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Neues BuchProjekt. Ein Auszug.

… Ich schaue auf die Uhr. Oje, fast Mittag. Die beiden Söhne müssen heute von mir abgeholt werden. Hastig spurte ich die Treppenstufen ins Erdgeschoss hinunter. Vor dem großen Spiegel bleibe ich stehen. Die Frau, die mich anschaut sah mal schlank und fit aus. Jetzt blickt mich aus müden Augen, mit breiteren Hüften und einem kleinen Rettungsring unter der Hose, eine zersauste Frau an.

Das konntest du auch schon mal besser.“

Während ich nach dem tragbaren Telefon suche, geht das Selbstgespräch weiter.

Was konnte ich besser? – Na aussehen. Sport machen. Sowas halt.“

Ich richte meinen Kopf kurz zur Deckenlampe. Ich kann das blöde Telefon nicht finden.

Ach sowas. Ja. Stimmt. Jetzt organisiere ich auch nicht mehr nur noch ein Leben, sondern vier.“

Aber…“ zischt es mir durch den Kopf.

Kein Aber!“

Denn jetzt ist jetzt und gestern war gestern. Die Betonung liegt auf war. Ich lasse mich auf die unterste Treppenstufe plumpsen und schlüpfe in meine Halbschuhe. Natürlich ohne meine Hände zu nutzen, so wie ich es dem Jüngsten jeden Tag immer und immer wieder aufs Neue sage. Wo hatte ich mit dem Kinderarzt telefoniert? Wir hatten doch heute telefoniert, oder? Hatte ich heute beim Kinderarzt angerufen?

In dem Moment klingelt es an der Haustür.

Mein Blick hastet zur Küchenuhr. Nur noch eine Viertelstunde und ich muss in der Kindertagesstätte stehen.

Ich rolle genervt mit den Augen, kurz bevor ich die Tür mit einem fragenden Lächeln öffne.

Hallo?“

Zwei junge Menschen stehen vor der Tür. Etwa so alt wie ich, irgendwas Mitte oder Ende zwanzig. Ein Mann und eine Frau. Sie tragen beide die typische Kleidung von Vetretern. Er im dunklen Anzug schenkt mir sein weißes Strahlemannlächeln. Sie im Kostüm steht, natürlich, in der zweiten Reihe. Die Ansprache der Kundin übernimmt, natürlich, er.

Hallo. Wir kommen von basari und haben ein tolles Telefonangebot dabei. Sind deine Eltern zufällig Zuhause?“

Meine Eltern?

Ääh bitte?“

Genau! Alles rundum. All inclusive. Handy ,Internet, Fernseh und Telefonanschluss. Ist deine Mutter zu sprechen?“

Wie krass ist das denn? Bin ich im falschen Film? Ich schaue an mir herunter. Hatte ich vielleicht irgendeine zeitliche Entwicklung verpasst?

Ja, ich trage noch meine geflickte Jeanshose mit dem leichten Schlag und ein pinkrotes blumiges Oberteil. Aber bitte. Sowas trage ich, wenn ich arbeite, wenn ich schreibe oder auch lästige Hausarbeiten erledige. Hallo?

Ich räuspere mich und antworte: „Nein, meine Mutter ist nicht zu erreichen. Ich kann Ihnen aber ihre Festnetznummer geben.“ Ein leichtes Stirnrunzeln der Frau aus der zweiten Reihe bleibt ihm unbemerkt, so dass er fragt: „Vielleicht ist dein Vater da?“

Bin ich hier bei „Verstehen Sie Spaß?“ oder ist das irgendeine andere Art der Überraschung von Freunden? Was soll das werden? Vielleicht habe ich es auch mit Kriminellen zu tun?

Meine Augenbrauen ziehen sich leicht zusammen, ich überlege mir, mit wieviel Wucht ich die Tür dem Mann gegen den Kopf schlagen könnte. Zufällig begebe ich mich in einen leichten Ausfallschritt und sage: „Ich kann ja mal meinen Mann anrufen. Der müsste gerade unterwegs hierher sein, um seine Mittagspause mit mir und den Kindern“, ich stoppe und füge hinzu, „mit unseren Kindern, zu verbringen. Kann ich Ihnen weiterhelfen?“

Der Mann wird käsig um die Nase und blickt mich entgeistert an. Dann röten sich seine Wangen und er ist derjenige, der sich nun räuspern muss: „Ich äh, also. Na dann, haben Sie vielleicht Interesse an…“ Ich mache es ihm leichter und schüttle den Kopf. Alles gut. Unsere Handyverträge waren gerade neu abgeschlossen, wir brauchten kein Fernsehen und Internet und Telefon liefen zwar gerade aus. Aber basari kam irgendwie nicht in Frage. Auch wenn sie mich jünger machten als ich mich fühlte. Die beiden Menschen stürmten die fünf Treppenstufen zu unserer Haustür hinunter. Bis auf ein entschuldigendes Lächeln der Frau und einen hochroten Kopf, der mich an eine Küstenboje erinnerte, sah ich nur zwei schicken Vertreterrücken hinterher.

Wie schräg. Sah ich aus wie 15?

Natürlich manchmal fühlte ich mich so, wenn die Jungs nicht taten, worum ich sie bat und ich immer und immer wieder sagen musste, was ich wollte. Das erinnerte mich doch stark an meine Pubertät, in der ich meine Wünsche auch nur schwer umgesetzt bekam. Kam man da vielleicht nie raus? Damals meine Mutter, heute die eigenen Kinder?

Draußen ertönen die Kirchenglocken.

Ich zucke zusammen. Oh nein! Bitte nicht! Schon so spät? Schon wieder würde ich zu spät ankommen. Schon halb draußen die Erinnerung an meine Hose.

Mist. Mist. Mist. Mist. Mist.“

Noch während ich mich selber schimpfen, renne ich unsere alte Holztreppe hinauf, ziehe mir dabei die Hose aus und schlüpfe im Bad in meine Rausgeh-Hose. Viel besser für das Auftreten in der Öffentlichkeit. Wieder an die Haustür zurückgekehrt, greife ich nach meinem Schlüssel. Sein charakteristisches Klimpern hatte ich bei der Umziehaktion noch gehört, doch jetzt war er nicht da. Er musste mir beim Anziehen aus der Hosentasche gefallen sein. Aber ohne kam ich nicht ins Auto. Ich musste wieder hoch.

Hargh!

Wieder laufe ich die Treppen hinauf, inzwischen zwei Stufen überspringend, um ein bisschen Zeit zu sparen. Im Flur entdecke ich an der Fußleiste den silbern blitzenden Schlüsselbund.

Dann passiert es. Während ich mich nach unten bücke, macht es ratsch!

Ein Gedanke zu „Neues BuchProjekt. Ein Auszug.“

  1. Ich weiss nicht so recht,ob das jetzt wirklich passiert ist,oder ob das nur eine Geschichte ist.aber ich,Mutter von zwei Töchterleins und zwischen Mitte und Ende 20,wurde letztens beim Zahnarzt auch begrüßt und dann mit den Worten „du kannst auch gleich in den behandlungsraum gehen“ weiter geleitet.die kennen mich nicht.der Frau war dann auch peinlich ich fänds lustig.

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