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Familie – Früher war alles anders (6)

Puh. Dieser Artikel wird der Einstieg in eine dicke Kiste sein und ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll? Rolle des Kindes? Lebensgemeinschaft? Familie und Beruf? Großfamilie ab drei Kindern? Betrachtet diesen Artikel einfach mal als Einführung.

Vorweg: Leben bedeutet Veränderung und Entwicklung. Wenn wir unser heutiges Familienleben mit dem von damals vergleichen, dann immer nur gemessen an heutigen Maßstäben. Denn woher soll ich wissen, wie es damals zugegangen ist? Natürlich, aus geschichtlicher Perspektive gibt es einiges, was zu den unterschiedlichen Vergangenheitsmomenten festgehalten wurde und nur noch zusammengetragen, analysiert, verglichen und beurteilt werden müsste. Aber das damalige Lebensgefühl? Annähernd kann ich es aus den Erzählungen von Uroma, Oma oder Mama schlussfolgern; weil sie Zeitzeugen waren. Aber wirklich fühlen? Das bezweifel ich. Ihre farbigen und lebendigen Erinnerungen, werden für mich (heute) immer SchwarzweißBilder mit strengen Gesichtern bleiben. Deswegen möchte ich mich mit meinen Urteilen diesbezüglich vorsichtig verhalten. Ich weise darauf hin: Früher war alles… irgendwie anders.

Meine Oma hatte Geschwister in einem zweistelligen Bereich. Das hat mich als Kind immer schon aus den Socken gehauen. So viele Brüder und Schwestern, mit denen man sein Spielzeug teilen musste. Dass es zu der Zeit nicht wirklich viel Spielzeug gab, zumindest nicht in der Masse, wie wir sie heute in vielen Kinderzimmern vorfinden, war mir als 4-Jährigen natürlich nicht klar. Dass damals die Flucht aus einer Region in Deutschland in die andere, Realität war, damit kann ich auch heute noch – glücklicherweise – nur wenig anfangen. Das Familienleben meiner Oma sah ganz anders aus, als das Leben, das sie ihren Kindern und damit meiner Mutter geboten hat. Überleben und Auskommen hatten in ihrer Kindheit eine ganz andere Bedeutung als für meine Mama. Hunger war schon bei meinen Eltern ein Begriff, der immer weniger mit Erfahrung gefüllt werden konnte. Ich hingegen kenne das gar nicht mehr. Und das von mir als Kind erlebte Familienleben,… selbst das sah ganz anders aus, als das, welches wir heute leben.

Geht es heute um Fragen wie, wie viel Fernseh darf und kann ich wann meinem Kind zumuten, darf das Kind ans iPad oder iPhone, war meine Mutter froh, als sie überhaupt ein Radio besaßen und es anschalten durften. Adipositas und ADHS, das sind Problemstellungen, mit denen wir uns heute auseinandersetzen. Zur Zeit meiner Oma gab es vielleicht den Zappelphilipp. Furchtbarer Hunger war den Menschen viel mehr ein Begriff.

Die Umstände haben sich geändert. Genauso haben sich die gesellschaftlichen Konstellationen geändert. Familien gibt es noch immer. Für eine Großfamilie wird man heute in der Regel schon mit drei, mindestens mit vier Kindern gehalten. Damals waren es knapp 20 Leute, die zum Kern der Familie gehörten (zumindest bei meiner Oma). Damals haben und mussten alle anpacken. Kinder zählten als Arbeitskraft. Es ist nicht lange her, da musste der 12-Jährige richtig schwere Arbeit leisten, um das Leben der Familie mit abzusichern. (150 Jahre sind Nichts, wenn man bedenkt, dass in dieser Zeitspanne Kinderarbeit nur langsam weniger wurde. Mal abgesehen davon, dass sie noch heute in vielen Ländern ein großes Problem darstellt.)

Familie ist im Wandel. PatchWork-Familien, SingleHaushalte, AlleinerziehendenHaushalte und andere alternative Lebensgemeinschaften sind heute in aller Munde. Schön, dass wir trotzdem immer mal wieder zu unseren Wurzeln zurückfinden und Ideen, wie MehrgenerationenHäuser wieder populärer werden.

Vieles hat Einfluss auf unser Familienleben: die Jobsituation, unsere persönliche Lebenseinstellung und Sicht der Welt, Schicksalsschläge, gesellschaftliche Momente, Finanz- und Wirtschaftskrisen. Familien sind wir so oder so. Aber wie wir dieses ‚Unterfangen‘ erleben und gestalten, hängt stark von uns selbst ab. Haben wir den Mut neue Wege zu gehen? Muss die Frau Zuhause bleiben bei den Kindern? Oder anders: Muss sie arbeiten gehen, um zu zeigen, dass Familie und Job miteinander vereinbar sind? Wieviel Arbeit lässt sich mit Familie aus finanzieller Sicht vereinbaren?

Wie schaut die wohnliche Situation aus? Wir haben Freunde, die sich darauf eingelassen haben, auf einem Projekthof mit anderen zuvor fremden Menschen zusammen zu leben. Dann gibt es da noch das befreundete Pärchen, das ein Haus gebaut hat, um mit den Eltern, die jetzt eben auch älter geworden sind, zusammenzuziehen. Befänden wir uns nicht in einem MietVerhältnis, dann wären wir vermutlich mit einer Freundin und ihrem Kind zusammengezogen. Ich finde es schön, Leben zu teilen. Und mal ehrlich, indem wir mit anderen Menschen zusammenziehen, wächst man plötzlich, ohne es vielleicht gleich zu merken zu einer Familie zusammen.

Natürlich hat alles seine Vor- und Nachteile. Kinder zur Welt bringen und groß werden lassen?! Das größte Erlebnis und die anspruchvollste Herausforderung, der ich bisher begegnet bin. Viele Menschen, die ich kenne, genießen ihr Leben zu zweit, in ihrer Altbauwohnung oder ihre damit verbundene Freiheit. Nicht unter einem Dach mit den Eltern zu leben hat mit Sicherheit viel Entspanntes. Hat man Oma und Opa aber doch in unmittelbarer Nähe, kann das ein großer Segen sein, wenn es abends mal ins Kino gehen soll oder wenn aus irgendwelchen Gründen mal wirklich Not am Mann besteht.

Wie seht ihr das? Was macht für euch Familienleben aus? Wieviel Nähe und wieviel Abstand ist euch wichtig? Wie erlebt ihr Familie? Erzählt doch einfach mal…

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Ein Gedanke zu „Familie – Früher war alles anders (6)“

  1. Dieses Thema beschäftigt mich derzeit sehr, arbeite daran schmerzhaft fast. Ich bin ein Kind der Nachkriegszeit, somit habe ich eine großflächige Vergleichsmöglichkeiten mit dem „Vorhin und Nachher und jetzt“.
    Zusammengefaßt, es hat alles seine zwei Seiten, egal welche Lebensform bestimmend ist. Rückblickend wird mir mehr denn je bewußt, besonders wo derzeit meine inzwischen 93 jährige Mutter am Ende ihres Lebens steht, das Weitere kann sich doch sicher jeder vorstellen, was mich aufwühlen wird. Ich habe meine Kinder umsorgt, ihnen ebenso Zärtlickeit und versucht, auch für mich fehlende Aspekte bei ihnen einzubringen. Schwierigkeiten gibt es überall, doch die Familienzugehörigkeit war bereichernd! Man unternahm vieles gemeinsam, dachte mehr umsorgend und kam sehr viel öfters zusammen. Das hat die Bande einfach mehr zusammengeflochten, das mir heute abgeht. Ich würde mir sehr wünschen, dass auch bei mir eines meiner Kinder spontan mit meinen Enkel überraschend vorbeischaut, das ein Gefühl vermittelt, es hat jemand Sehnsucht nach mir, ich bin noch ein Stück Mutter! Wir sind gemeinsam zu Unterhaltungen gegangen, heute vergißt man darauf, auch die Mama zu fragen, ob sie Lust hat mitzukommen. Es gibt einen Gutschein den mir die Kinder schenkten, einen Tag miteinander zu verbringen, zu wandern. Der liegt noch immer uneingelöst seit Jahren in der Lade. Das stimmt mich traurig! Es fallen Worte, die das Gefühl vermitteln, ich habe ausgedient. Ein Beispiel: ich bot vor einigen Jahren meiner Tochter Hilfe an, wenn sie mich braucht. Darauf die prompten Worte waren, das würde sie sich schon selber machen, der Ton macht die Musik. Aber sie wird es auch zu spüren bekommen, wenn ihre Kinder flügge werden und plötzlich Leere im Haus sich breitmacht. Da denke ich an Streitigkeiten mit meinen Eltern, die überall vorkommen, und trotzdem sind wir das Wagnis eingegangen, mit Freude etwas zu unternehmen. Das vermisse ich. Die heutigen Generationen scheinen einfach nur rosarote Brillen zu tragen, Probleme geht man aus dem Weg, sie sind zu unbequem. Somit traut man sich kein Thema anzufangen, weil man sich sonst als unerwüscht fühlen könnte.
    Ich liebe meine Kinder, ich wünschte mir diese, habe reizende Enkelinnen. Doch die Zeit vergeht, ich habe zu wenig von diesen noch heranwachsenden Menschen genießen können. Ja, wurde ich gebraucht – man suchte mich.
    Ich helfe gerne, es freut mich dabei, doch ich suche einfach noch nach einem Rest der damaligen Zusammengehörigkeit. Das bekommen die heutigen Familien nicht mit. Es wird ihnen auch nicht mehr vorgelebt. Doch, es gibt auch Schönes in meinem Leben, nicht nur Negatives. Mir kommt einfach alles mehr zu Bewußtsein, weil ich meine Mutter immer schwächer werdend erlebe, hilflos dabei bin, aber die Liebe zur Mutter wird plötzlich heftig spürbar, der Vergleich wird deutlich zu heute. Geht es nur mir so oder ….?

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