Zum Inhalt springen

TerminBummelei

„Das ist jetzt schon wirklich spät. … Zur Zeit melden sich irgendwie alle schwangeren Frauen recht spät an. …“ So eben am Telefon.
Entschuldigung, sollten Sie das hier lesen, ich war das eben in der Leitung, die zu spät sich angemeldet hat. Richtig.

Ich habe mir heute Morgen fest vorgenommen, mal überall dort anzurufen, wo ich unbedingt Termine ausmachen oder Dinge absprechen und klären musste. Eigentlich mache ich das schon seit drei Wochen. Einer gefühlten Ewigkeit also. Aber ich habe immer wieder einen Grund gefunden, dass ich keine Zeit hatte, anderes wichtiger war; tatsächlich wichtiger oder eben nicht. Vor allem ärztliche Terminabsprachen sind davon betroffen. Nicht nur der halbjährliche Zahnarzttermin (den nehme ich wider Erwarten sogar sehr ernst), sondern auch die Anmeldung zur Geburt, der noch ausstehende Abstrich wegen der Halsweh, die nächste VorsorgeUntersuchung eines der Kerle.

Termine vereinbaren. Manchmal geht mir das total gut von der Hand. Manchmal rutsche ich jedoch in meine familiäre Sozialisation zurück, die mich zwar nicht gelehrt hat, Dinge auf die lange Bank zu schieben, aber ich sehe das dort an manchen Stellen heute noch ganz häufig. Dass Dinge aufgeschoben werden, weil sie unangenehm oder auf irgendeine Weise lästig sind. Ja, und ich kenne das.

Wirklich gut geht’s mir damit nicht.
1. Ist mir dieses Verhalten irgendwie peinlich. Irgendwie hinterlässt es bei mir den Eindruck von fehlender Organisation und Unsicherheit. Beides mag ich nicht.
2. Geht es mir während des Aufschiebens an sich auch nicht wirklich gut. Schließlich habe ich die Information „Du musst da noch unbedingt anrufen.“ fortwährend in einer der hinteren Hirnschubladen verfügbar. Pausenlos. Permanent wie eine defekte StraßenReklame aufleuchtend.
Ich weiß, dass es eigentlich dumm ist und ich mir damit selber „ins Bein schneide“. Denn meistens – so die Erfahrung – geht es mir besser, diese Telefonate hinter mich gebracht zu haben, als noch weitere ein bis zwei Wochen damit – unvollendet – herumgelaufen zu sein.

Warum ist das eigentlich so?

Zum einen glaube ich tatsächlich, dass die eigene Sozialisation und die damit zusammenhängenden Erfahrungen hierbei von großer Bedeutung sind. Gerade hierbei stelle ich sogar fest, dass ich viele Menschen kenne, bei denen dieses Verhalten genauso (und noch stärker) ausgeprägt ist, als bei mir. Unangenehmes wird schon mal zur Seite geschoben. Ob für kurz oder für lang. Vielleicht ja sogar immer mit der Hoffnung, es klärt sich von selbst. Dieser Gedanke ist mir eigentlich von Grund auf zuwider. Ich kann solche Dinge in z.B. zwischenmenschlichen Bereichen nur sehr schlecht aushalten und abwarten. Aber so Terminvereinbarungen beim Arzt… Das geht dummerweise erstaunlich gut.

Zum anderen stellt sich diese Bummelei bei mir ein, wenn ich einfach keine Kraft und Energie habe. Heute beispielsweise ging es um die Geburtsanmeldung im Krankenhaus. Lange wusste ich nicht, wo ich denn überhaupt entbinden möchte. Als ich das dann klar hatte – und das hat echt lange gedauert – war klar, „ach, ich muss das ja erst zur 36.SSW machen.“ Die Dame am Telefon sprach heute von der 34.SSW. Nun gut. Jetzt bin ich halt noch was später dran gewesen. Als ich die Info mitgeteilt bekam, im Vorfeld, dass ich mir vermutlich auch gleichzeitig einen PDA/Anästhesie-Termin holen müsste, weil das dort so gehandhabt würde, war die erste Reaktion, „Och, ich glaub, ich vergess die Anmeldung einfach.“

Denn wisst ihr – zu meiner Entschuldigung – ich muss mit meiner Energie gerade sehr, sehr gut haushalten. Ich muss abwegen, wo ich Prioritäten setze, auch wenn meinem Umfeld, das manchmal nicht wirklich zugute kommt. Ich bin schwanger. Mir steht eine Geburt bevor, von der ich nicht weiß, wie es werden wird. Den Alltag meiner Familie am Laufen zu halten, für schöne Momente zu sorgen, an die sie sich später gerne zurückerinnern und gleichzeitig das Nötige, wie die anstehende ErgoTherapie einzuleiten, hat manchmal einfach Vorrang. Und dann ist da noch die Baustelle. Und die Sehnsucht und der Wunsch, schon jetzt, auch in der aktuellen Situation jede Minute zu genießen. Auf diese Dinge habe ich die letzten zwei Wochen mein Augenmerk gelegt. Nicht umsonst – wie ich finde.

Die Tatsache keine PDA zu wollen und mir trotzdem anhören zu müssen, was für wunderbare Vorteile das haben soll, stresst mich total. Denn: Ja, ich habe Respekt vor den Schmerzen, die bei der Geburt dann wieder auf mich zukommen werden. Aber mindestens genauso große Angst habe ich vor Komplikationen, zB. durch eine PDA initiiert. Wenn eine PDA sich ausschließen lässt, will ich sie definitiv nicht haben. Am Telefon dann diskutieren und meinen Standpunkt vertreten zu müssen, das kann ich gerade eigentlich nicht gebrauchen. „Wissen Sie, heute muss man diese Schmerzen nicht mehr haben. Das ist eine zeitliche Entwicklung…“ – Aha. Mich dann im VierAugenGespräch dahin zu setzen und zuhören zu müssen, was man beim Einsatz einer PDA alles wissen muss, puh!.

Ich habe eben daher alle Joker gezogen, die ich hatte. Ich möchte keine PDA. Infragestellen, warum das Vorgespräch hier erforderlich ist und in anderen Kliniken nicht? Ich habe schon zwei Kinder bekommen. Beide ohne Einsatz irgendwelcher medizinischer/technischer Hilfsmittel. Ich will keine PDA. Kann ich diesen Wunsch nicht einfach so äußern? Bei der Vorstellung? Schriftlich festgehalten?

Aus irgendeinem Grund war das wohl überzeugend. Und ich hoffe und bete, dass es jetzt dabei bleibt. Denn wie gesagt, ich hab da gerade einfache nur begrenzte Ressourcen, meine Wünsche und Entscheidungen zu rechtfertigen.

Die Telefonate wurden daher heute Morgen geführt, Termine vereinbart und tatatdaha: Es geht mir leichter. (Trotz des RiesenSeekuhBauchs.) Ich habe diese Punkte aus meinem Kopf gestrichen und dafür in den Kalender eingetragen. Mein Hirn bietet daher wieder mehr Raum für anderes und das brauche ich gerade. Auch Entscheidungen bzgl. einer BabyShower oder woher wir ein neues Bett für den zweiten großen Kerl kriegen, haben sich geklärt. Jetzt bin ich bereit für neu anstehende Fragen und AlltagsAugenblicke.

Wie schaut’s bei euch aus? Gibt es Bereich des Lebens, in denen ihr euch schwer tut? Was für LösungsStrategien habt ihr, um diese Dinge zu bewältigen? Womit fahrt ihr gut? Was bringt weiter und was ist eher kontraproduktiv?

8 Gedanken zu „TerminBummelei“

  1. Hallo! Das kenne ich gut und vielen Menschen denen es ähnlich geht. Ich kann sehr gut und sehr schnell Emailadresse schreiben . Telefonate fallen mir schwer. Warum weiß ich nicht genau. Mich verunsichert es den Menschen nicht zu sehen, glaube ich. Konflikte oder Unangenehmes andprechen ist bei mir wechselhaft. Ich kann es grundsätzlich gut, was nicht jede mag ;) aber manchmal eben nicht sofort. Aber das ist auch öfter gut so, habe ich gelernt. Manchmal brauchen Dinge Zeit sich zu sortieren und den richtigen Ton zu treffen :) Außerdem übe ich auch nicht so streng mit mir zu sein. Es gibt schon gute Gründe für das Schieben und ich muss auch nicht alles können, daher telefoniert oft mein Mann, denn dem fällt das leicht ;) So ich muss eigentlich noch Rechnungen sortieren;) … Herzliche Grüße Yvonne

  2. 100% ich. ;-)

    Warum ich nicht gerne irgendwo anrufe um Dinge zu klären/fragen?
    Weil ich Schiss habe. Am anderen Ende sitzt der Profi und ich hab nur wenig bis keine Ahnung.
    Was mir hilft:
    1. Mir einen Telefon-Profi als Hilfestellung suchen. Entweder jemand erklärt mir den Sachverhalt vorher schon mal (letztens z.B. irgendeine Anwalt-Sache) oder ich setze jemanden neben mich, der sehr mutig in diesem Bereich ist (z.B. meine Schwester, mein Mann), und mache evtl. sogar den Freisprecher an. So habe ich das Gefühl, ich stehe nicht allein da.
    Für alltägliche Sachen ist das natürlich zu umständlich. Aber bei den ganz großen, angsteinflößenden Dingen hilft es mir, so einen Beistand zu organisieren.
    2. Man muss sich nicht für dumm verkaufen lassen. Das PDA-Beispiel ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Oft weiß man, auch wenn man sich mal nicht so gut auskennt, was man möchte und was auf keinen Fall. Ich möchte mich zu DIESER Versicherung informieren und NICHT zu irgendeiner Zusatzversicherung. Ich möchte mein Kind OHNE Hilfsmittel bekommen und NICHT mit PDA/Einleitung/etc.
    Und ein Ansprechpartner sollte so viel Serviceorientierung mitbringen, dass er/sie den Kundenwunsch dann auch akzeptiert.

  3. Ich schieb auf, wenn ich Schiss habe – meist nicht rationalen :o)
    Geholfen haben mir aber die vielen Anrufe, die ich mit Angst getätigt habe – mittlerweile weiß ich, dass am Anderen Ende bei dem Großteil der Anrufe nette Menschen sitzen, die wenn man ihnen nett begegnet oft hilfsbereit und freundlich sind.
    Da kann ich auch dann mit den 5 %, die ich anders erlebt habe, gut umgehen.
    Alles Gute deinem RiesenSeekuhBauch :o)
    lg Nanne

  4. @Yvonne, ich hoffe du bist noch zu deinen Rechnungen gekommen. Das müsste ich auch mal machen. Aber noch lohnt es sich nicht. ;)
    @Dam: Du hast recht mit der Kundenorientierung. Dennoch scheint das nicht überall auch so gehandhabt zu werden. Anstrengend finde ich das und momentan hab ich dafür einfach keine Kraft über. Mag sie dafür auch nicht verschleudern. So fühlt es sich nämlich ab und an auch an.
    @Nanne: Danke. Ich bin echt sooo riesig rund. Hab die guten Wünsche aber weitergeleitet. :D

  5. Hallo rage
    Ich war früher Adrenalin Junkie und habe immer alles erledigt wenn die Zeit drängte! Das klingt komisch aber auch das kann Menschen dazu bringen.
    Heute ertappe ich mich eher, das ich mir meine Zeit nehme um mich zu informieren. Nicht jeder Termin wird sofort bearbeitet. Und ich brauche auch Zeit mal zu sehen, brauche ich den. Daher glaube ich das auch die meisten zuverlässigen Menschen sich diese Zeit nehmen dürfen. Wie lernt ein Mensch sonst zwischen wichtig oder einem Angebot das zuviel ist zu trennen?
    LG
    Prot

  6. Du musst begründen, warum du keine PDA möchtest – ehrlich jetzt? Das finde ich ja schon ein bisschen unglaublich … und ansonsten habe ich nach dem Artikel ein SCHLECHTES Gewissen, denn ich hätte auch schon läääängst ziemlich wichtige Termine absprechen müssen …

  7. @Prot: Ja, manchmal braucht man diese Zeit einfach. Entweder, um sich zu informieren oder aber auch um einfach einen Überblick oder Kraft für eine Sache zu finden. Und manchmal arbeitet ja doch auch die Zeit für einen… ;)
    AdrenalinJunkie bedeutet, du brauchtest viele Termine, um sie schnell abschließen zu können? Oder du hast sie aufgeschoben, weil du diesen Kick der Eile und des Drucks genossen hast?
    @amberlight: Ein schlechtes Gewissen wollte ich nun nicht verursachen. Ich bin jedoch froh, dass ich nicht die einzige bin, der es so geht. Mit der Bummelei.

  8. Oh ja, diese Termine! Privat gar kein Problem und schnell erledigt; aber wehe, es geht um Bürokratie, Fremde u.ä.! Und dieses ständige „es im Hinterkopf zu haben“ zernagt mich von Innen! Arztrechnungen einreichen und bezahlen ist auch so ein Punkt (dabei bin ich gar nicht privat versichert … meine Familie ist es)!

    Liebe Grüße von Annika

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert