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Bequemliche Betriebsamkeit (I)

Oder doch eher betriebsame Bequemlichkeit? Die Ereignisse in den vergangenen Wochen haben sich überschlagen. Dabei habe ich doch nur meinen Alltag bestritten, oder nicht? Halt, nicht abbrechen. Bitte weiterlesen.

Es geht um Konsum. Bequemen Konsum. Anstrengenden BequemlichkeitsKonsum. Ich fang nochmal hinten an. Ich drehe das Zeitrad mal auf den letzten Samstag zurück. 12:23h. Wisst ihr noch, was ihr zu dem Zeitpunkt getan habt? Wo ward ihr? Womit warst du gerade beschäftigt? Was hattest du bis dato schon alles getan? Oder auch nicht?

Wir waren aufgestanden. (Eigentlich sogar recht zeitig.) Ich hatte mich im Internet über den OnlineShop ‚Roter Faden‘ erkundigt. (Sehr interessant. Btw: Kein gesponserter Link) Hatte sogar dort angerufen und nach recyceltem Papier gefragt. (Das Gespräch hat nicht sehr lange gedauert; höchstens drei Minuten.) Dann waren wir ins Auto gestiegen, haben Lasur (natürlich ökologisch verträgliche aus unserem regionalen BioBauHandwerkerGeschäft) besorgt, hatten einen Stop beim DrogerieMarkt gemacht, in dem ich mich früher immer furchtbar schnell verloren hab (Holzanzünder, Fruchtbrei und MüsliRiegel… Irgendwie stand das auf dem Einkaufszettel.) und waren auf dem Parkplatz einer der großen Supermarktketten unserer Gegend gelandet. Hier war wirklich viel los. Das war der Moment, in dem sich meine Frustration über den bisherigen Tagesverlauf Raum bahnte.

Menschen schoben ihre Einkaufswagen eilig vor sich her, andere kamen mit undurchdringlichem Gesicht durch die gläsernen Schiebetüren des Marktes auf den Parkplatz hinaus, um ihr Fahrzeug anzuvisieren. Wieder andere standen etwas verwirrt und orientierungslos herum, warteten auf die Frau oder den Mann, beobachteten die Mama mit den beiden Kleinkindern oder die Zigarettenkippe zu ihren Füßen. Mein Mann stellte den Motor ab und blickte mich von der Seite an. Ich starrte aus dem Fenster auf das rege Treiben, das mir gerade soviel Unzufriedenheit bescherte. Aber nicht nur das. Ich ließ meinen eigenen Tag in dem Augenblick revue passieren und war unendlich unglücklich über diesen ersten Tag des Wochenendes. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass alles auf Konsum ausgerichtet ist. Wirklich alles. Und das Schlimmste: Ich befand mich mittendrin, obwohl ich einfach kein Teil mehr davon sein wollte/möchte. Versteht mich nicht falsch. Ich konsumiere auch. Und ich habe mir weitestgehend angewöhnt, Dinge, die ich konsumiere, wirklich zu genießen. Doch an dem Morgen konnte ich das irgendwie nicht.

Ich hatte nichts geschaffen. Ich hatte nichts kreiert. Meine grauen Zelle waren an der Schlange zur Kasse nicht herausgefordert worden. Die Zeit mit meinen Kindern beim gemeinsamen Spiel mit der Ritterburg oder dem nachgestellten Holzofen war unwiderruflich verloren. Ich hatte diese Zeit mit ‚im-Auto-durch-die-Gegend-fahren‘ und konsumieren verbracht.

Natürlich diente das alles einem weiteren Zweck. Mit der Lasur werden wir uns unsere EuropalettenCouch bald endlich fertigstellen können und an dem Mittag haben wir uns durch ein kurzes Brunch mit Hilfe des Bäckers langwieriges Kochen in der Küche gespart. Frustriert hat mich dieser Morgen dennoch. Ich wäre so gern im Wald gewesen, hätte gebastelt, etwas geschaffen, gewandert, ein Buch vorgelesen, meiner Familie beim StaudammBau zusehen können.

Ein Gutes hatte dieser Vormittag allerdings doch: Ich war frustriert. Unser Konsumgesteuertes Handeln hat mich tierisch genervt und mich am eigenen Leib, nicht bei den anderen, erneut eingeholt. Das Schlimmste an der ganzen Sache war das Gefühl: Nichts geschaffen zu haben (ich meine wirklich geschaffen, nicht geschafft!!) und trotzdem am Ende des Tages enorm erschöpft und von der bequemlichen Betriebsamkeit total überanstrengt gewesen zu sein. Bequem deshalb: Das Auto ist gefahren, nicht ich bin gelaufen. Der Bäcker hat gebacken, nicht ich habe gebacken. Der Fruchtbrei wurde irgendwoanders hergestellt, nicht ich habe ihn eingekocht. Unsere Nachbarn haben begonnen ihre Gärten fertig zu machen, ich habe noch nichtmal einen Plan, wie ich mein Möhren-, Salat- und KürbisSamen ohne Garten und ohn GemüseHochbeet anpflanzen soll… Ich könnte die Liste beliebig lang erweitern.

Mein Fazit aus diesem Vormittag: Ich werde unsere Wochenenden bewusster gestalten. Aber nicht nur die. Ich will mir am Anfang der Woche bewusst überlegen und entscheiden, was wir in Zeiten, die so Leerzeiten sind, gemeinsam veranstalten können; statt im Auto zu sitzen und und und. Darauf freu ich mich jetzt schon riesig.
Am Wochenende haben wir damit begonnen und ich habe tatsächlich mein Buch zuende geschrieben. Wir waren trotz der Kälte schon lange draußen im Wald und ich sammel gerade ein paar Ideen, die wir gemeinsam umsetzen können.

Habt ihr Vorschläge? Kennt ihr die Gedanken und Gefühle, die ich versucht habe in Worte zu fassen?

4 Gedanken zu „Bequemliche Betriebsamkeit (I)“

  1. Ja, dieses Gefühl kenne ich sehr gut. Vor nach Einkäufen in großen Läden wie Ikea oder real, bei denen man gezwungen ist sehr viel Zeit zu verbringen, auch wenn man nur durchlaufen will. Aber auch dann versuche ich jeden Augenblick des Lebens voll und ganz und bewusst zu erleben. Dann geht es meistens etwas besser. Augen zu und schnell durch ist da meistens kein guter Rat. Aber ja, ich kenne dieses Gefühl des „heute habe ich fast nur für den Konsum gelebt“ sehr gut. Du bist nicht allein mit diesem Gefühl!

  2. Ich kannte das Gefühl früher auch. Seitdem ich nur noch im Bioladen einkaufe und andere Läden weitestgehend meide, geht es mir besser. Unser Bioladen ist nie voll und wenn doch mal ein paar mehr Leutchen drin sind, sind diese meist angenehm und haben Zeit. :) Normale Supermärkte stressen mich enorm! Möbelhäuser und dergleichen besuche ich ohnehin nie, da wir alles haben, was wir brauchen. Und wenn doch mal etwas benötigt wird, kaufen wir es online oder gebraucht.

    1. @Inga: Wir haben zu 70% auf Bioladen und Co. umgeschwenkt. Dennoch landen wir ab und an da. Ich befürchte nur, dass es mir an dem Morgen im Bioladen nicht anders ergangen wäre. Ich hatte dieses Einkaufen einfach unglaublich satt.
      Habe mich auch gleich mal hingesetzt und mein Buch „the creative family“ herausgekramt. Einfach nur zu Inspiration. Das tat sehr gut!

      @MarkRitter82: Danke für deine Ermutigung. Oh ja, schwedische Möbelhäuser sind da auch so, wie diese Droegeriemärkte. Aber woran liegt das bloß? Was genau sind das für Mechanismen, für die ich so anfällig bin? Hilft nur eins: Nicht hingehen. Oder?

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