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LeseStoff: Die „Alles ist möglich“-Lüge von Susanne Garsoffky und Britta Sembach.

„Wer Familie leben will, muss dafür auf Einkommen verzichten und das daraus möglicherweise erwachsende Risiko selber tragen. Man kann eben nicht alles haben.“ (Garsoffky S./ Sembach B.: Die ‚Alles ist möglich‘-Lüge, Wieso Familie und Beruf nicht zu vereinbaren sind, S.162. Erschienen im Pantheon Verlag.) Stattdessen gibt es gar nichts – außer natürlich die wunderbare Familie, die einen manchmal Haare raufen lässt.

Irgendwie ist diese Vereinbarung von Familie und Beruf immer, immer wieder eines meiner Themen. Ich weiß auch gar nicht so recht woran das liegt?

Vielleicht an notorischer Unzufriedenheit? – Nein, stimmt nicht. Ich bin sau glücklich und unglaublich dankbar für das, was man meine Familie nennt. Niemals nicht würde ich es eintauschen wollen. Die Rahmenbedingungen würde ich manchmal gerne verändern. Zeitgerechter. Menschgerechter. Familiengerechter. Vielleicht muss ich es auch alles einfach nur handhabbarer machen.

Liegt es wohlmöglich an meiner Unfähigkeit SuperMOM zu sein, weshalb ich immer wieder Schwierigkeiten in dieser Vereinbarung sehe und empfinde? – Ja, ich habe noch immer kein Cape gefunden, das mich als SuperMOM ausweist. Vielleicht liegt es also tatsächlich daran? Ich sollte das ändern.

Vielleicht fehlt mir auch lediglich ein Robin Hood, der erfolgreich, ich betone – erfolgreich -, meine Interessen als Mutter vertritt. Denn mal ehrlich, ich bin einfach durchweg mit anderem beschäftigt als mich für meine Bedürfnisse, vielleicht ja sogar Rechte einzusetzen.

Worum es in diesem Die „Alles ist möglich“- Lüge Buch geht: Zwei Mütter, die jahrelang versucht haben die Vereinbarung von Beruf und Familie zu leben, stellen fest, es geht nicht. Nicht so. Nicht unter den aktuellen Bedingungen. Das hat nichts mit mehr oder weniger fähig zu tun. Ja, es gibt Frauen, die das alles packen. Zumindest nach außen hin. Es gibt auch solche, die gleichzeitig total glücklich in beidem sind. Doch sie sind nicht die Regel. Mehr noch, sie machen einen so minimalen Prozentsatz aus, das dieser fast schon nicht erwähnenswert ist.

Also werden diese beiden Frauen VollzeitMütter und um auch irgendetwas zu machen, wenn sie denn gefragt werden, „Und was machst du so?“, schreiben sie an diesem Buch. Sie tuen wenigstens etwas. Als Vollzeitmütter.

Sie nehmen sich dieses durch und durch emotional durchdrungene Thema, das Mütter und Frauen in zwei wirklich kontroverse Lager spaltet. Dabei sollten wir doch füreinander an einem Strang ziehen, um unsere Situation gemeinsam zum Positiven zu verändern. Oder etwa nicht?

Garsoffky und Sembach berichten von einem ursprünglichen Rentensystem, das auch die Jugend miteinbezogen hat. Aber da es in der Form nie in Aktion getreten ist, wird’s jetzt plötzlich schwierig. Die Autorinnen stellen fest, wie wenig die strukturellen Rahmenbedingungen dafür gemacht sind, dass für diejenigen, die Fürsorge übernehmen gesorgt wird. Frauen betrifft das nun einmal am stärksten. Vor allem Mütter oder diejenigen Töchter, die sich für alte und kranke Familienmitglieder einsetzen.  Sie berichten von Unternehmen und deren vermeintlichen Familienfreundlichkeit. Von Männern, die so gerne länger Elternzeit nehmen würden, sogar einem Rollentausch aufgeschlossen seien. Aber es werden ihnen Steine in den Weg gelegt. Felsbrocken, die manchmal daher kommen, wie Gebirgszüge, weil wir uns so allein gelassen davor stehen sehen. Allein gelassen von wem? Partner, Familie, Freundeskreis, Kollegium, Abteilungsleiter, Personalabteilung, Chef, Politik, Gesellschaft… Die Liste lässt sich mit Sicherheit variieren.
Sie werfen Blicke nach Frankreich und Schweden. In die Länder also, in denen das Arbeits- und Familienleben hervorragend mit Mode und Kanelbullar harmoniert. Scheinbar. Doch nach genauerem Hinsehen, sieht es da gar nicht so anders aus oder die Rahmenbedingungen sind grundverschieden zu unseren deutschen. Oder aber, es hat sich geschichtlich einfach anders entwickelt. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau wurde viel früher eingefordert und damit an ihr gearbeitet.

Trotz einer Menge an Zahlen, Daten, Fakten und Quellen haben sie Lösungsansätze. Ideen, wie Gleichberechtigung in Deutschland und ein gesunder Umgang mit Zeiten für Familie und Beruf für Frauen, und damit auch für Männer aussehen könnte.

Was mir gut gefallen hat: Für mich ging es bei diesem Thema bislang immer nur um ein Gefühl. Ein Gefühl, das ich als falsch empfunden habe, weil es doch diese vielen Frauen gibt, die beides hinkriegen. Aber ich, ich sitze Zuhause, schmeiße Haushalt, Familienalltag und die Erziehung der Kids zu mindestens 100%. Ohne große Honorierung  außer durch meinen Mann und meine Mutter. (Dass meine Kinder ja ach so sittsam sind, empfinde ich nun nicht so wirklich als Kompliment bzw. Honorierung.) Wie ich auch noch einen TeilzeitJob, geschweige denn eine VollzeitStelle managen sollte – keine Ahnung.

Die beiden Autorinnen liefern Fakten.
Sie betrachten meine gefühlte Misere aus verschiedenen Perspektiven und kommen zu dem Schluss, da stimmt wirklich was nicht. Familienfreundlichkeit ist inzwischen ein genauso schwammiger leerer Begriff wie die ach so groß gepriesene Nachhaltigkeit. Man muss immer genau schauen, wer nutzt hier diese Begrifflichkeiten und was für eine Intention wird verfolgt.
Sie satteln den Gaul sozusagen von hinten auf. Zwischendurch fühlt sich der Inhalt ausweglos an. Für mich als Frau. Als Vollzeitmutter. Ich, die mit drei Kindern für die Rente derjenigen sorgt, die Karriere machen, keine Kinder bekommen, weil es sich nicht rentiert. Sie werden sich vermutlich nicht mit dem Risiko Altersarmut auseinandersetzen müssen; – wie vielleicht ich.
Doch wenn man dann im Sattel des Pferdes sitzt, jede Menge Zusammenhänge gelesen und für sich erschlossen hat, dann öffnen sich Ideen, Visionen und die Hoffnung schwindet nicht ganz. Man möchte wieder mit verändern. Wie, wird sich rausstellen. Denn so manches werde ich weiterhin wohl einfach hinnehmen müssen. Vorerst. (Meine Aufgaben sind Hier und Jetzt andere.)

Fazit: Lesen! Wenn ihr mich verstehen oder nachvollziehen wollt, was dieses Thema angeht, dann lest dieses Buch. Wenn ihr
* euch einfach mal umfassend mit der Thematik Vereinbarung von Familie und Beruf auseinandersetzen wollt,
* das Wissen fundiert, aber gut verständlich kommuniziert sein soll
* und ihr euch als Absender „betroffene Frauen“ wünscht,
dann lohnt sich dieses Buch.

Ich finde dieses Buch so genial, dass ich es gerne weiterreiche. Wer also Interesse hat, es zu lesen, der melde sich bei mir. Wenn ihr noch wen kennt, an den ihr es weitergeben wollt, dann tut das. Wenn nicht, dann sendet es bitte zu mir zurück. 

8 Gedanken zu „LeseStoff: Die „Alles ist möglich“-Lüge von Susanne Garsoffky und Britta Sembach.“

  1. Hallo rage,
    das klingt sehr interessant! Ich hätte großes Interesse das Buch mal zu lesen. Das ist ein Thema, dass mich auch sehr beschäftigt. Momentan bin ich ja in Elternzeit mit meinem zweiten Sohn, aber wie es danach weitergeht – keine Ahnung! Ich habe kurz „zwischen den Kindern“ gearbeitet und das hat mir irgendwie deutlich gemacht: das klappt nicht. Leider.
    Wäre super, wenn das klappt mit dem Lesen!
    Viele liebe Grüße,
    Marlia

  2. Liebe Rage,
    ich lese immer wieder gerne Deinen Blog, weil er so vielseitig ist – weil Du so vielseitig interessiert bist!
    Das Buch interessiert mich schon eine Weile, wollte es mir aber nicht kaufen, weil ich gerade versuche mein Hab‘ und Gut zu reduzieren… ;-))
    Meine Kinder sind schon 14 und 16, wir sind aus dem Gröbsten raus, aber die Vereinbarkeit von Familie und Job (ich hatte lange eine Praxis für Kinderphysiotherapie) hat mich immer beschäftigt und gefordert.
    Wenn das Buch also noch zu haben ist, würde ich mich über eine Nachricht freuen!
    Herzliche Grüsse
    Indra

  3. Ich möchte mich in die Lesewilligen gerne einreihen und freue mich, wenn das Buch vielleicht tatsächlich weiterreist. Wie du inzwischen schon weißt, gehöre ich ja zur „Gegenseite“, denn ich bewundere alle 24h-Mamas ziemlich und sehe meinen Rückzug in die Arbeitswelt gar nicht als „müssen“ oder „ungeliebte Zusatzbelastung“ an.

    Wie bei fast allen in meinem Freundeskreis mit zwei oder drei Kindern gehört das Berufsleben dazu und ist nichts ungewöhnliches. Vielleicht hat die DDR-Kindheit mit einer Müttergeneration, bei der tatsächlich (fast) alle arbeiten gingen und das Thema Gleichberechtigung nicht nur auf dem Papier stand, da doch einige Spuren hinterlassen. Das gute Gefühl für den Wiedereinstieg in Wissenschaftlerleben nach dem ersten Babyjahr (für das wir uns komplett entschieden haben) funktioniert aber auch bei uns nur mit dem Vertrauen in die allerbeste Tagesmustter, helfende Großeltern bei Dienstreisen oder Baueinsätzen und einem Mann, der sich für die Hausarbeit genauso zuständig fühlt, wie die Frau.

    Dann kann so ein Arbeitsalltag mit zwar durchaus stressigen Zeiten aber auch entspannten Kaffeepausen, lustigen Mittagessensrunden (bei denen man sich nur um den eigenen Teller kümmern muss) und anregenden Gesprächen sehr viel zu einem entspannten Alltag beitragen. Außerdem sind es bei mir ohnehin nur 30 Stunden und es gibt einen vollen Arbeitszeitausgleich, wenn sich zu viele Überstunden angesammelt haben. Ich bin jedenfalls sehr gern sowohl Teilzeitwissenschaftlerin, wie auch Teilzeitmama. Als Vollzeitwissenschaftlerin ohne Familiengründung (wofür sich auch einige entschließen) würde ich das größe Geschenk im Leben verpassen, aber als Vollzeitmama fehlt mir wahrscheinlich auf Dauer die Geduld …

    1. PS: Einen (bezahlten, arbeitsfreien) Haushaltstag pro Monat wäre aber tatsächlich etwas, was gerne wieder eingeführt werden könnte. Dann natürlich auch für die Männer. Wie wär’s mit einer Petition dazu?

  4. Rage, ich mit meinen drei kleinen Lieblingsmenschen möchte das Buch auch gerne lesen und tät mich freuen, wenn dein Buch bei mir vorbeischneien könnte..
    Beschäftige Grüße ;-)
    Nina

  5. Leider habe ich nur dieses eine Exemplar. :( Ich würde es euch gerne allen zukommen lassen. @Marlia: Du warst die erste, also schicke ich dir gerne das Buch zu. Mit der Bitte es bald zu lesen und mir zurückzusenden, um es dann wieder auf den Weg zur nächsten zu bringen. Ist das für alle in Ordnung? Natürlich könntet ihr auch eure Adressen untereinander austauschen. Aber ich kann verstehen, wer das nicht gerne macht. Also biete ich euch hiermit die Plattform meines Blogs. Schaffst du es in den nächsten vier Wochen zu lesen, Marlia? Und würdest es mir zurückschicken? Oder soll ich es erst einer der anderen zusenden? Nach demselben Prinzip?

    Gebt mir gerne eine Rückmeldung.

  6. Liebe Rage,
    für mich wäre das völlig in Ordnung so!
    Ich würde mich einfach sehr freuen, wenn das Buch auf seiner Reise bei mir vorbeikommt, der Zeitraum wäre mir dabei egal. Ich kann es dann auch gerne zur nächsten Leserin schicken, wenn Du mir eine Adresse zukommen lässt!
    Liebe Grüsse
    Indra

  7. Pingback: …Türen schließen sich. | MamaDenkt.de

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