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LeseStoff: Ende der Märchenstunde von Kathrin Hartmann

Der UnterTitel des Buches lautet „Wie die Industrie die Lohas und Lifestyle-Ökos vereinnahmt“ Das ist das Thema. Es geht um Erdbeeren, biologisch kontrollierten Anbau, Bionade, die Weltrettung, Konsum im grünen Deckmantel und Demokratie. Es ist eines der Bücher, die man gelesen haben sollte, wenn einem „echte Nachhaltigkeit“ und Mündigkeit wichtig sind. Zu strikt? Vielleicht. Doch die Autorin stellt in ihrem Buch unseren grünen Konsum und seine Folgen für diese Welt in Frage, beleuchtet die aktuelle Situation und fragt, wie Wege aus der Misere aussehen könnten.

Worum es geht: Hartmann hat ihr Buch in fünf Kapitel plus Schluss mit einer besonderen Fragestellung eingeteilt. Zunächst geht es um den Konsument, der auf der Suche nach Authentizität und Sinn seinen Konsum anpasst. Die Zahl von diesen wird trotz immer mal wieder geäußerten Vermutungen: „Bio ist ja gar nicht so Bio, wie es vermarktet wird.“ größer. Immer mehr Menschen halten Ausschau nach dem BioSiegel, dem kleinen Wörtchen bio oder einer grünen Verpackung. Die wachsende Zahl derer lässt sich schon an der zunehmenden Menge grünfarbiger Verpackungen im Supermarkt- oder DiscounterRegal annehmen.
Es entstehen Organisationen und InternetPlattformen, die sich diesem neuen grünen Konsum der Lifestyle-Ökos und Lohas annehmen. Die Unternehmen haben den, ich nenne es mal „landläufigen Trend“ erkannt, und ziehen mit ihren WerbeStrategien nach bzw. beginnen, auch diesen Teil des Konsums bewusst zu lenken. Greenwashing und Corporate Responsibility gehören dazu.
Unter der KapitelÜberschrift „Das Ende der Illusionen“ macht Kathrin Hartmann deutlich, wie schwierig es tatsächlich geworden ist, grün bzw. öko bzw. nachhaltig bzw. fair zu konsumieren.
Geht es zuvor um faire Mode, fragwürdigen Konsum im grünen DeckMantel, die WeltRettung und die Suche des Konsumenten nach nachhaltigen Konsumgütern, münden die Gedanken der Autorin in das große Ganze. Politik und Gesellschaft rücken in den Fokus und es bleibt schlussendlich die Frage: Haben wir die Demokratie schon verspielt?

Was hat mir nicht so gefallen? Ich beginne mal mit dem Negativen. Ich mag es nicht, wenn zu viel Sarkasmus und Zynismus in eine Berichterstattung eingeflochten sind. Eigentlich mag ich Sarkasmus sowieso immer weniger. Ich weiß, ich benutze ihn auch des öfteren. Auch beim Schreiben der obigen BuchVorstellung konnte ich mich nicht zurückhalten den Stil der Autorin ein wenig widerzugeben. Zu viel Sarkasmus raubt nach meinem Empfinden, die Energie etwas zu ändern. Das ist jedoch der einzige Punkt, der mir vor allem im ersten Teil des Buches „aufgestoßen“ ist. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ich mich in manchem GedankenGut wiedergefunden habe und eigentlich auf gar keinen Fall ein Lohas sein wollte. Nach einem Drittel des Buches wurde mir bewusst: Ich bin kein Lohas und sehe manches anders als die Autorin und auch anders als ein Lohas.

Was mir an dem Buch gefällt? Ihr SchreibStil ist fesselnd, trotz der Menge an Fakten. Sie malt ein sprachliches Bild unserer derzeitigen LebensSituation. Dazukommt: Der Sarkasmus der Autorin. Ja, wirklich. Denn so unbequem und schonungslos er (manchmal) gewesen ist, Kathrin Hartmann kombiniert dieses Stilmittel mit InFragestellen. Dinge in Frage zu stellen, finde ich wichtig. Denn nur so scheint mir der Mensch dazu in der Lage zu sein, das eigene Verhalten kritisch zu reflektieren und abzuändern, wenn nötig, oder beizubehalten, weil möglich.

Die Autorin macht in ihrem Buch deutlich, wie schwierig Konsum in unserer heutigen Welt ist. Dass es nicht ausreicht weiterzuleben, wie bisher und lediglich einen grünen Anorak überzuwerfen. Sie macht Feststellungen, zu denen ich ebenfalls komme und mich aktuell frage: „Was mach ich denn jetzt damit?“ (Zum Beispiel beim Einkaufen von Bananen, Apfelsinen, Erdbeeren?“) Sowohl mein Kaufen als auch mein NichtKaufen einer Sache können ethisch, moralisch nicht korrekt sein. Woran will ich festmachen, was moralisch und ethisch einwandfreier ist? Welche Faktoren wandle ich zu meinen ethischen Maßstäben ab?

Die im Buch genannten Titel weiterführender Literatur sind interessant und vermutlich äußerst lesenswert. (Noch wühle ich mich durch die Literaturangaben. Wenn ich dann mal mit dem weiteren Durcharbeiten begonnen habe, gibt’s vielleicht noch ein bisschen mehr LeseStoff in diese Richtung. Mal schauen.)

Fazit: Kathrin Hartmann hat ein Buch verfasst, dass den grünen ÖkoTrend in Frage stellt, mit einer gehörigen Portion Sarkasmus würzt und vor Augen führt, dass es nicht reicht Konsum zu romantisieren, indem Bio und Fair den Blick abwenden von der eigentlichen Misere. Das Buch kombiniert FaktenWissen mit Infragestellungen, deckt vermeintliche DenkFehler auf und bietet weiterführende Gedanken von Menschen für Menschen, die noch was weiterdenken wollen. Über den grünen Teller hinaus. Ihr Buch ist mehr als lesenswert, wenn auch ernüchternd und deutlich.

Für mich persönlich nehme ich drei wesentliche GrundAussagen aus ihrem Buch mit, die ich aber außerhalb der eigentlichen Rezension wissen möchte:

1. Grüner Konsum vs. GrundHaltung. Es reicht nicht aus meinen Konsum nur noch auf öko, bio und fair abzuändern. Es geht um eine GrundHaltung. Wenn ich die in meinem persönlichen Leben suche, dann stelle ich plötzlich fest, dass wir seit fünf Jahren reduzieren und unseren LebensStil in Richtung „Wurzeln“ ausgerichtet haben. Verrückt eigentlich.

2. Zu vernetzt für Gerechtigkeit: Selbst wenn mein eigener Konsum nicht mehr nur grün, sondern stark auf Nachhaltigkeit, Fairness, Menschlichkeit und Minimalismus ausgelegt ist, es gibt weiterhin Dinge, die ich allein nicht ändern kann, bzw. Entscheidungen von mir, die neben der großen positiven Auswirkungen auch negative Folgen mit sich bringen. Ich traue mich nicht es auszusprechen, aber ich fürchte der Ausdruck: „Armut geht nicht ohne Reichtum.“ stimmt. Ich habe Glück…

3. Politisch werden: Vielleicht werden durch meinen Vegetarismus und den meiner Familie 100 Tiere weniger verzehrt. Dass sie auch weniger geschlachtet werden, bezweifel ich. Es ist gut, im Kleinen zu beginnen, aber um Entscheidendes zu bewirken, ist Politik neben der NGO’s eben ein wichtiger Weg. Ich sollte politisch werden. (Und das aus meinem Mund…)

11 Gedanken zu „LeseStoff: Ende der Märchenstunde von Kathrin Hartmann“

  1. Also: Ich kaufe seit Jahren kein Bio mehr. ich mag Bioläden nicht. Schon der Geruch. 5 Minuten hab ich’s neulich ausgehalten im Neonlicht. 5 Minuten können seeeeehr lang sein. Ich brauche ein Chemiestudium, um die Seifen und Kosmetik da zu verstehen und geh ohne was raus. Weil ich den Preis nicht einsehe für Dinge, wo wieder nur Gift drin ist. Biomöbel vor ein paar Jahren: Lasur nicht vertragen. Waschnüsse: Nicht fair gehandelt. Wäsche wird nicht sauber. Ist alles in Plastik verpackt. Widerspricht sich!

    Früher hatten wir eine Gemüsekiste. Nach 2 Tagen wieder totalen Hunger. War mir irgendwann zu teuer. Laut der ZDF-Reportage neulich sind die Sachen gespritzt. Ohne wäre 100 % Ernteausfall – redet nur keiner drüber. Wird romantisiert für Stadtleute mit kleinen Kindern. Du bist genau die Zielgruppe, Rage. Die Böden mit Kupfer gedüngt. Null Vitamin in den Äpfeln. Zu lange gelagert. Medikamente im Fleisch. Dafür zahlt man dann das 3-fache. Regional auf dem Wochenmarkt einkaufen, finde ich das Optimale. Und kleine Läden unterstützen.

  2. Tja, „Bio“ ist halt eben auch nur ein Markt. Passt ja ganz gut, wir müssen ja wachsen, Fortschritt ist gut, Stillstand ist furchtbar blabla

    Ich hab das Buch ja auch gelesen und war bei der Lektüre ziemlich schlecht gelaunt. Hinterher wusste ich nicht mehr weiter. Je mehr ich darüber nachdachte, desto stärker drängte sich ein Gedanke auf: Maß halten in ALLEN Bereichen ist die einzige Lösung. Zumindest habe ich bisher keine andere Idee. #minimalismus

  3. Ich hatte 5 biologisch kompostierbare Putzmittelflaschen aus Biomais. In die Biomülltonne geworfen. Die Laser der Sortiermaschinen scannen sie wieder von den Müllbändern. Dafür hab ich dann den doppelten Preis bezahlt. Biomaisplastik soll man übrigens nicht kaufen, weiß ich jetzt. Mais ist zum Essen. Hab einiges wieder von Holz auf Plastik im Haushalt umgestellt. Weil Holz schimmelte. So schneide ich jetzt auf Tellern. Weil Plastik und Holzbretter von Hand nicht sauber wurden. Der Holzbesen war viel zu laut im Trepppenhaus. Da wurden alle wach. Holzbürste und -gestell für Geschirr schimmelten. Und auf Haarspülung kann ich bei der Haarmasse auch nicht verzichten. Sonst wird’s kratzig, wenn die ins Gesicht kommen und ich krieg schlechte Laune. Also das ist alles nicht so einfach und kostet viel Energie bei der Materialrecherche, Anschaffung, Umstellung und manchmal das Ganze doch wieder zurück, weil es sich nicht bewährt.

  4. @FrauDingDong: Gefühl kommt mir bekannt vor. Ja. „Maß halten“. Das ist gut. Deswegen find ich Minimalismus gut.
    @TanjaHeller: Umstellung, Anschaffung, überhaupt das InFrageStellen finde ich enorm anstrengend. Aber: Bislang hat es sich gelohnt! Guck mal hier: http://experimentselbstversorgung.net/ist-holz-hygienischer-als-plastik/ Ist mir zum Thema Holz und Plastik eingefallen. Ich wünsch mir nämlich eine HolzSalatSchüssel. Und Besteck… Die Idee find ich gut.

    Ich glaube außerdem, dass trotz Widersprüche beim Kauf von Bio oder Erdbeeren oder was auch immer, wir in der Verantwortung stehen was zu tun. Denn dieses „Nichtstun“, das sich nicht selten daraus ergibt, dass „man ja eh nichts ändern kann“, belässt alles beim Alten. Daher denk ich lieber weiter über die Dinge nach und setze um… Maß halten und Selbstversorgung geistern mir immer wieder durch den Kopf. Und mein Artikel zu den zehn wichtigsten Dingen, die man auf einer Flucht oder Reise dabei haben würde. Ich komme nicht umhin, immer wieder an deinen damaligen Kommentar zu denken, @FrauDingDong. ;)

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