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Familie und Beruf – Früher war alles anders (11)

Heimarbeit. Halbtags. Vollzeit. Was soll frau machen? Familie? Beruf? Familie oder Beruf? Familie und Beruf? Beruf und Familie?

Frau stellt sich diese Frage sehr viel häufiger als Mann. Natürlich, das liegt in der Natur der Sache. Schließlich sind wir Frauen und unser System Körper darauf ausgerichtet, Kinder in unserem Bauch heranwachsen zu lassen, sie zu beschützen, Mutterinstinkte zu entwickeln und letztlich auf die Welt zu bringen.

In der Schwangerschaft geht es spätestens damit los, dass frau sich Gedanken macht und auch machen muss, wie ihr Job weiterlaufen kann und wird. Nur Mutterschutz? Oder doch Elternzeit? Ein Jahr? Zwei Jahre oder drei Jahre? Vielleicht doch ganz kündigen? Früher ging frau während der Feldarbeit in einen Graben, gebar ihr Kind, legte es dort zur Seite und ging zurück aufs Feld. Krasse Vorstellung, nicht?! Ich gebe zu, ich kann mir das nicht vorstellen, nach all der Anstrengung, die mit so einer Geburt verbunden ist. Aber selbst heute gibt es Frauen, denen das Kind sozusagen aus dem Schoß fällt. Anderes Thema. Ich schweife ab.

Worauf ich hinaus will: Die Konstellation Familie und Beruf beziehungsweise die Entscheidung zwischen beidem gibt es noch nicht sehr lange. Manchmal habe ich das Gefühl, dass dieses Thema erst heute Thema geworden ist. Ein Thema, das uns Frauen  erst heute in schwierige, zumindest in Verlegenheit bringende Situationen manövriert. Denn früher war scheinbar, ich betone scheinbar, für Frau alles etwas leichter, weil: „es war eben so“.

Ich habe einige Freundinnen, die vor der Geburt des erstens Kindes ganz klar wussten: „Ich gehe auf gar keinen Fall wieder arbeiten! Wenn ich ein Kind oder mehrere bekomme, dann bleibe ich Zuhause. Wozu bekomme ich denn ein Kind? Ich entscheide mich für die Familie. Wieso soll ich mich bei meinem Job abmühen, wenn mein Mann in seiner Branche so viel mehr verdient?“
Dann gibt es da noch die Freundinnen, die klar hatten: „Ich gehe auf jeden Fall arbeiten. Ich bekomme das Kind, gehe vielleicht in den Mutterschutz und dann auf jeden Fall wieder zur Arbeit. Wozu habe ich so lange studiert? Wieso muss ich Zuhause bleiben, wenn der Mann sich das HausmannDasein gut vorstellen kann? Warum soll ich ein schlechtes Gewissen haben, weil ich möchte, dass meine Kinder gut versorgt sind? Eben auch finanziell?“

Ich lege mich jetzt mal nicht auf irgendwelche spezifischen Jahrzehnte fest, sondern spreche von ganz früher, früher und heute.
Ganz früher gab es nach meinem Gefühl nicht diese Unterscheidung zwischen Familie und Beruf. Das lag schlichtweg daran, dass es einfach nur darum ging zu (über)leben. Der eine lief der Wildsau im Wald hinterher, der andere sammelte Beeren und kümmerte sich um die Kinder. Damit sie nicht von wilden Tieren verschlungen wurden.
Früher ging der Mann morgens aus dem Haus in ein Büro oder auf die Baustelle und brachte am Ende der Woche oder eines Monats Geld nach Hause, mit dem sie die Kinder bekochen, ankleiden und pflegen konnte.
Heute gehen beide aus dem Haus, wenn möglich oder zumindest nötig. Verdienen Geld, das sie ausgeben, um einen gewissen Lebensstandard zu halten, oder um über die Runden zu kommen, oder weil sie ihren Job einfach auch lieben.

So, und wenn wir ehrlich sind, kann ich alle drei empfunden Vorstellungen von der Vergangenheit und Gegenwart mischen und finde heute alle drei Lebenskonzepte in unserer Gesellschaft wieder. (Mein Mann bringt die Wildsau allerdings abgepackt mit nach Hause.)

Früher war alles anders, heute auch. Ich hatte für mich klar, dass ich wieder arbeiten gehen werde. Mir ging es damals so, dass – nach zehn Monaten Elternzeit – die ersten 20 Minuten außer Haus eine Katastrophe waren. Hier Zuhause lief alles prächtig. Aber ich hatte das schreckliche Gefühl so ganz am falschen Ort zu sein. Dieses Gefühl hat mich innerlich zerrissen und hätte mich kaputt gemacht, wäre ich nicht eingeschritten. Ich habe gekündigt und mir überlegt, dass ich eins nach dem anderen mache. Ich muss nicht Familie und Beruf vereinbaren und parallel laufen lassen. Sicher, es ist ein Geschenk, dass ich überhaupt Zuhause bleiben kann. Das würde nicht gehen, wenn das Gehalt des Mannes auch nur ein bisschen tiefer läge. Sicher, nicht jeder wird es so ergehen, dass sie sich fehl am Platz fühlt, wenn sie zur Arbeit geht.

Ich konnte und wollte erleben, wie meine Kinder groß werden. Wie sie das sprechen lernen, krabbeln, laufen, Türme bauen, lächeln, greifen, lachen, quieken, Laufrad fahren, selbständig essen und und und. Danach habe ich mich einfach mehr gesehnt als nach allem anderen. Dafür nehme ich sogar das „bisschen Haushalt“ in Kauf, für das ich irgendwie auch ein bisschen mehr zuständig bin. (Das liegt aber mehr an meinem hier sein. Vor Ort. Im Chaos. Gepaart mit meiner niedrigen Frustrationstoleranz.)

Mir erging es daher letztlich anders: Ich blieb wider Erwarten Zuhause. Ähnlich ging es vielen meiner Freundinnen, die plötzlich doch arbeiten gingen, obwohl sie doch geplant hatten Zuhause zu bleiben. Wieder scheint zu gelten: Jede muss ihren Weg suchen, finden und gehen. Eine befreundete Mama, die nach einem Jahr Elternzeit wieder arbeiten gegangen ist, hat mir mal zwei Tage ihres Alltages „zu Papier gebracht“. In den nächsten Tagen werde ich ihre zusammengestellten Erlebnisse als berufstätige Mama bloggen.

Erneut komme ich zu dem Schluss: Wir Frauen, besonders wir Mamas sind großartig. Wir haben echt viele wichtige Entscheidungen zu treffen, können nicht tagelang oder wochenlang abwägen, sondern müssen oft genug handeln, auch wenn wir uns noch gar nicht richtig sicher sind. Wir sehnen uns nach unseren Kindern und nach Romantik. Nach neuen Herausforderungen und den Eroberungstaten des Mannes an unserer Seite. Manches lässt mal auf sich warten. Solange kümmern wir uns um die angetrockneten Spaghetti am Kinderstuhl, einen guten Start der Kinder ins erste Schuljahr oder kutschieren sie zur musikalischen Frühförderung oder dem Waldkindergarten 15km außerhalb der Stadt. Keine Mama entscheidet sich mal eben so dafür Zuhause zu bleiben. Keine dafür 8h am Tag nicht Zuhause sein zu können.

Wie habt ihr es gemacht? Was sind deine Erfahrungen? Wie reagiert dein Umfeld auf deine Entscheidung bzgl. Familie und Beruf?

2 Gedanken zu „Familie und Beruf – Früher war alles anders (11)“

    1. Vielen Dank für den Link! Habe ihn mal geklickt und die verschiedenen Mutterbilder quergelesen. Wirklich eine interessante und in vielen Punkten äußerst treffende theoretische Zusammenstellung. Ich hatte bei gleich dreien der Bilder den Gedanken, „Ja. Komisch. Oder?! Warum ist das so? Warum lassen wir uns auf sowas ein?“
      Als Versuch Mutterbilder einander gegenüber zu stellen, finde ich den Text gut. Dennoch glaube ich, dass jede ihren Weg finden muss und den auch außerhalb dieser Bilder finden kann. Das stelle ich für mich als Mutter fest, um mich eben nicht diesen gesellschaftlich vorgegebenen Bildern von mir unterzuordnen und darin zu verlieren. Vielleicht ist das zu idealistisch?

      Konntest du die Seite bisher gut für dein Kolloquium verwenden? Vielen Dank für deinen Kommentar und Link.
      Er ist sehr lesenswert!

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