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Deutsch als zweite Fremdsprache

Hochmotiviert nach meinem ersten Zusammentreffen mit den zwei geflüchteten Jugendlichen, machte ich mich in jeder freien Minute auf die Suche nach Material. Noch am selben Abend rief ich über twitter aus, dass uns ein Drucker fehlt und ich dadurch mein Material von Lingo4you GbR schon mal nicht ausdrucken können würde. Es dauerte wirklich keine 15 Minuten und ich erhielt die Zusage, dass sich das Material auf dem Weg zu mir befindet. Das war unglaublich und eine total wertvolle Reaktion, die mich noch mehr in meinem Ansinnen bestärkt hat.

Ich rief wieder bei Ralf an und fragte, ob Interesse, Zeit und Raum bestünde noch dieselbe Woche eine weitere Unterrichtseinheit durchzuführen. Die Motivation von der anderen Seite war ebenfalls sehr hoch und zack, stand der zweite Termin. Einen Tag später erhielt ich vom finken Verlag die Zusage, dass sie sich vorstellen könnten mir als Rezensionsexemplar „Komm zu Wort! 1- Hör-Bilder-Buch“ mit TING-Stift zur Verfügung zu stellen. Eine Rezension folgt, doch so viel sei gesagt: Ich mag den finken Verlag schon jetzt.

Eine Lehrerin, die geflüchteten Grundschulkindern Förderunterricht erteilt, hat mich auf das Material dieses Verlags hingewiesen. Wir waren im SmallTalk auf die Flüchtlingshilfe gekommen und darauf, dass ich auf der Suche nach adäquatem Unterrichtsmaterial sei. Sie zeigte mir ihre Materialsammlungen vom finken Verlag und ich hätte mich am liebsten auch gleich mit ähnlichen Arbeitskästen ausgestattet. Aber als ehrenamtliche, nichtberufstätige Mutter kann ich mir eine solche Investition trotz reduzierten Lebensstils einfach nicht leisten. Wenn jemand die Arbeit von mir und den Jungs also sponsern möchte, dann wäre so ein Arbeitsbuch vom finken Verlag großartig!

Aber zurück zu unserer zweiten Einheit.

Hallo! Guten Abend!

Strahlende Gesichter von zwei Jungs, die beide einen Kopf größer sind als ich und sich darüber freuen, mit mir Deutsch zu lernen. Ich fass es nicht. Jugendliche, die dankbar dafür sind, dass ich mit ihnen zusätzlichen Unterricht mache. Dass ich sie immer und immer wieder dieselben Begrüßungsfloskeln wiederholen und im „Gespräch“ einbringen lasse. Für die ich im Raum herumhüpfe, mich zum „Affen“ mache und mit Händen und Füßen mitzuteilen versuche. Glaubt es, oder nicht: Ich gehe sowas von darin auf. Das hätte ich nicht gedacht.

Dieses Mal haben wir Begrüßungsfloskeln angewandt und aufgeschrieben. Danach stellte ich immer und immer wieder die Frage „Wie heißt das auf Deutsch?“ Zigmal. „Wie heißt das auf Deutsch?“ – „Tisch.“ – „Wie heißt das auf Deutsch?“ – „Bild.“ – „Wie heißt das auf Deutsch?“ – „Musik. Äääh. Piano.“ … Ich habe die Hoffnung, dass sie diese Frage möglichst bald selber stellen und anwenden können.

Hausaufgaben gab es auch. Ich bin gespannt, ob sie die Aufgabe wirklich verstanden haben und ob die Vokabelhefte mit Wörtern aus den „SprachförderungsBilderbüchern“ meiner Kinder gefüllt worden sind. Dann war die zweite Einheit „Deutsch als zweite Fremdsprache“ schon wieder vorüber.

Erfolge

Ja, in der Tat. Schon wieder war es ein erfolgreiches Treffen. Denn:

  1. Einer der beiden hatte beim ersten Mal zwar mitgemacht, wirkte aber angestrengt und vielleicht auch zu müde vom Tag. „Abendschule“ ist halt nicht jedermanns Sache, war mein Gedanke. Heute stellte ich fest, es hatte andere Gründe gegeben, die ihn haben angestrengt sein lassen. Dieses Mal sprühten beide mit mehr Energie und waren viel motivierter mir nachzusprechen, Wörter und Sätze aufzuschreiben, mir zuzuhören.
  2. Obwohl ich mein „Unterrichtsmaterial“ zu Hause hatte liegen lassen, hatte ich einen Plan und es hat funktioniert. Ich mag mit rotem Faden arbeiten und dennoch Freiraum für Improvisation und Spontaneität haben. Eine gute Erkenntnis für meine weiteren Unterrichtseinheiten.
  3. Wir bauen Beziehung und Vertrauen. Und wieder einmal merke ich, wie sehr ich soziale Beziehungen und Interaktionen mag. Unsere Einheit war schon vorüber als die beiden mir erzählten, sie wären heute Schuhe kaufen gewesen. „Schuhe?“ – Eifriges Nicken. „Cool!“ Dann kamen eine Reihe von Gesten die scheinbar besagen sollten: Warte einen Moment, wir sind gleich wieder da. Wir holen etwas. Dem war dann auch so. Die beiden Jungs verschwanden und kamen mit Freudestrahlenden Augen und jeder mit einer großen Tüte eines bekannten Schuhgeschäfts zurück. Jeder hob drei Paar Schuhe aus der Tüte, in einer Größe, die mich immer an Schlauchboote erinnert. Mit Stolz und viel, viel Dankbarkeit zeigten sie mir ihre Schuhe und es kam mir vor wie… ja, wie Weihnachten. Weihnachten, wenn man als Kind stolz mit einem heißersehnten und in Erfüllung gegangenen WunschSpielzeug durch die Wohnung lief.

Diese Dankbarkeit fehlt mir bei einigen Gleichaltrigen meines Alters, bei anderen Kindern. Vielleicht macht mich das ganze GeschenkThema deswegen zunehmend traurig und mürbe. Ich mag diese Freude. Diese Freude der beiden Jungs. Die Freude der Nachbarin über meinen ToGoAdventskalender. Irgendwie befinde ich mich gerade total im Weihnachten. Im echten Weihnachten.

DeutschkursFür meine nächste Unterrichtseinheit habe ich mich mit dem Material von www.lingolia.com ein bisschen konkreter vorbereitet. Wahrscheinlich werde ich wie letztes Mal die Bilderbücher meiner Kerle nutzen. In diesen stehen die Begriffe unter den jeweiligen Alltagsgegenständen, mit denen Kleinkinder täglich zugange sind. Da es diese Zusammenstellungen zu unterschiedlichsten Themen gibt, ist das ein supergutes Material, um sicherzugehen, wovon man spricht. Meine beiden Schüler sehen, welche Buchstabenfolgen mit welchen Alltagsgegenständen verbunden sind und können das entsprechende Wort ihrer Muttersprache ergänzen. (Vielleicht darf ich mir ihr Vokabelheft dann auch irgendwann mal ausleihen…)

Weiterhin befinde ich mich jedoch auf der Suche nach Material fürs Deutschunterrichten. Wenn jemand von euch was weiß, schon mit Arbeitsblättern gearbeitet hat, die sinnvoll und effektiv waren: Ich bin immer dankbar für Hinweise.
Und natürlich, liebe Verlage, würde ich mich freuen, euer Material auszuprobieren und direkt einzusetzen. Solche Kooperationen gefallen mir wirklich sehr, sehr gut. Sie haben einen WIN-WIN-Effekt und sorgen für ein gutes Image.

4 Gedanken zu „Deutsch als zweite Fremdsprache“

  1. Toll toll toll! Ich spüre diese positive Energie bis hier zu Hause.Ich sehe eure sechs Augen leuchten beim
    (Kennen) lernen und Schuhe bewundern!!!! Herrlich !!!! Das tut gut zu spüren nach Gesprächen die ich heute geführt habe, wo die Unsicherheit und die Ängste gegenüber den neuen Fremden (Kulturen) dominiert hat! Eine schöne Weihnachtszeit! Herzliche Grüße, Yvonne

  2. Hallo,
    hier noch ein Link zu kostenlosem Deutschmaterial: http://fluechtlingshilfe-muenchen.de/wp-content/uploads/2015/08/Fluechtlingshilfe_Deutschheft.pdf Das Heft gibt es auch in anderen Sprachen.

    Ich gebe Kinder von 8-11 Jahren Deutschunterricht, dazu verwende ich u.a. dieses Material: https://www.schule.at/portale/deutsch-als-zweitsprache-und-ikl/lernpakete.html
    vielleicht passt davon auch etwas für die Jugendlichen.

    Weiterhin viel Kraft und Freude,
    Anne

  3. Pingback: Wir lernen Deutsch. (1) | MamaDenkt.de

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