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Hilfe, mein Sohn trägt Nagellack!

Nagellack für den Sohn01

Für mich ist Nagellack an meinen Söhnen inzwischen nichts Neues. Das eine Kind will lackierte Nägel, das andere kämpft sich mit Stock und Schraubenzieher durch die Armee der angreifenden Büsche und der andere läuft hinterher, der Kleinste übrigens, und krakeelt: „Keine Ahnung!“- Wo ist deine Windel? „Keine Ahnung!“ – Hast du sie ausgezogen? „Auf gar keinen Fall!“ Selbst wenn mein Mann mich fragen würde, ob ich ihm die Fußnägel lackierte, klar! Ich bin manchmal so erschöpft, dass ich manches einfach hinnehme. Also lackiere ich dem männlichen Geschlecht in diesem Haus auch die Nägel. Welche auch immer. Inzwischen. Hauptsache ich muss den Nagellack nicht an den Fingern oder Zehen haben.

Mein Sohn will Nagellack

Ich weiß noch ziemlich genau, wie mich mein erster Sohn im Kindergarten darauf ansprach, was denn das Mädchen neben ihm da an den Fingern habe?

Ich: Nagellack. Lila Nagellack.
Eine kurz angedeutete Nachdenkfalte mitten auf der Stirn, gefolgt von einem begeisterten: „Ich will auch Nagellack!“ In meinem Kopf rumorte es – bestimmt habe ich die Geschichte schon erzählt, doch sie ist nur das Intro – wartet ab!
Ich: Pass auf, ich habe keinen Nagellack, denn ich mag keinen Nagellack. Ich bin zu öko, hätte ich nachschieben können, ließ es aber sein.
„Ich aber schon. Ich will Nagellack.“
Dann vergaßen wir es beide.

Wenn ich damals von dieser Geschichte erzählte, dann ging es meistens darum, dass mein Sohn Nagellack nicht kannte, weil ich ihn nicht hatte und er aber unbedingt auch mal lila Fingernägel haben wollte. Meistens schob ich nach: Wenn er lila Nagellack haben möchte, dann darf er sich bei der Freundin die Fingernägel gerne anmalen lassen. Das ist mir echt egal. Er tat es aber nicht.

Nagellack ja, Kleider nein – aber bitte in blau!

Meist erhielt ich ein Nicken und so eine Phrase, wie „Das sind ja noch Kinder.“ Ich konnte mich dann meist nicht zurückhalten und meinte: „Stimmt. Es ist nur ärgerlich. Stellt euch mal vor, mein Kind will Karneval als Prinzessin gehen. Ist aber ein Junge und darf dann nicht. Alle würden gucken. Das wäre unfair! Dabei würde ich ihn so gerne lassen…“ Das Gespräch endete dann in der Regel mit einem stummen Nicken und der Small Talk wurde anderweitig fortgeführt. Was auch immer in den Köpfen vor sich ging. Zustimmung? Oder doch eher: „Was ist das denn für eine Mutter?“

Ich habe keine Ahnung.

Spielzeug für Jungen

Jungen spielen Traktor. Mädchen spielen Küche. Oder mit Puppen.

Entschuldigt, hier nicht. Also auch, aber nicht nur. Der eine liebt seine Dinos, der andere spielt mit seiner Küche und läuft den lieben Tag lang mit Kleid durchs Haus. Und der Mini klaut dem Großen die kleinen Spielzeugautos. Ihr Spiel ist abwechslungsreich. Oft bauen sie sich gegenseitig ihre Schätze auf, beschenken sich hin und her, zanken sich und es fliegen die Fetzen, bis dann die doofe Mama kommt und zum Frühstück ruft.

Unsere Jungs können mit wirklich allem irgendwie spielen. Meistens sind sie Forscher, das gefällt insbesondere den beiden Großen sehr gut. Abenteuer bestehen, Schätze heben und sich vor den Angreifern in Acht nehmen. Der Mittlere meint manchmal, dass er Elsa ist und verzaubert mich zu Eis. Oder sie spielen die drei Fragezeichen nach, bei der eine Prinzessin dazukommt.

Spiele für Mädchen

Ich kann ihre Begeisterung für diese Spiele verstehen. Als Robin Hood, der ich auch ganz oft heute noch bin, habe ich mich – als Mädchen und als Frau – den Bösen zur Wehr gesetzt. Ich war selbsternannte Bandenchefin oder habe als d’Artagnan die drei Musketiere angeführt. Mir war egal, was die anderen dazu sagten. Wenn mich Kinder auf dem Spielplatz geärgert haben, habe ich mich zur Wehr gesetzt. Wenn eine Mutter meinte, als Mädchen tritt man aber nicht, habe ich mich gefragt, was ich denn dann machen soll, wenn der Junge mich in den Bauch boxt? Oder an den Zöpfen zieht?

Ich fand das Spielen mit Puppen so furchtbar langweilig!! Mit Barbiepuppen habe ich später dann wieder gespielt, allerdings waren sie immer, IMMER die Heldinnen, die den Männern gezeigt haben, wie es geht.

Wie dürfen Jungs und Mädchen sein?

Wenn ältere Damen heute zu wilden Jungs meinen: „Das is ma soan richtiga Jong!“, dann gruselt es mich, wenn ich mir dieses Rollenverständnis vor Augen führe. Ich empfinde es als total ungerecht, dass Mädchen nicht genauso wild, frei und lebendig sein dürfen, wie die Jungs. Auch als Frau fühle ich mich oft in meinen Freiheiten und Möglichkeiten beschränkt und habe viele Kämpfe auszufechten. Klar, wenn ich das dann so schreibe, nickt jeder zustimmend mit dem Kopf. Klar, dürfen auch Mädchen wild sein. Umgegangen wird jedoch anders mit ihnen, so dass sowohl Jungs als auch Mädchen sehr schnell zu wissen scheinen, wie sie zu sein haben und wie eben nicht.

Der Umkehrschluss besteht nämlich leider auch. Jungen dürfen nicht zart, sanft und mitfühlend sein. Kleider tragen? Prinzessin spielen? Haarspängchen anziehen? Eine Puppe haben und sie umsorgen? Auf gar keinen Fall. Zumindest nicht ohne Erklärung und Rechtfertigung. Höchstens bis sie 3 Jahre alt sind. Vielleicht mal noch als eine der berühmt berüchtigten Phasen mit 5, dann ist aber SCHLUSS.

Freies Spiel für alle. Und Leben.

Hier dürfen sie spielen und leben, wonach ihnen der Sinn ist – natürlich gewaltfrei, was für eine Frage. Viele verstehen den Sinn des freien Spiels erst dann, wenn sie plötzlich vor Augen haben, was das in letzter Konsequenz bedeutet. Dann entstehen Fragen. An mich. An meine Kinder. Wieso spielen meine Kinder so? Wieso dürfen sie das? Warum lasse ich das zu? Weshalb könnte ich das sogar ganz großartig finden?

Es fällt mir schwer die richtigen Worte zu finden. Aus drei Gründen.

  1. Es ist ein sehr persönliches Thema.
  2. Doch noch viel mehr musste ich dazu erstmal meine eigene grundlegende und vor allem konsequente Meinung entwickeln. Mit konsequent meine ich, dass es eine Meinung ist, die eben über oben erwähnte Phrasen und Worthülsen im Small Talk hinausgeht.
  3. Das Thema birgt noch immer viel Diskussionspotential und Anfeindung. Schade und oft sinnfrei.

Dennoch schreibe ich diesen Artikel, weil ich jede Woche damit konfrontiert werde, „wie wir das handhaben.“ (Was auch immer das schon wieder zu heißen hat.)

Eines unserer Kinder findet Kleider nämlich toll! Er hat einen Riesenspaß daran hier Zuhause oder aber im Kiga mit Kleid rumzulaufen. Das weht, glitzert und fliegt so schön durch die Luft. Wenn er bei der Verkleidung zwischen einer als Schmetterling oder aber als Raubkatze wählen dürfte, dann natürlich die des Schmetterlings. Wenn als Küken oder Feuerwehrmann, dann natürlich als Küken. Na und? Was sagt das denn aus? Außer dass er es bunt mag und Leichtigkeit und „Süssigkeit“ liebt.

Man kann sich sein Geschlecht nicht aussuchen.

1. Kann ich nicht? Ich bin SuperMOM und wäre manchmal gerne Batman.
2. Wie machen das denn Hermaphroditen? Menschen, die von Intersexualität „betroffen“ sind? Ich setze das Wort in Anführungszeichen, weil ich glaube, dass es diese Menschen in unserer von Stereotypen geprägten, gelenkten und zwanghaft bestimmten Welt nicht einfach haben.

Aus meiner christlich geprägten Sicht

… konnte ich bislang keine Antworten auf diese Thematik finden. Zumindest keine, bei der ich sicher bin: „So und nicht anders sieht das Gott.“
ABER: Wenn ich erlebe, wie sich Menschen darüber auseinandersetzen, wie im christlichen Glauben Geschlechter denn nun zu sehen sind, wie sie sich verhalten dürfen und sollen, dann sehe ich vor meinem inneren Auge einen Gott, der den Kopf schüttelt.

Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Gott es für richtig, sinnvoll und gut hält, dass wir durch diese Fragestellungen uns gegenseitig verletzen, in Streit auseinander gehen und aneinander scheitern. Allerdings gab es keine göttliche schriftliche Ausführung dieses Themas.

Wir leben in einer Welt, die von so vielen wirklichen und echten Problemen betroffen ist, wieso schaffen wir uns dann bloß zusätzliche? Auf dese Frage finde ich keine Antwort. Im gleichen Moment führt es mir vor Augen, wie irrwitzig eine Diskussion über Spielzeugvorlieben meiner Kinder ist.

Man muss das ja nicht auch noch unterstützen.

1. Was denn jetzt genau? Was muss ich nicht unterstützen? Dass er pink und lila toll findet? Dass er mit Kleid im Kiga rumläuft?2. Ich halte viel von stärkenorientierter Potentialentfaltung. Mein K2 hat einen ganz feinen Sinn für das Schöne. Für das, was Leichtigkeit, Heiterkeit und Freude in uns auslöst. Er ist gut so, wie er ist. Noch mehr als das! Er ist großartig und ein Geschenk des Himmels.
Ich seh ja gar nicht ein, dass ich ihm sein kleines Herz breche, nur weil es Erwachsene gibt, die sich durch Engstirnigkeit selber in ein Gefängnis von traurigen und trostlosen Ansichten gesperrt haben.

Warum ich diesen Artikel schreibe?

Ich weiß nicht. Vielleicht ist es einfach nur mal Psychohygiene und ein Plädoyer für meine Söhne, die ich nach bestem Wissen und Gewissen zu großartigen Jungs erziehen möchte, die in sich ausgeglichene und starke Persönlichkeiten werden konnten.

Eine Frage an euch? Bleibt heute aus. Ich frage mich, was der ein oder andere Leser wohl denkt, wenn er das hier liest. Bestimmt. Doch so wie oben, sehe ich es.

21 Gedanken zu „Hilfe, mein Sohn trägt Nagellack!“

  1. Wunderbar ausgedrückt liebe Rage.
    Diese engstirnigkeit von anderen ist wirklich nicht leicht zu ertragen und ich frage mich auch immer, haben die keine anderen Sorgen? oder warum müßen die einem in die eigene Erziehung rein reden.
    Meine Mädels durften auch mit Jungssachen spielen und als die Kleine sagte sie will in den Fußballverein haben wir auch das nicht verboten (allerdings hat sie schnell festgestellt das Kunstturnen und Fußball zusammen zu viel Zeit kosten würde, also doch kein Fußball sondern weiter nur Turnen was sie zu der Zeit schon einige Jahre machte)
    Eine Bekannte von uns damals hatte zwei Jungs und der kleinere hat auch mit Puppen gespielt und sie im Puppenwagen draußen spazieren geschoben. Seine Mama hat damals den gleichen Kram zu hören bekommen wie du heute. Sie hat sich aber auch nicht beirren lassen und immer gesagt, wenn er damit spielen möchte oder rumlaufen möchte und es ihn glücklich macht dann darf er das auch.

    Ich kann dir auch nur raten lass dich nicht beirren du machst das genau richtig,
    denn dein Lütter ist glücklich und nur das zählt.

    Lg Aurelia

  2. Einfach machen lassen, sag ich mal. Wir bekommen als Regenbogenfamilie so viele „gute Tipps“, dass es auch schon egal ist. Wenn ich auf Fragen in der Richtung „Spielt der Junge nicht zu weiblich“ (was immer das heißen mag) antworte, dass ich das nicht beurteilen könne, weil ich immer „wie ein Junge“ gespielt habe, ist meistens Ruhe. Ähnlich hilfreich ist der Hinweis, dass wir den Vorteil haben, dass wenigstens der Kindsvater Ahnung vom Schminken hat, weil das beiden Müttern abgeht. Es dauert allerdings meist etwas, bis sich der Mund des Gegenübers wieder schließt ;-)

    Im übrigen finde ich es viel schwieriger, mit dem „nicht reden“ und der körperlichen Auseinandersetzung umzugehen, die unser Sohn aus der (guten!) KiTa mitbringt. Einfach deswegen, weil mir da der Erfahrungshintergrund fehlt ….

  3. Hallo Rage,

    die von dir beschriebene Engstirnigkeit beobachte ich auch immer wieder. Und trauriger Weise wird sich das auch nicht ändern, denn es kommen immer wieder Menschen nach, die aufgeklärt werden müssen.

    Deshalb: Weiter so!

    Lieber Gruß,
    Philipp

    1. Hej Philipp, danke! Weiter so! ist manchmal gar nicht so einfach. Wir befinden uns letztich ja auch in einer Situation, mit der wir umgehen lernen müssen. Ich merke, dass ich vieles mit ganz anderen Ohren höre und Augen sehe als der große Rest.

      Mein Kind zeigt mir eine Welt, die ich einserseits großartig finde, weil sie Freiheit lebbar macht. Aber gleichzeitig gibt es die Kommentare, Haltungen und Reaktionen – gerade aus dem engeren Bekannten- und Familienkreis, mit denen ich am wenigsten gerechnet habe.

      Mit Menschen, die mir eigentlich nicht so nahe stehen, komme ich dann plötzlich ins Gespräch und es stellt sich heraus, dass sie viel offener, herzlicher und „liebevoller“ sind, als erwartet. Vor allem im Vergleich mit vermeintlichen Freunden… Das bedrückt mich daran am meisten.

  4. Wir Mädchen können umgekehrt alles anziehen wenn wir keine Tussi sein wollen. Bikerboots, Lederjacke. Jungs sind da umgekehrt klar im Nachteil. Noch. Ich denke, mit dem Thema Jungs und Hochsensibilität, das immer mehr in den Medien ist, ist das auch bald kein Problem mehr. Mein Lieblingsbassist trägt auch Rock. Ich fühle mich schon ungewöhnlich normal wenn ich bei Gleichklang die Kontaktanzeigen lese. Hätte noch pink mit Glitzer im Angebot. :)

    1. Das finde ich auch. Ich wollte nie „Tussi“ sein. Kein Problem! Aber umgekehrt sehr wohl.

      Ich hoffe, dass sich da was ändert… Sehr sogar!

  5. Liebe Rage,

    du hast vollkommen recht! Und das Thema bietet wirklich viel Raum für Diskussionen.
    Ich persönlich fand als Kind Mädchensachen total toll! Meine Schwester war da etwas burschikoser, würde ich sagen. Und mein Bruder hatte auch eine Puppe. Beim Spielen gab es für uns praktisch keine Grenzen. Vom Bettler über Nomaden bis hin zu Waisenkindern auf der Flucht, haben wir so ziemlich alles durchlebt was wir in irgendeiner Form mitbekommen, gehört, gelesen oder gesehen hatten. Und so verstehe ich auch Spielen und Kindheit insgesamt. Als eine Zeit und einen Raum in dem nichts unmöglich ist. Und wo jedes Kind sein und tun kann was es möchte (Natürlich in einem gewissen Rahmen! Aus dem Fenster springen oder allein Autofahren geht natürlich nicht.)
    Mein Bruder hat damals auch Kleider (von uns Mädchen) angezogen. Aber es stimmt, wenn Jungs sich sehr „weiblich“ kleiden kommt das meistens nicht so „gut an“. Besonders dann, wenn sie es ernst meinen und sich nicht nur mal kurz verkleiden wollen. Wenn Mädchen Cowboys oder Feuerwehrmänner spielen stört das eigentlich keinen. Das ist wirklich unfair!
    Ich glaube viele von uns sind da irgendwie einfach noch zu engstirnig.

    Ich habe gelesen, dass Mädchen, die viel mit Puppen gespielt haben oder sogar als Kinder echte Babys versorgen durften, später mit einer möglichen Mutterrolle besser zurecht kommen. Sie sind praktisch schon geübt darin und fühlen sich sicherer. Im Hinblick auf die sich verändernde Männerrolle ist es dann doch eigentlich sehr interessant, dass manche Jungs gerne mit Puppen spielen oder sich eine Puppenküche wünschen. Letztlich finde ich es toll wenn mein Mann sich liebevoll um unsere Tochter kümmert, kocht und im Haushalt hilft. Und ich denke das geht nicht nur mir so. Warum sollen Jungs diese Dinge dann nicht auch schon als Kinder tun dürfen?!

    Was mir außerdem zu diesem Thema einfällt, wir sind total vernarrt in unsere kleine Tochter! Und in alles was sie tut. (Auch wenn das vielleicht etwas bescheuert klingt.) Das heißt in der Praxis, egal ob sie nun Tierärztin wird oder Fußballer, ob sie mal auf Puppen abfährt oder lieber auf Bäumen herumturnt, wir werden sie immer lieben und uns mit ihr für alles begeistern was sie begeistert. Denn Begeisterung ist einfach toll und ansteckend! Völlig wurscht ob sie den gängigen Rollenvorstellungen entspricht oder nicht. So sehe ich das ;)

    Liebe Grüße,
    Isi

    1. Es geht mir ähnlich Isi!

      1. Begeisterung ist ansteckend und die wünsch ich jedem meiner Söhne. Auch dem Kleinsten, der Polizeiautos einfach großartig findet!
      2. Was ist die Alternative? Wozu wird der Druck führen, den ich wegen nicht nachvollziehbarer Rollenzuschreibungen ausüben könnte? Heute und in Zukunft? Wenn mein Sohn dann 15, 18 oder 23 ist?

  6. Unsere Kinder hatten alle eine Puppe, und Autos, und Playmobil etc. egal ob Mädchen oder Junge. Im Kindergartenalter wollte Sohnemann immer ein Kleid tragen. Zuhause durfte er das, in der Öffentlichkeit nicht, um ihn zu schützen vor blöden Kommentaren. Wir haben ihm das auch erklärt. Er spielte lieber mit Puppe und Plüschtieren, während Töchterchen ein Wildfang war, auf jeden Baum kletterte und Spielzeug eigentlich blöd fand. Lieber mit einem Sackmesser schnitzen oder im Matsch spielen. Heute habe ich zwei grossartige junge Menschen im Haus, eine feinfühligen jungen Mann, der seine Freundin über alles liebt, und eine taffe Tochter die sich nichts vom Teller nehmen lässt, aber sehr weiblich ist und Schmuck und schöne Kleider liebt.

  7. Spannendes Thema und gut geschrieben. Unser Sohn (5) macht seid 1 1/2 Jahren Ballett – die Sprüche, die wir, aber auch unser Sohn zuhören bekommen haben, waren schon abenteuerlich. Dazu ist rosa seine Lieblingsfarbe…. er weiß aber auch schon ganz genau was wo geht “ rosa nicht im Kindergarten“. Schade eigentlich, aber auch irgendwie schön dass er sich nicht ganz hat abschrecken lassen.
    Was mir noch aufgefallen ist, dass es echt tolle Ritterprinzessinnen Bücher gibt, aber wenige in denen Jungs mal einfach sein dürfen. Vielleicht habe ich sie auch noch nicht gefunden :-)

  8. Hallo!
    Mein Sohn, 5 Jahre, liebt rosa, Glitzer, die Eiskönigin Elsa, möchte lange Haare haben, die im Wind flattern, außerdem spielt er Fußball, ist wild und ich liebe ihn unheimlich, weil er frei ist und so positiv. Er steht jeden Morgen mit einem Lächeln auf!
    Liebe Grüße!

  9. Hallo Rage,
    danke für diesen Artikel, du sprichst mir wirklich mit so manchem aus der Seele. Mein Sohn hat lange Haare, das allein reicht schon aus, um in der Stadt regelmäßig schief angeguckt zu werden. Mittlerweile braucht er die Haarspange nicht mehr, die er ein gutes Jahr trug, damit die Fransen nicht im Gesicht hängen. Ich ertappte mich selbst dabei, ihm nur gelb und grün rein machen zu wollen, damit es nicht zu übertrieben „mädchenhaft“ aussieht. Als er dann selbst die lilanen aussuchte, war das für mich irgendwie eine Erleichterung, wie eine Legitimation ihm auch die „Mädchenfarbigen“ ins Haar zu machen. Total bescheuert, oder?
    Wie ich hier schrieb (http://bluebottles.net/2015/06/07/mein-sohn-traegt-eine-haarspange/), wünsche ich meinem Kind, dass er seinen eigenen Weg geht, seinen Interessen folgt, sich kleidet, ausdrückt und selbst definiert, ganz so, wie er es möchte und sich wohl dabei fühlt.
    Ich hoffe, unsere Welt wird mit der Zeit doch noch offener in Bezug auf persönliche Freiheit und Identität. Dann muss ich mir vielleicht von meinem Schwager auch nicht mehr so doofe Sprüche anhören, dass mein Kind ja ganz dünne Haare kriegt, wenn ich sie ihm jetzt nicht abschneide oder dass er so bestimmt schwul werden wird (als ob das a) etwas Unerwünschtes oder b) in einem kausalen Zusammenhang mit langen Haaren und Spängchen stehen würde?!)
    Danke fürs Thematisieren.
    Herzlich
    Jitka

  10. Hallo alle miteinander,

    Bei diesen interessanten Geschichten möchte ich gerne etwas zum Lebenslauf meines inzwischen 16 Jahre alten Sohnes mitteilen.
    Ich war lange alleinstehend und im Schichtdienst berufstätig, daher ist mein Sohn oft bei meiner Mutter (ein „altes Hippiegirl“) und meiner Tante aufgewachsen, die gemeinsam eine Schneiderei mit kleiner Boutique betreiben.
    Gegen Haarschnitte hat er sich schon früh gewehrt, Mutter meinte zu Recht: „ein aufgezwungener Haarschnitt ist Körperverletzung“ und deshalb wuchsen die Haare. Mit 3 Jahren wollte er Zöpfe geflochten bekommen, denn die Tochter einer Aushilfsmitarbeiterin, trug ebenfalls lange Zöpfe und so wurden die beiden gute „Spielkameraden“. Er durfte immer wieder gerne in der Schneiderei als „Model“ für Mädchen-Kleidung herhalten, was ihm auch sichtbar Spass gemacht hat.
    Wenn wir shoppen gingen oder Sonntags- und Urlaubsausflüge machten, ist er immer als Mädchen gestylt gewesen und wurde von Verkäufern, Kellnern und anderen Leute dann als „kleine Dame“, „junges Fräulein“ o.ä. angesprochen. Nach anfänglicher Skepsis amüsieren Mutter und ich uns genau so wie er ganz köstlich.
    Zur Einschulung bekam er den bisher einzigen Haarschnitt in seinem Leben, Hauptsächlich weil die Haare mit Knetgummie verklebt waren. Zum Trost bekam er eine Prinzessin-Perücke mit langen Zöpfen. Seitdem wachsen die Haare wieder heute reichen sie schon fast bis zu den Kniekehlen (wenn er sich zurückbeugt). Auch als Mädchen stylt er sich immer noch gerne, allerdings, nach Stimmbruch und mit erstem Bartwuchs wird es schon schwerer.
    Er selbst bezeichnet sich als Crossdresser, sucht aber nach Mädchenfreundschaften und es scheinen sich zu einem 13jährigen Mädel in der Nachbarschaft nette Kontakte anzubahnen.
    Eine Lehrstelle in einem Gartenbau-Betrieb hat er kürzlich zugesagt bekommen, er darf dort schon für ein Taschengeld jobben. Seine langen Haare dürften kein Problem sein, denn dort arbeitet schon ein Mann mit sehr langen Zopf.
    Na , ich meine er ist auf einem guten Weg, ich bin stolz auf ihn.

    P.S. Ich bin derzeit auch mit einen sehr langhaarigen Mann liiert, als wir 3 kürzlich (jeder von uns hatte die Haare in 2 Zöpfe geflochten) auf Einkaufsbummel in einen grossen Shopping-Center waren, haben uns manche Leute ganz schön verduzt angegafft, aber wir haben unseren Spass gehabt.

    Liebe Grüsse

    Micabella

    1. :D Sehr gut! Bewundernswert, dass ihr euren Weg gefunden habt. Auch und besonders im Umgang mit euren Mitmenschen. Das finde ich echt das schwierigste an der ganzen Sache… Schade eigentlich!

  11. Hallo Rage,
    Mein Sohn ist vier und wir leben in einer bayrischen Kleinstadt. Im Urlaub hat er begeistert ein Strandkleid angehabt, er lackiert sich gern mal die Fußnägel. Jetzt haben wir gebraucht ein lila Glitzerfahrrad übernommen.Ich habe ihn schon mal vorgewarnt ,dass in der Kita welche sagen können“ hey das ist ja ein Mädchenfahrrad“. Er meinte dazu “ aber Mama Jungs können mit Mädchensachen und Mädchen mit Jungssachen…
    Ich finde ja die Unterscheidung schon blöd , habe lange in Berlin gelebt aber hier ists halt dann doch anders und ja ich könnt mindestens einmal am Tag kotzen über den Satz „Jungs halt“, oft schluck ich meinen Kommentar dann doch runter. Heiraten will er im Moment seinen besten Freund und ich hoffe dass er weiter so frei im Denken bleibt
    Herzliche Grüße,
    Sabine
    Und oh wir hatten am Montag auch einen Bienschwarm, aber Gott sei Dank gut erreichbar am Baum vorm Haus

    1. Ich muss auch so oft schlucken… Mein Sohn auch: Aber Mama, ich kann auch mit Mädchensachen spielen. Ich bin ein Junge, aber ich mag Mädchenkram! Herrlich :*

      Hui, auch Bienen! Habt ihr sie auch gerettet?

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