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Blogparade: 2 Jahre nach Snowden – Ein Attest für Paranoia

Auf ein solches Attest warte ich ehrlich gesagt schon länger. Irgendwer, der mich doch noch als paranoid hinstellt. „Denn das mit Snowden, kommt schon, Leute… Das war doch alles gar nicht so.“ Wenn ich Menschen in meinem Alltag beobachte, ihren Umgang mit Daten, mit ihren Endgeräten, ihren Apps, dann macht es den Eindruck, als hätte es Snowden nie gegeben. Wenn ich Diskussionen zwischen Journalisten und Politikern im Netz verfolge, kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Meist dauert es nicht länger als drei Minuten und Snowden und die Realität der gesamten Enthüllung ist absolut in Frage gestellt.

Wenn dann jemand kommt, wie z.B. Rouven Kasten, und eine Blogparade ins Leben ruft, die (scheinbar) erst mal glaubt, dass Snowden enthüllt hat, atme ich auf. Ich bin doch nicht so paranoid, wie man mir immer mal wieder weiß machen will.

Der ein oder andere mag sich fragen, wieso ausgerechnet eine VollzeitMutter sich mit ParanoiaVorwürfen auseinandersetzen muss? Nun ja, vor gar nicht allzu langer Zeit verließ ich u.a. ein Gremium, weil ich bestimmte Informationen nicht über ein Smartphone geteilt wissen möchte. Zumindest nicht über einen NachrichtenKlient, der zum einen keine Verschlüsselung anbietet und zum anderen die Dreistigkeit hat, bei mir einzufordern auf mein Handy zugreifen zu können und zu dürfen. Das ist für mich keine Option und hat mir jede Menge Augenrollen und verzogene Mundpartien beschert.

Aber kommen wir zurück zur eigentlichen Frage: Was hat sich verändert?

Grundsätzlich: Viel zu wenig. Ich erlebe an mir selber, wie schnell mein Wunsch nach Transparenz und meine Wehr gegen Aufzeichnung all meiner relevanten Daten durch ein Like hier, einen RT dort, einen Pinn an dieser Pinnwand oder meine inkonsequente Nutzung eines sichereren Browsers, im Alltag zerbröselt.

Meine erste Reaktion war, dass ich mich nach Alternativen umgesehen habe. Ich habe sogar einen Menschen gefunden – nein, er mich – , der mir angeboten hat, mich an diesen Bereich heranzuführen, anzuleiten und affin zu machen. Dann kam unser Auslandsaufenthalt, ein neues Haus, der Alltag und das ganz normale Leben und mehr und mehr kam ich von meinen Grundsätze, die ich getroffen hatte, ab. Ich ging Kompromisse ein.

Vor erst drei Wochen legte ich mir wieder einen Account bei Pinterest an. Klar, der ein oder andere mag sagen, was hat Pinterest mit digitaler Sicherheit zu tun? Nun ja, es geht um meinen digitalen Fußabdruck, den ich im Netz hinterlasse. Durch die Nutzung eines anderen Browsers, das Schreiben verschlüsselter Emails und die Reduzierung meiner Accounts und Registrierungen in OnlineShops oder auf diversen SocialMediaKanälen, wollte ich dem entgegen wirken. Weiterhin präsent sein, aber in einem reduzierten Umfang. Doch dann schlich sich das alte Verhaltensmuster wieder ein.

Erst ging ich immer häufiger über meinen 0815-Browser ins Netz. Dann gab’s hier ein Like und dort ein Like und inzwischen habe ich das Gefühl, dass irgendwie alles wie vorher ist. Das passt mir so gar nicht. Denn weiterhin bin ich mir gewiss, meine Daten werden gesammelt und es hat Einfluss auf meine Umwelt bzw. wie mit mir im Netz umgegangen wird. Allein die Cookies, die inzwischen einfach überall eingefordert sind und werden und hach…

Das Problem: Ich versteh das „Neuland“ einfach nicht so durch und durch wie so manch andere Materie. Ich kann nicht Programmieren, weiß nichts von der Beschaffenheit der Endgeräte, außer deren äußeres Produktdesign und verstehe daher nicht die Abläufe im Rechner, die vonstatten gehen, während ich ein Dokument schreibe, bearbeite, kopiere oder im Netz herumwurschtel. Ich bin einfach nur der „dumme“ User, für den das alles so einfach wie möglich gemacht wird. (Vielleicht ja auch, damit ich möglichst wenig darüber nachdenke und abhängiger werde?) Wie selbstverständlich wische ich auf einem Smartphone herum. Meine Kinder lernen nicht, wie so ein Gerät gebaut und nutzbar gemacht wird, sondern nur, wie es funktioniert. Auf der Oberfläche. Ich genauso.

In manchen Wochen verdränge ich dieses Wissen und denke, „Ach komm…“ Zu anderen Zeiten sitze ich da und denke bei jedem Telefonat mit meiner Mutter: „Ob das wohl auch aufgezeichnet wird?!?“ Meine Reaktion ist dann meistens ein Weniger an Internetsurferei – auch wenn das nicht wirklich was mit dem Telefon zu tun hat. Blogbeiträge werden dann auch wieder seltener und das RealLife hat mich einfach wieder mehr. Dort kann ich ein wenig mehr Einfluss darauf nehmen, was ich mit der Welt geteilt wissen möchte.

Was hat sich also verändert? Mein Gefühl hat sich total verändert. Trotz des Verdrängens ist da eine Grundskepsis und ein Unbehagen. Was sich noch nicht so verändert hat, wie ich es für mich persönlich gerne hätte: Meine Reaktion und mein Verhalten – im Hinblick auf das Wissen von den Möglichkeiten des Netzes und den damit zusammenhängenden Enthüllungen Snowdens.
Ach ja, und für manch einen im echten Leben bin ich seltsam, schräg, einfach nicht konform.

Was ist also der Plan? Schon häufiger hatte ich mal wieder darüber nachgedacht, das Senden verschlüsselter Emails im Freundeskreis mehr publik zu machen. Mein persönliches UnterwegsSein auf SocialMediaKanälen und damit zusammenhängende Likes zu stoppen, meinen Browser wieder zu kicken bzw. den anderen zu reaktivieren.

Wozu ich keine Kapazitäten habe? Das Thema immer und immer wieder aufzuwärmen. Die meisten, viele scheinen damit einfach nichts anfangen zu können. Also fange ich bei mir an und bleibe dbzgl vermutlich auch bei mir.
Trotzdem ist dieser Artikel entstanden. Als Teil einer Blogparade. Also kriegt er auch folgenden Hashtag – #W4WB

Und ihr so? Hat das Thema für euch irgendeine Bedeutung?

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12 Gedanken zu „Blogparade: 2 Jahre nach Snowden – Ein Attest für Paranoia“

  1. Das mit deinem Gremium (gut formuliert) habe ich damals auf Twitter ein wenig verfolgen können. Ich habe z.B. bewusst keine social media, aber nutze whats app und auch threema. Über ersteres verschicke ich aber bewusst keine Bilder von Menschen (von Essen schon :o))

    Was ich mich technisch frage: Wie will man diese Datenmassen kontrollieren? Das alles lesen und wofür und wie verwenden?
    Ich blende das Thema nicht aus, habe für mich glaube ich aber einen guten Mittelweg gefunden.
    lg Nanne

    1. „Wie will man diese Datenmassen kontrollieren? Das alles lesen und wofür und wie verwenden?“
      Die Frage ist einfach beantwortet. Schon jenseits der Infos von Snowden.
      Kuck dir mal an, wie BigData funktioniert. Dann weißt du wie (einfach) man diese Datenmassen kontrolliert, das alles liest und verwendet.

  2. Ich empfehle: http://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/183100/ueberwachen

    Was mich zum Nachdenken gebracht hat, waren diese vielen Essays, die das Problem von Grund auf beleuchten. Es hat mich beim Nachdenken ein paar Schritte weiter gebracht, weil ich dadurch ein bisschen die Sicht auf die Regierung bekommen habe und in welchem Spannungsfeld sich das Ganze bewegt. Fertig gedachte habe ich aber noch nicht. Auf Twitter will ich nicht verzichten. Whatsapp habe ich damals schon gelöscht und meinen Kontakten 1 Monat vorher angekündigt, dass ich verschwinde. Fast alle sind zu Telegram mitgekommen. Und wenn nicht, Pech. Können mir ja auch ne Mail schreiben oder anrufen.
    Ich glaube, das Kind ist doch schon längst in den Brunnen gefallen. Das war doch damals in den 90ern schon so, als die meisten mit dem Wort „Cyberspace“ nix anfangen konnten- und nun haben wir die VDS…

    1. „Und wenn nicht, Pech.“

      Das funktioniert tatsächlich (auch langfristig) am besten. Diese Einstellung und Konsequenzen dazu. Kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Wenn man in der Position ist sowas zu machen, lohnt es sich das auch einfach über Widerstände und Murren hinweg zu machen.

      „Ich glaube, das Kind ist doch schon längst in den Brunnen gefallen.“
      Nein, nicht ganz. Da kann man schon noch was retten :D

        1. Fragen, auf die ich warte :D Danke Dir!

          Ich halte mich mal mit drei Ansätzen kurz:

          1. Information/Aufklärung (ohne das ist der Rest langfristig wahrscheinlich wirklich aussichtslos)
          Es ist wichtig, dass Menschen verstehen, was hier passiert. Die Mehrheit hat an diversen (nicht notwendig technischen) Stellen im Sachverhalt gewisse Verständnisprobleme. Wenn man sowas merkt -> erklären und aufklären und nicht damit aufhören!

          Es gibt im Netz diverse Quellen für das Technische. Das Politische und Rechtliche dagegen da gibt es nicht so viel, aber ich meine das sollte jeder noch können (oder sich aneignen): Was sind Grundrechte? Wie funktionieren die? Wozu haben wir die eigentlich und was hat das mit mir zu tun?
          Diese Fragen beantworten zu können und die Antwort diversen Skeptikern nahe zu bringen hilft.

          Es ist wirklich langwierig (da kommt man nicht drum rum um die Erkenntnis). Aber bitter nötig.

          2. Datensparsamkeit

          Ähnlich wie bei Dingen im Minimalismus, kann man sich auch bei Daten/Diensten/Payback (you get the idea) fragen: Brauche ich das wirklich? Wozu? Was passiert, wenn ich es nicht habe? etc.
          Lohnt sich die Fragen auf das Digitale zu adaptieren. Die Perspektive auf so Sachen, wie den E-Perso oder die lustige Gesundheitskarte (immerhin funktioniert die noch nicht; man muss auch mal die positiven Dinge erwähnen) ist mit den Fragen im Hinterkopf auch total spannend.

          3. Verschlüsseln

          Aus der Erfahrung heraus, dass Punkt 1 und 2 anstrengend sind und für das gute Gefühl: Verschlüsseln. Selbstwirksamkeit gibts kurzfristig nur hier :) Es ist auch wirklich gar nicht so nerdig/schwer/whatever else stops you, wie man denkt!

          Meiner Erfahrung nach hält die Anfangsbegeisterung dann am längsten, wenn man entweder von Anfang an die eigene Clique mit einbezieht oder aber sich ein paar Nerds sucht, mit denen man verschlüsseltes TECHtelmechtel macht :)

          Ansonsten ist Punkt 3 ein Klassiker zum einschlafen. Daher von Anfang an drauf achten ;-)

          Moar? Ask!

          1. Ich muss Punkt 3 leider bestätigen. Ich habe versucht es bei den Menschen umzusetzen, mit denen ich ab und an emails… aber hej. Keine Chance. Und ich kann es ihnen noch nicht einmal übelnehmen. Wenn Ich darüber nachdenke, wie schwer ich mir getan habe, mir das anzueignen. Letztendlich war das kein „Hexenwerk“ – aber ich selber hatte es innerlich so aufgebauscht und war mir sicher, es nicht hinzukriegen. Wieso sollte es denen aus meinem Freundeskreis anders gehen. Doch bevor sie verschlüsseln, schreiben sie eher gar keine Mail mehr. Tja. So ist das dann. :(

          2. Ach so, dennoch finde ich es weiterhin absolut erforderlich sich in diesen Bereichen auszukennen und firm zu werden. Ich werde das Thema bestimmt nicht aus den Augen verlieren.

          3. Das ist so ein Kampf gegen Windmühlen.
            Der wird aber mit der Vorarbeit aus Punkt 1 relativ einfach :D.

            Funfact: Im ersten Jahr Crypto habe ich ein paar verschlüsselte Mails geschrieben, alle an mich selbst ;-)
            Im zehnten Jahr schreibe ich c.a. 90% der privaten Mails verschlüsselt. OTR Chats machen 100% meiner Chats aus. Das war ein weiter Weg. Der hat sicherlich auf allen Seiten ein paar Nerven gekostet, aber es lohnt sich imho. Alleine das gute Gefühl am Abend den Schnüfflern wieder auf den Wecker gegangen zu sein ist unbezahlbar ;-)
            Aber bis es soweit ist, ist das eben in unserer Gesellschaft je nach sozialem Millieu durchaus ein weiter Weg.

            Gar keine Mail schreiben ist, was die Datensicherheit angeht definitiv ein Fortschritt. Ich biete den Leuten immer Alternativen an, wenn ich sie irgendwo aussperre (gmail ist bei mir bspw auf ner Blacklist, davon kommt nichts an und da geht auch nichts hin). Und mein persönlicher Umgang mit denen die sich da allem verweigern, was ich vorschlage, aber andererseits kein Problem damit haben, mir zu sagen ich solle mir mal Whatsapp zulegen, ist auch einfach geworden. Auf solchen Umgang verzichte ich einfach.
            Da trennt sich dann auch ganz valide die Kategorie „Freund“ von der Kategorie „Bekannter“. Geht als positiver Nebeneffekt durch imho.

            Was Usability angeht sind die Empfehlungen für den Einstieg imho weiterhin OTR + Pidgin für den PC, sowie die Software von Open Whisper Systems für Android/Smartphones. Da sind die Einstiegshürden am geringsten. Wer nicht bereit ist diesen Miniaufwand zu betreiben, der ist Reif für etwas Aufklärungsarbeit im Sinne von Punkt 1.

        2. Mir ist gerade aufgefallen, dass ich deine Frage eigentlich nicht beantworte. Daher der Nachtrag: Man kann jedenfalls Reste der Privatsphäre noch retten und vielleicht auch mittelfristig wieder etwas mehr davon zurückgewinnen. How -> See 1-3 :D

  3. Hallo
    Ich denke das die meisten Menschen es nicht annähernd ernst nehmen was bekannt wurde. Dabei ist es die Spitze des Eisbergs!
    Hier https://www.privacy-handbuch.de/handbuch_11.htm bekommst du einen kleinen Einblick wann ein Browser sicher ist. Das Handbuch kann man sich auch herunter laden. Es zeigt auch das viele Browser ab Werk noch lange nicht sicher sind.
    Auch zu vielen anderen Themen ist es ein Leitfaden.
    Hat sich den überhaupt was verändert? Ja, sämtliche Regierungen überlegen wie die Schutzmaßnahmen der User aus den Weg gebracht werden um es leichter zu haben diese zu bekommen und erlassen Gesetze.
    Wer nun meint es brauche Menschen diese Daten zu filtern der tut mir Leid. Ein Hochleistungsrechner kann heute spielend 100 Milliarden Daten in der Minute durchsuchen und auswerten. Manche schaffen erheblich mehr, oder das gleiche in Sekunden.
    Da ich viele der Spielzeuge nicht verwende die heute jeder braucht wie „social Media(ich nenne sie asoziale Medien)“ Auch kein Smartphone(Hosentaschen-Wanze) oder Tablet(Innenraum Videokamera für andere). Muss ich so etwas nicht absichern. Der Computer hat bei mir kein Mikro und keine Camera. Also achte ich eben nur auf das was ich bekannt gebe, und was ich verwende. Aber das erscheint den Menschen heute so unbequem. Oder sie sagen mir ich sei paranoid.
    MFG
    Prot

  4. Was mir noch einfällt um die Problematik mit dem 0815 Browser in den Griff zu bekommen:
    Gewöhnlich hat man irgendwo die eine Browserverknüpfung, die man immer aufruft.
    Man kann die einfach auf den Torbrowser setzen. Das hilft massiv und ist im Ergebnis kein Mehraufwand mehr, erhöht aber die Benutzungsquote drastisch :D

    Und noch ein Tipp zum Freundeskreis: Es lohnt sich mitunter gerade am Anfang, denen ein All-Inclusive-Paket hinzusetzen: Du richtest denen PGP/OTR/was immer gebraucht wird so ein, dass sie es nur noch benutzen müssen. Keine Mehrarbeit für die. Dann muss sich am Anfang auch niemand mit irgendwas auseinandersetzen, aber du kannst damit in Ruhe deine Mails verschlüsseln.
    Vor einem Jahr hätte ich von sowas abgeraten. Inzwischen sehe ich darin unterm Strich mehr Vor- als Nachteile.

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