar nicht mal immer ideal, aber Hauptsache es läuft, die haben gar kein Interesse und schon gar keine Energie an so einer Front auch noch einzuwirken und zu kämpfen.
  2. Vor zwei Wochen hat ein Mensch diese Welt verlassen, den ich gar nicht mal im wahren Leben getroffen habe. Aber er hinterlässt eine Frau und drei Kinder. Ich kenne ihn nur knapp zwei Jahre, aber in dieser Zeit ist mir eines ganz, ganz klar geworden: Ich lebe. Jetzt.

Ich lebe. Jetzt.

Es ist ein Blogname von einer Bloggerkollegin, die, so scheint es zumindest immer, ihr Lebensmotto zum Titel ihres Blogs (Ich sollte Suse unbedingt in meine Blogroll übernehmen…) erhoben hat. Und sie hat Recht!

Ich werde daher vorerst weiterhin aus unserem Kinderzimmer die Welt zu verändern versuchen.  Familie und Beruf kann und will ich vorerst so leben. Ich bin darin optimistisch. Zumindest auf drei Erdenbürger habe ich unmittelbaren Einfluss und vielleicht hab ich irgendwann auch noch was mehr Möglichkeiten diesen Ort zu einem besseren, gerechteren zu machen.

Dir hat der Artikel gefallen? Dann komm doch mit mir in die Zukunft. Zwei Tage später, entstand nämlich dieser Artikel.

Im selben Sommer ereilte uns  das „Burn Out“ meines Mannes, von dem ich einen Tag später dann auch endlich schreiben konnte.

Zwei Monate später traute sich auch der Mann, mal aufzuschreiben, was da passiert.

Ein Jahr später sind wir wieder am selben Ort im Sommer und alles ist anders geworden.

5 Gedanken zu „Never change a running system: Familie und Beruf“

  1. 1) Als unmittelbar unbetroffene Person frage ich mich immer lauter und deutlicher was unser einer tun kann um Dir (und allen anderen unmittelbar betroffenen Personen) da zu helfen?
    Gedanken? Ich bin da durchaus für viel Solidarität zu haben, mir fehler nur vielfach die Anknüpfungspunkte zum Handeln.

    2) Direkter: „Diejenigen, für die das System irgendwie läuft, gar nicht mal immer ideal, aber Hauptsache es läuft, die haben gar kein Interesse und schon gar keine Energie an so einer Front auch noch einzuwirken und zu kämpfen.“ Jop, läuft, aber ändern kann auch nich schaden, also los :D (back to 1))

  2. Hallo Rage,

    wenn es läuft und ihr euch darüber einig seid und euch gegenseitig in eurer Arbeit wertschätzt, ist das doch erst mal das Wichtigste. Ich finde nicht, dass wir Frauen und Mütter uns immer dem aktuellen Diskurs stellen müssen und ständig hinterfragen müssen, ob das alles gleichberechtigt, emanzipiert usw. ist.
    Wenn ich niemandem wehtue mit meinem Modell von Familie und Beruf, dann möchte ich das bitte so lassen dürfen, ohne dass mir da reingebasht wird.

    Ich war sechs Jahre komplett zu Hause, habe das Glück, in meinen Beruf wieder mit wenigen Stunden einsteigen zu können und hab das dann auch gemacht. Mein aktuelles Leben mit Teenie-Kind und Grundschulkind und Teilzeitjob ist anstrengend und sehr erfüllend zugleich. Aber ich bin unendlich froh und dankbar, dass ich diese sechs kompletten Jahre zu Hause haben durfte. Es ist gut, dass ich diesen Schnitt und diese Auszeit hatte, sonst würde ich glaube ich durchdrehen.

    Genieße es, du machst das gut :-)

    stefanie

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  4. Pingback: Vereinbarkeit - ein Solidaritätsprojekt?!? | MamaDenkt.de

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