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Meine NotfallSurvivalIdee(n)

Es ist 19.00Uhr. Eigentlich sind wir gut in der Zeit. Doch dann müssen noch die Zähne geputzt werden.
„Zähne putzen kommen.“
Keine Reaktion. Dann kommt der Große und wirft sich übers Klo.
„Nicht schon wieder Zähne putzen…“ Wie eine Katze sich normalerweise auf dem Boden räkelt, um warme Sonnenstrahlen zu genießen, schmeißt sich mein ältester Sohn auf den dazu viel zu kleinen Klodeckel. Ich stehe da, ziehe die Stirn kraus und frage mich, was da schief gelaufen ist? Doch bevor ich zu einer Erklärung finde, erscheint mein anderer Kerl und meint:
„Iss wille nis Zähne putzen.“
Ich reiße mich zusammen und entscheide enthusiastisch: „Wir putzen jetzt schnell die Zähne und dann gibt es noch eine Kissenschlacht.“
Die Augen der beiden strahlen auf, doch beim Anblick der Zahnbürsten erlischt das Leuchten in Hundertstelsekunden. Was sich dann peu a peu aufschaukelt, werde ich hier nicht weiter erwähnen.
Die Kerle liegen im Bett und es ist 20:21Uhr. So läuft das hier. Manchmal.

Ähnliches erlebe ich mit Strumpfhosen, die unbedingt bei -8°Grad oder aber 32°Grad angezogen werden müssen. Oder auch wenn das Wort „Kacke“ x-mal am Esstisch verwendet wird, obwohl ich klar und deutlich gemacht habe, „Beim nächsten Mal bist du mit dem Essen fertig.“

Seltsamerweise klappt es bei meinen Kindern nicht, sie einfach frei entscheiden zu lassen. Denn trotz anschließender Erkältung, weil es eben doch zu kalt für ’nur mit Strumpfhose‘ war oder trotz Zahnarztbesuch mit Bohren, stehen wir immer und immer wieder vor denselben Situationen. (Ok, den Zahnarzt gab’s noch nicht, aber sie haben bei mir mitbekommen, wie blöd das sein kann – das mit dem Bohren.)  Und oft wird’s laut – wobei ich zum Glück auch feststellen darf: Wir werden besser. Wir alle. Die Kerle und auch ich.

In den letzten Monaten habe ich mich immer wieder gefragt: Was passiert hier gerade eigentlich? Und siehe da, ich stellte fest:
Ganz oft traten diese HorrorMomente dann auf, wenn ich oder wir keine Zeit hatten. Wir schnell zum Bus mussten, einen Termin beim Arzt hatten, eh schon eine halbe Stunde zu spät dran waren oder ich nach einem langen vollen Tag einfach keine Power und Geduld für „IchwillabermeinenWillendurchsetzenundniemalsniegarnichtZähneputzen“ hatte.

Daraufhin habe ich mich weniger gefragt, wie kann ich mit diesen Momenten gut umgehen. Mir ging es eher darum, diese Augenblicke auszuschalten. Ihnen prophylaktisch vorzubeugen.

Natürlich das hat
a) nicht immer geklappt, denn manchmal häufen sich die Termine einfach und lassen sich nicht nach Belieben verlegen; wenn z.B. das Kind mit 40°Grad Fieber zum Arzt muss und das andere Kind das einfach nicht versteht und nicht begreifen mag. Dann gerät die gewöhnliche Routine durcheinander und dann wird es manchmal auch laut; wenngleich ich in solchen Momenten inzwischen sehr viel präsenter habe, in die Knie zu gehen, das Kind in den Arm zu nehmen und dann dort – an Ort und Stelle – Grenzen zu setzen. Die werden erstaunlicherweise viel eher angenommen, obwohl ich eine ähnlich strenge und resolute Stimme und Tonlage an den Tag lege. Die Sache mit der Augenhöhe und Zugewandtheit ist – meiner Erfahrung nach – nicht zu unterschätzen.
Und b): Nicht immer lässt sich ein Kleinkind überzeugen. Es sagt dann einfach Nein! (Wir haben da ein tolles Buch zu: Nein! Nein! Nein! von Marie-Isabelle Callier und Annick Masson. Ich muss das mal aus einer der Umzugskisten heraussuchen.) Es fehlt ihm die Erfahrung und manchmal gibt es auch gar keinen logischen Grund, warum es sich verhält, wie es sich verhält. Entscheidend für mich war dann: Es ist jetzt gerade einfach so.

Gerade Letzteres zähle ich auf, um zu verdeutlichen: Meine drei Prophylaxen mögen in der ein oder anderen Situationen wirken. Aber in vielen Momenten bringt mich auch das nicht weiter und damit unweigerlich an die Grenzen meiner Nerven. Das nehme ich inzwischen hin. Was soll ich anderes tun? (Ich bin gespannt, was die anderen Mamas und Papas ins NotfallSurvivalKit werfen.)

Nun aber zu meinen drei Prophylaxen:

1. Ich plane viel, viel mehr Zeit ein. Wir stehen insgesamt eine halbe Stunde früher auf, um rechtzeitig im Kindergarten zu sein. Die Kerle brauchen das, um zu frühstücken, einen wachen Geist zu haben und für die andere Herde wilder Kindergartenkinder bereit zu sein. Oder auch was das ‚ins Bett gehen‘ angeht. Sie brauchen Zeit, um sich von den Eindrücken und dem Erlebten des Tages in die Nacht zu verabschieden. So seltsam sich das anhören mag.

2. Ich reduziere alles andere: Termine, Spielzeug, Worte.
Keiner der Kerle will jetzt schon unbedingt Handballstar sein oder Klavier spielen lernen und damit Musikunterrichts- oder Trainingsstunden. Sollte einer von ihnen Ambitionen haben, ein Instrument spielen zu lernen, dann bin ich die Letzte, die dem im Weg stehen wird. Dennoch werde ich die Woche meiner Kinder und damit auch meine eigene nicht schon jetzt bis zur Oberkante vollstopfen. Wir sind jetzt schon mit einer sportlichen Veranstaltung und zwei festen Verabredungen mit Kumpeln sehr ausgelastet. Ich weiß gar nicht, wie das in Zukunft aussehen soll, wenn alle in dem Alter sind. Oder wenn dann das Erlernen eines Instruments dazu kommen sollte. Oder eine bestimmte Sportart mit Trainingseinheiten.
Spielzeug wird hier schon von Anfang an reduziert. Ich versuche das immer wieder stark mitzubeeinflussen. Manchmal denke ich, „Boar, wie viel Kram.“ Dann sind wir zu Besuch bei Freunden, Nachbarn und Bekannten, und ich sehe „Oups, meine Kinder haben ja kaum Spielzeug.“ Es geht natürlich nicht um den Vergleich, wer wie viel hat. Aber ich merke, dass bei geringer Auswahl an Spielzeug auch eine viel geringere Reizüberflutung da ist. Und das macht sehr wohl was mit der Aufmerksamkeit und den Verhaltensweisen meiner Kinder.
Worte machen kann ich viele. Doch ich stelle fest, dass auch einem 3-Jährigen nicht mit vielen Worten erklärt werden muss, warum Zähne geputzt werden. Erstaunlicherweise nutzt der Zahnarzt im Kindergarten nämlich nicht viele Worte, um die Wichtigkeit des Putzens den Kids nahezubringen. (Vielleicht sollte ich mir einen weißen Kittel zulegen und eine tiefere Stimme.)

3. Wir gehen auf den Spielplatz. Oder raus. Oder toben. Gut, das ist nun keine Option für abends um 19Uhr, wenn alle schon ihre Schlafanzüge tragen und das Zimmer aufgeräumt ist, um ins Bett zu gehen. Aber wenn ich tagsüber merke, dass die Stimmung, die Aufnahmefähigkeit der Kids oder auch meine eigene Geduld kippt, dann geht’s raus. Auf den Spielplatz, zum Spazieren, in den Garten – wohin auch immer. Hauptsache an die frische Luft. Hauptsache viel Sauerstoff und Natur zum Entdecken.

Wie gesagt, das funktioniert leider nicht immer. Aber aus ExpertenReihen habe ich gehört, „UnperfektSein ist das neue PerfektSein.“ Darin probier ich mich jetzt weiterhin jeden Tag aufs Neue fleißig darin aus.

Und ihr so? Der Artikel ist im Rahmen eines NotfallSurvivalKits entstanden, das von einigen bloggenden Mamas und Papas zusammengestellt wurde. Vielleicht hast du Lust mittels Kommentar weitere NotfallSurvivalIdeen beizusteuern und das Kit im Netz zu streuen? Wir würden uns sehr darüber freuen!

4 Gedanken zu „Meine NotfallSurvivalIdee(n)“

  1. Pingback: NotfallSurvivalKit | MamaDenkt.de

  2. Schmeckt denn die Zahnpasta, Rage? Sonst würde ich jedem Kind genau die kaufen, die ihm wirklich schmeckt. Statt Strumpfhosen würde ich Kinderleggins aus Baumwolle nehmen. Gebrauchte gehen auch. Strumpfhosen sind echt Körperverletzung. Ich kann heute noch keine tragen. Leggins spürt man gar nicht. Das könnte das Problem auch lösen. Hab mal gehört, dass Kinder und kleine Hunde die Eindrücke vom Tag verarbeiten indem sie abends wieder aufdrehen. Deine Prophylaxen finde ich gut. Zeit ist eine gute Ressource. Ich mache das auch so für mich. Kinder müssen manchmal einfach funktionieren. „Ich hab ja auch keine Lust mir dir Hausaufgaben zu machen. Aber wir können ja dabei trotzdem Spaß haben und danach was Schönes machen.“

  3. Vor dem Kind dachte ich ja nie, dass ich sowas mal schreiben würde, aber Jungs haben nur mal eine Riesenenergie. Wenn ich die Jungs im Freundeskreis sehe, denke ich manchmal, da könnte ich nie mithalten.
    Routinen/Rituale sind bei uns das wichtigste. Auch, wenn das beim Zähneputzen nicht geholfen hat, ist das sonst das A&O.
    Beim Zahnarztkittel musste ich schmunzeln. Im Superheldinnencap gefällst Du mir besser. Bei anderen Menschen hören die Kinder halt anders zu – und Du wirst immer diejenige bleiben, an der sie Sachen testen, weil sie Dir am Meisten vertrauen. Anstrengend ist es natürlich trotzdem.
    Und Zeit, ja. Ich will’s oft nicht wahr haben, aber unzureichende Vorbereitung meinerseits und Zeitdruck ist ein recipe for disaster.

  4. Pingback: Selbstfürsorge als Frau und Mutter. Bewusst(er)leben | MamaDenkt.de

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