(erschienen und freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom oekom Verlag) Irgendwann zwischen den Jahren händigte mir der Briefträger das neue Buch von Kirsten Brodde & Alf-Tobias Zahn aus. Einen ersten Blick auf den „Guide für all diejenigen, die Wegwerfmode satt haben“, könnt ihr hier auf der Verlagsseite werfen. Kommt gerne zurück, wenn ihr wissen wollt, was mich an „Einfach anziehend“ angesprochen hat und wieso ich finde, dass jede*r dieses Buch gelesen haben sollte.
Einfach anziehend
Vorweg: Ich fand das Buch bestätigend und motivierend: Es hat mich letztlich dazu gebracht, mich nach vielen Jahren erneut vor meinen Kleiderschrank zu setzen, um Bilanz zu ziehen. Inzwischen ist es nämlich sechs Jahre her, dass ich mich mit meinen Kleidungsstücken zuletzt intensiv auseinandergesetzt habe. Damals begegnete ich in meiner Auseinandersetzung mit meinem Kleiderschrank das erste Mal Kirsten Brodde und ihrem Engagement für eine fairere und nachhaltigere Textilindustrie. Hier mal der Artikel von damals.
Heute lese ich mit Begeisterung in ihrem neuen Buch, das sie gemeinsam mit Alf-Tobias Zahn verfasst hat. Die beiden fassen sehr alltagsnah und konkret zusammen, wie wir als Konsumenten gegen den Strom schwimmen können. Dabei geht es nicht nur um den Durchblick im Dschungel der Textilsiegel, sondern auch um unseren ganz persönlichen Umgang mit Kleidung und Textilien. Ein Punkt, der mir persönlich in den vergangenen Jahren sehr wichtig geworden ist. Es geht nicht nur darum auf die grünere und vermeintlich fairere Option umzusteigen, sondern insgesamt WENIGER zu konsumieren und somit nur noch sehr bewusst und mit Bedacht Neues zu kaufen.
Ein Buch – ein Guide – viele Ansatzpunkte
In ihrem Buch stellen die beiden Autoren auf 144 Seiten zusammen, wie der Umgang mit Mode, Fashion und Textil aussehen kann, um sich für mehr Fairness und Umweltverträglichkeit in diesem Bereich stark zu machen. In Form von vier Kapiteln widmen sie sich vier unterschiedlichen Themenschwerpunkten, die sich zudem in ihrem 10 Schritte-Mode-Fahrplan wiederfinden. Hier mal ein kurzer Überblick:
Ein Einblick in die Modeindustrie
Nach einem kurzen Einblick in die Modeindustrie und dem mit ihr einhergehenden Schaden für Mensch und Umwelt, wird es gleich sehr konkret.
Revolution oder Rebellion im Kleiderschrank
Mit einem Zehn-Schritte-Fahrplan skizzieren die beiden Autoren in „Einfach anziehend“ den Weg zu einem nachhaltigeren Kleiderschrank. Neben dem Entdecken von schon Vorhandenem oder der (regelmäßigen) Reparatur von Lieblingsstücken spielen das Weitergeben, Eintauschen oder Ausleihen von Kleidung eine große Rolle, um Nachhaltigkeit im Kleiderschrank zu erreichen.
Und ja, insgesamt lautet das Credo: Sich freimachen. Wir müssen nicht auf jeden neuen vorgegebenen Trend aufspringen. Das ist absolut nicht notwendig. Ich habe letztes Jahr mal bei Sina Trinkwalder, der Gründerin von manomama nachgefragt, wie lange es dauert eine neue Kollektion auf den Markt zu werfen. Die Branchenriesen liefern alle zwei bis drei Wochen eine weitere neue Kollektion und nicht ohne Grund hat sich der Titel Fast Fashion etabliert. Für ein Unternehmen, das auf die diversen Standards Rücksicht nimmt, dieselben versucht einzuhalten und umzusetzen, ist eine neue Kollektion in so kurzer Zeit gar nicht möglich. Doch dazu an anderer Stelle mehr.
Reparieren und upcycling – gehören dazu
Wenn wir es ernst meinen mit Fair Fashion, dann gehört zum Freimachen von Trends und gegen den Strom schwimmen auch dazu, dass wir unsere Socken stopfen, Säume neu umnähen und kleinere defekte unserer erstandenen Kleidungsstücke ausbessern. Können wir das nicht, dann wird es Zeit, dieses Handwerk wieder neu schätzen zu lernen. Der Schneider um die Ecke kann einen Reißverschluss austauschen und der Schuster besohlt die Schuhe, wenn möglich.
Reparatur und Upcycling haben mit Wertschätzung zu tun und geht im Zuge der Wegwerfmode schlichtweg verloren.
Wennschon, dennschon
Im vierten Kapitel von „Einfach anziehend“ räumen die beiden Autore auf mit gängigen Vorurteilen in Sachen Ökomode. Durch Vorstellung entscheidender Textilsiegel versuchen sie einen klareren Blick in das Chaos dieser Siegel zu bringen.
Auch das Thema „Made in Germany“ findet Beachtung, ähnlich wie das Dilemma mit Sport- und Funktionskleidung, wie wir sie für zahlreiche Outdoor – Aktivitäten gerne verwenden.
Den Fokus auf Textilfasern fand ich persönlich sehr spannend. Denn schon seit langem haben wir ein Problem in Sachen Plastik.
Serviceteil – Adressen, Kontakte, Netzwerken
Im letzten Kapitel des Buches, im sogenannten Serviceteil von „Einfach anziehend“ findet ihr eine Zusammenstellung diverser Kontakte. Dazu zählen Orte, an denen sich grüne Concept Stores befinden, genauso wie interessante Blogs und Webseiten, die in Sachen Fair Fashion unterwegs sind.
Was ich einfach anziehend fand!
Wer das Buch gelesen hat, kann nicht mehr sagen, dass er ja keine Möglichkeiten habe, sich dem gängigen Textilrausch zu entziehen. Das stimmt so einfach nicht.
Das Buch ist voll mit Ideen, um zu beginnen. Um damit anzufangen, es anders zu handhaben. Sei es durch doppelte Recherche, wenn ein neues Kleidungsstück benötigt wird, durch den Kauf nur noch fair und biologisch zertifizierter Kleidung, durch die Reparatur defekter Kleidungsstücke oder die Unterstützung von Organisationen, die sich für die Menschen einsetzen, welche die Bekleidung herstellen, die wir an unseren Körpern tragen.
Das Buch ist durch und durch lesenswert. Sowohl für diejenigen, die sich erstmals mit Gedanken auseinandersetzen, dass da in der Bekleidungsindustrie etwas schief laufen könnte. Als auch für „alte Hasen“, die ihren Kleiderschrank ziemlich genau kennen und sich mehr für die Menschen stark machen wollen, die nähen, was sie tragen. Unbedingt lesen und weiterschenken!
Weitere Lektüre zum Thema Kleiderschrank, findest du hier.
Außerdem läuft ab GESTERN ABEND (28.01.2019) aktuell die Challenge #nachhaltigerKleiderschrank – vielleicht magst du mit machen und wir werfen gemeinsam einen Blick in unsere Kleiderschränke, sammeln Tipps, wie sich Lieblingsstücke reparieren lassen und diskutieren, was uns am nachhaltigen Kleiderschrank wirklich schwer fällt.
Hab mich gestern beschwert, weil das Lieblingsshirt, das ich schon seit Jahren kaufe, einläuft. Das war früher nicht so. Auch diese Pünktchen an der Kleidung ärgern mich. Es wird nur noch Wegwerfware produziert. Jogginghosen, wo sich nach dreimal Waschen das Innenfutter auf dem Fußboden wiederfindet. Ökokleidung ist mir noch zu teuer. Und teurere Marken das hab ich mal verglichen, hielten auch nicht länger. Die wenigen Dinge, die ich mir kaufe, sollten wenigstens halten.
Ich hab eine Hose gerettet. Der Bund war 4 cm zu weit. Von links 1 cm auf jeder Seite abgenäht von Hand. In die untere Spitze der Gesäßtasche. Ergibt 4 cm. Hat 5 min gedauert und hätte mich 15 Euro gekostet. Von Hand nähen ist echt Meditation für mich. Dafür ist You Tube super!!! Ich kaufe mir nur Second Hand Hosen und nähe an denen rum. Sehen eh aus wie neu.
Danke für den Tipp. Das werde ich mal lesen!
Tatsächlich fällt mir die „nicht dauernd neue Klamotten kaufen“ Umstellung fast mit am Schwersten. Das zeigt mir immer wieder, wie tief ich schon um Konsumwahn gesteckt habe.
Da kommen deine Tipps und jede weitere Anregung sehr gelegen ;)
danke!