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WWOOF-Projekt

WWOOFen. Wie alles begann.

Vor zwei Jahren entstand die Idee, nicht auszuwandern, sondern ein paar Monate im Ausland als Familie unterwegs zu sein. Am besten bevor uns der wenig flexible Alltag der Schulzeit erwartete.

Ende letzten Jahres war es soweit. Jedoch nicht sofort. Wir hatten vor uns nach der Schwangerschaft zu fünft in dieses Abenteuer zu stürzen. Unsere Fehlgeburt änderte alles. Meine Welt stand Kopf und ich wollte nie wieder irgendetwas Schönes machen. Ich konnte mir zu dem Zeitpunkt nicht vorstellen, dass ich nochmal irgendetwas schön finden könnte.

An Weihnachten war da dann dieses Gefühl. Dieses Gefühl von Unruhe und die Frage: Wenn nicht jetzt, wann dann?

Wann dann?

Ich fand keine Antwort. Der Gedanke, „Dann eben, wenn ich 55 Jahre alt bin und die Kinder aus dem Haus sind.“, konnte unzufriedenstellender nicht sein. Die Entscheidung es dieses Jahr umzusetzen, brauchte von da an nur noch ein wenig Zeit. Das Herz schrie: „Ja, ich will! Jetzt.“ Aber dann war da noch so vieles zu bedenken und zu organisieren.

Der Job. Der machte dem Ehemann zu schaffen. Der Gedanke seine Chefs um vier Monate Elternzeit zu bitten, die ihm noch von einem der Kerl zustanden, verursachte Schlaflosigkeit, Übelkeit und das Gefühl „Ich kann das nicht.“. Auch die Vorstellung seinen Kollegen von diesem Vorhaben zu berichten, veränderte nicht die Gefühlslage, sondern verschärfte das Bedürfnis aufgrund von Loyalität alles beim Alten zu belassen. Nicht auffallen. Nicht aus dem Raster fallen. Einfach die 40StundenWoche durchziehen und vielleicht die ein oder andere nicht verwendete Überstunde machen. (Ok, es sind nur „34h“, da er seine Woche von 5 auf 4 Tage verkürzen durfte. Als wäre das nicht schon auffallend genug…)
Die Reaktion der Chefs war erstaunlich. Natürlich: Wenn ein Mann an Bord fehlt, muss die Arbeit auf die anderen Schultern verteilt werden. Das ist mit Mühe, Umorganisation, höherer Belastung der anderen und Veränderungen verbunden. Dennoch waren sie positiv gestimmt, fanden die Idee toll und bedauerten sogar ein bisschen, die Gelegenheit selber nicht genutzt zu haben. Hindernis Eins überwunden.

IMG_9419Die Wohnung. Zuerst dachten wir:“ Ach, wir lassen die Wohnung einfach weiter laufen. Zahlen das Geld, sofern wir keinen Untermieter finden.“ Diese Einstellung mag sich verschwenderisch anhören. Ist sie auch durchaus. Allerdings muss ich dazu sagen, dass wir wirklich eine wunderschöne Wohnung hatten. Ein komplett biologisch saniertes Bauernhaus auf dem Land. Es war in der Tat ein kleiner geschützter Rückzugsort. Eine Oase trotz dem ein oder anderen Makel. Wenngleich es durchaus Gründe gab, ihn einzutauschen gegen ein Abenteuer, wie wir es planten. Beim Durchrechnen der Finanzen und dem steigenden Bewusstsein, dass uns das Projekt vermutlich doch an die gesparten Reserven gehen lassen würde, veränderte sich diese Einstellung zunehmend. Irgendwann entschieden wir, dass wir das Gespräch mit dem Vermieter suchen sollten. Vielleicht war ein finanzielles Entgegenkommen seinerseits ja möglich? Schnell stellte sich jedoch heraus, dass dem nicht so war und beide Parteien auf das jeweilige Geld angewiesen waren. So entstand der Entschluss die alte Wohnung zu kündigen und wir begaben uns auf die Suche nach einem neuen Stückchen gemietete Heimat.

In der Gegend, in der wir lebten, gestaltete sich die Suche nach einem ähnlichen Ort schwieriger als erwartet. Sowohl preislich als auch die Ansprüche, die sich im Laufe der vergangenen fünf Jahre durch ein Leben in diesem gesunden RaumKlima entwickelt hatten. Es gab einfach keine adäquate WohnAlternative. Nur eine taten wir bei unserer Suche auf, die dann jedoch gleichzeitig einen Umzug bedeutet hätte, der neben dem Ortswechsel auch einen Kindergartenwechsel und diverse andere Veränderungen sozialer Infrastruktur mit sich gebracht hätte. Dazu konnte ich mich nur schweren Herzens durchringen. Schließlich begannen unsere Freunde, Bekannte und Nachbarn uns den Kauf eines Hauses nahe zu legen. Etwas, was wir kategorisch für uns ausgeschlossen hatten. Nachhaltige, finanzielle und gesellschaftliche Gründe hatten zu dieser Entscheidung geführt. Mal abgesehen davon, dass keines der vorgeschlagenen und von uns besichtigten Häuser in unser „BeuteSchema“ passte, das wir uns schlussendlich erarbeitet hatten. Und dann, dann war da dieses etwa 100 Jahre alte Haus… Kurzum: Wir kauften ein Haus. Hindernis Zwei abgehakt.

und Knetausstecher zuordnen. Der Kindergarten. Während all der Suche nach einem neuen WohnOrt wurde auch die KindergartenFrage immer brisanter. Was würden die Erzieherinnen von diesem Plan halten? Wie würde die Reaktion ausfallen? Würde der Platz einem anderen Kind zur Verfügung gestellt werden? Zwischendrin die Unsicherheit, ob wir diesen Kindergarten auch nach unserem Projekt weiter besuchen können würden. Wir hatten uns zu diesem Abenteuer entschieden, weil uns klar geworden war, dass es der einzige Zeitpunkt war, um noch vor dem SchulAlltag so lange als Familie unterwegs sein zu können. Ich wollte meine Kinder einfach nicht zu sehr entwurzeln. Die Reaktion der Erzieherinnen und auch der Leiterin hätte nicht positiver ausfallen können. Sie waren ebenfalls, ähnlich den Chefs, begeistert von der Idee, sahen viel Entwicklungs- und Erfahrungsspielraum für die Kerle und kamen uns in vielen Fragen mit Rat und Tat wohlgesinnt entgegen. Das war großartig. Hindernis Drei war also gar kein wirkliches.

Die Freunde, Verwandten und Bekannten. Letztes Jahr, sogar Anfang dieses Jahres hatten wir beide große Bedenken unserer Umwelt von diesen Plänen zu berichten. Von Freunden hatten wir erfahren, wie schwierig die familiäre Situation aussehen konnte, wenn die Verwandtschaft Entscheidungen dieser Art nicht nachvollziehen, geschweige denn gutheißen konnte. Selber haben wir allein zwei befreundete Familien, die uns etwa ein halbes und die andere ein ganzes Jahr zuvorgekommen sind; und zwar mit ähnlich gearteten Abenteuern. Einmal ging es neun Monate durch Skandinavien bis ans Nordkap. Das andere mal quer durch Australien auf dem Weg zurück nach Deutschland.

Als wir erstmals in der Familie von der Idee berichteten, hatten wir daher schon längst die Entscheidung für uns gefällt, dass wir uns auf dieses Abenteuer einlassen und begonnen die angeblichen Hindernisse Job und Wohnung anzugehen. Im Nachhinein halte ich es für wichtig und richtig – für uns – Familie und Freunde vor vollendete Tatsachen gestellt zu haben. Ich glaube, wir hätten unsere Pläne vielleicht wieder verworfen, weil wir an einem zu frühen Punkt mit möglichen Unwägbarkeiten und Unannehmlichkeiten, die ja hätten auftreten können, konfrontiert worden wären.

Die Skeptiker und Kritiker meldeten sich dadurch erst recht spät zu Wort oder konnten erst während alles angerollt war zweifelnde Blicke, hochgezogene Augenbrauen oder ähnliche Gesichtsregungen von sich geben.

Es gab aber auch die Begeisterten. In der Regel die Menschen, von denen man es nicht in der Weise oder der Intensität erwartet hätte. Angefangen bei den Chefs und Erzieherinnen, über BlogLeser und adoptierte Omas bis hin zu Nachbarn und Dorfmitgliedern. Nicht zu vergessen die befreundeten Familien, die selber schon unterwegs gewesen waren und uns Mut machten auf unser Herz zu hören und darauf vorbereiteten, dass Gegenwind in einer solchen Sache einfach dazu gehört. Hindernis Vier löste sich also auch in Luft auf.

Die Suche nach einem passenden WWOOFingHost. Würde uns überhaupt jemand nehmen? Gab es WWOOFingHosts, die auch eine ganze Familie, mit ziemlich kleinen Kindern nehmen würden? Wir schrieben etwa 10 verschiedene Hosts in Skandinavien an, deren Profil uns neugierig gemacht hatte. Ich schilderte unsere Situation, den Wunsch diese Auszeit zu nehmen, zu wissen, dass wir als Familie vermutlich nicht die volle ArbeitsKraft einsetzen können würden, wie Singles, Studenten oder Pärchen. Dennoch würden wir uns gerne auf dieses Abenteuer einlassen, gerne so viel arbeiten, wie mit zwei Kindern möglich und freuen, wenn Interesse bestünde uns zu nehmen.

In der Tat gab es die ein oder andere Absage. So mancher meldete sich gar nicht erst zurück, was ich entweder unter „kein Interesse“ oder aber „Message nicht erhalten“ verbuche. Die Hälfte der angeschriebenen Hosts waren positiv gestimmt und freuten sich, eine Familie als WWOOFer diesen Sommer dabei haben zu können. damit hatten wir fünf Station verteilt auf zwei Monate (Der Zeitraum des Abenteuers hat sich durch den HausKauf um zwei Monate verkürzt.). Hindernis Fünf war also auch nur ein vermeintliches, stattdessen trat man uns mit offenen Armen entgegen.

Anfang Juli ging es los. Die Mietwohnung war geräumt, das gekaufte Haus nur noch durch einen Spalt zu betreten, Koffer und Rucksäcke gepackt und alle Kerle schon ganz furchtbar aufgeregt. Der Kindergarten wusste Bescheid, Freunde wünschten uns eine schöne Zeit und so mancher dachte: „Ok, wer’s braucht, der geht unter Schafe und arbeitet im Pferdemist. Ihr habt es ja so gewollt und euch dazu entschieden.“ Ich war nur froh, dass gerade die Kritiker und Skeptiker größtenteils nicht wussten, dass ich schwanger war. (Und zwar so richtig.)

 

WWOOFen. Ankunft in Schweden.

Bevor wir tatsächlich Deutschland hinter uns lassen konnten, hatte ich das dringende Bedürfnis zumindest festzustellen, ob die Entwicklung des kleinen Wesens in mir zeitgerecht, positiv oder auch gesund verlief. Vor allem und gerade wegen der Fehlgeburt, die etwa ein halbes Jahr zurücklag. Daher verlängerten wir unseren Aufenthalt um eine Woche und warteten den entsprechenden Arzttermin ab.

Diese Woche war sehr anstrengend. Erschöpft vom Umzug, dem eine Woche davor durchgeführten Drehtag mit dem ORF und der starken Übelkeit, habe ich täglich nur in den Seilen gehangen. Untergekommen waren wir bei unseren Familien, die selber – vermute ich – nicht so ganz wussten, was sie von dieser Vielzahl an Veränderungen und Entscheidungen in unserem Leben halten sollten. Nach einer Woche war es dringend notwendig aufzubrechen. Am Tag der geplanten Abreise verdarb ich mir jedoch so richtig den Magen. Statt vorzuschlafen und schließlich im Auto auf dem Weg gen Norden zu sein, hing ich in regelmäßigen Abständen über der Kloschüssel und fiel jedes Mal erschöpft ins Bett.

Am Tag danach waren wir noch nicht sicher, worum es sich handelt. MagenDarmInfekt, Magen verdorben? Obwohl ich wirklich am Ende war, hatte ich das Gefühl, dass wir endlich los mussten. Also schliefen wir vor, setzten uns nachts ins Auto und fuhren los. Endlich!

Zunächst verbrachten wir drei Tage in einem viel zu warmen Ferienhaus. Man mag es nicht glauben, aber den gesamten Juli über hatten wir etwa 30°C, Sonne und ich dachte, wir sind im falschen Film. Zwei Stunden, bevor wir zu unseren ersten drei CampingTagen im Zelt aufbrechen wollten, schmiss der kleinste Kerl den Flachbildschirm vom Fernsehschränkchen. Diese Möbelstücke, die es manchmal auch mit Rollen gibt, wisst ihr was ich meine? Der Kleinste hatte diese Rollen entdeckt und wollte mal ausprobieren, wie weit sich das Ding schieben und ziehen lässt. Der mit der Wandsteckdose verkabelte Flachbildschirm hielt davon nichts und rasselte mit lautem Gepolter hinten hinunter. Drei Tage vor der Übertragung des FußballWMFinales, das drei Frauen von hier aus mitverfolgen wollten. Zum Glück ging nichts am eigentlichen Bildschirm kaputt. Ein Kabelstecker riss ab, der die Nutzung des DVDPlayers möglich gemacht hätte. Ja. Meine Kinder kennen das nicht. Weder den Fernseher im Wohnzimmer. Noch diese Schränkchen. Das erste Mal blitzte der Gedanke in mir auf, dass Minimalismus vielleicht doch nicht so ideal sein könnte. Doch auf dem Weg weiter gen Norden verblasste dieser Gedanke sehr, sehr schnell. Schneller als er gekommen war und wir freuten uns auf unser erstes Campen.

Doch auch hier stellten wir schnell fest: Wir waren einfach noch nicht angekommen. Immer noch völlig erschöpft und viel zu schnell überreizt, versuchten wir unseren Platz zu finden. Im zweifachen Sinne; sowohl das Einrichten des PyramidenZeltes und Organisieren des Kofferraumes als auch unsere Rolle als deutsche Familie auf einem schwedischen Campingplatz. Die ersten zwei Nächte dachte ich wirklich: „Wir müssen wild campen. Unbedingt.“ Meine Kinder hielten nichts von Nachtruhe und wir waren gefühlt die Letzten, die irgendwann um 22:30h Ruhe gaben. Es kam mir jedes Mal wie eine Ewigkeit vor, dass im Zelt endlich, endlich Ruhe herrschte. Der Mann hatte jeden Abend, ab dem Zeitpunkt der Abenddämmerung (gegen 19h) einen Puls von 180 und das gefühlte vier Stunden lang, bis die kurzen Kerle schliefen. (Ich machte mir nicht nur einmal Sorgen, dass er gleich anfängt nach Luft zu schnappen und ich ihn reanimieren müsste.)

GedankenExkurs: Die erste Woche Ausland und von unserer AbenteuerReise war sehr, sehr anstrengend. Ich habe mich die vergangenen Wochen oft gefragt, ob ich das alles hier so schreiben soll und kann? Ob es nicht dumm ist? Zu ehrlich? Ich dann zu angreifbar? Ich fragte mich, was für ein Bild will ich bei meinen Lesern hinterlassen? Ausmalen? Bei all denen, die schon im Vorfeld uns eine schöne Reise gewünscht hatten, gespannt waren, was wir zu berichten haben werden oder selber klar äußerten, sich so ein Abenteuer aktuell nicht in ihrem Leben vorstellen zu können?
Letztendlich stand immer fest, dass entweder alles geschrieben wird – die ungeschminkte Wahrheit – oder aber nichts. Weil wir aber tatsächlich so viele tolle Leute kennengelernt und ich für mich als rage und auch als Mutter viele Aha!-Momente erlebt habe, kommt nur Ersteres in Frage.

Wir waren schon viel zu zweit zelten. Aber noch nie zu viert und nur einmal zu dritt. Wir waren es gewohnt, uns nicht als Deutsche zu erkennen zu geben und möglichst nicht aufzufallen. Ich empfinde es immer als anstrengend, wenn man Deutsche schon von Weitem über den gesamten Zeltplatz rufen hört. Auch mit der Einstellung im AuslandsUrlaub in einem fremden Land nur auf deutsch zu kommunizieren, tue ich mir schwer. Doch jetzt waren wir diejenigen, die man durch ihre erzieherischen Maßnahmen schon aus 20Metern Entfernung als deutsche Familie mit kleinen Kindern ausmachen konnte. Daran musste ich mich gewöhnen. Das musste ich hinnehmen, um meinen Kindern und ihren Trotz- und VerweigerungsPhasen mit Geduld und ein bisschen Gelassenheit begegnen zu können. (Und gleichzeitig in Liebe meinem Mann die Hand auf den Unterarm zu legen und beruhigend auf ihn einzureden, wenn denn die Knots und Mücken über ihn herfielen.)

02_tiveden-0002_tiveden-02Und siehe da: Meine damit einhergehende Ruhe hatte auch auf den Rest der Familie Auswirkungen und wir begannen uns zu erden. Gegenseitig. Wir entdeckten plötzlich die Natur im Tiveden Nationalpark. Ein NaturschutzGebiet zwischen den beiden großen Seen Vänern und Vättern. Meine Übelkeit ließ nach und damit auch meine Gereiztheit. Wir entdeckten schnell, wie wir durch ein besseres Zeitmanagement den Mücken aus dem Inneren des Zeltes zuwinken konnten und schliefen erstmals seit Wochen 10-12h am Stück. Wir fuhren tatsächlich innerlich runter und konnten uns auf die am nächsten Tag anstehende WWOOFingStation mental vorbereiten und einlassen. Wie würden die Hosts uns willkommen heißen? Würden wir in den ersten Minuten das Bild der HorrorFamilie hinterlassen? Oder das von einer Familie, die von Liebe bestimmt ist und Lust auf ein Abenteuer hat?

 

WWOOFen. Station Eins.

Sie: „Das ist hier nicht richtig.“
Er: „Doch. Da stand doch der Dorfname.“
Sie: „Aber hier ist doch nichts.“
Schweigen.
Er: „Ja, ich weiß.“
Schweigen.
Sie: „Da! Das ist es bestimmt.“
Er… fährt weiter.
Sie: „Hej! Warum…“
Er: „Woher willst du wissen, dass es da war. Da stand doch nichts.“
Sie: „Ich weiß es. Es sah danach aus.“ genervtes Aufseufzen.
Er: „Ich fahr noch bis zur nächsten Kreuzung.“
Sie: „Mhm.“ genervtes aus dem Fenster schauen.
Irgendwann als die Straße keine Wendemöglichkeit mehr bietet, wird er langsamer und fährt die letzten 200m rückwärts, um in einer kleinen Einbuchtung die Fahrtrichtung zu ändern.
Zögerlich fährt das Auto auf das Gelände. Das Fahrzeug in der Einfahrt hat ein deutsches Nummernschild. Die Hosts waren nach Schweden ausgewanderte Deutsche. Sie könnte tatsächlich recht gehabt haben.

Ich hatte recht. 5 Minuten später öffneten uns unsere Hosts die Tür und zwei Familien standen sich etwas unschlüssig und unsicher, fast schon betreten gegenüber.

Die Autofahrt war lange, mein Mann etwas aufgeregt aufgrund der ersten WWOOFingStation und mein Bauchgefühl ließ mich zögern. Ich wusste nicht so ganz woran wir bei den beiden waren. Sie begrüßte uns und auch er hieß uns freundlich, aber zurückhaltend, willkommen.

Im weiteren Verlauf unserer Zeit dort kam ein bisschen heraus, woran diese anfängliche Vorsicht auf beiden Seiten rührte: Wir wussten beide nicht, was wir erwarten sollten. Unsere Hosts hatten ein kleines Kind und den Kontakt und Emailverkehr hatte ich nur mit ihr geführt. Sie wusste, dass wir schwanger waren und auch, dass wir mit zwei kleinen Kindern anreisen würden. Dennoch schien sie gespannt und neugierig, wie die anstehende Woche wohl werden würde. Er wusste ebenfalls von unserem Status, wenngleich er der Sache vielleicht nicht ganz so positiv, eher skeptisch gegenüber zu stehen schien.

Auf so einem SelbstversorgerHof gibt es schließlich viele Geräte, Pflanzen und vor allem junge Obstbäume, die kaputt gehen bzw. von kleinen Kinderhänden schnell zerstört werden konnten. Dinge, für die unsere beiden Hosts lange gearbeitet hatten und an denen verständlicherweise ihr Herz hing.

Mich hemmte diese sich nachher bestätigende Vermutung für den Grund der Zurückhaltung und löste zeitgleich den Wunsch aus, eben nicht die „HorrorFamilie“ abzugeben, sondern den beiden in den kommenden 5-6 Tagen eine Hilfe zu sein. Auf gar keinen Fall durfte irgendetwas kaputt gehen. Meinem Mann ging es ähnlich. Diese erste Woche führte uns vor Augen, wie anstrengend das WWOOFen als Familie sein konnte.

Meine Betonung liegt dabei auf „als Familie“. Ich hatte unterschätzt, wie schwierig es sein konnte, die beiden kurzen Kerle „bei der Stange zu halten“. Erdbeeren pflücken? Klar, gerne!! Für 3Minuten. Keinesfalls länger. Unkraut jäten? Klar. Immer. Im Rausreißen von Pflanzen, Blumen, abreißen von Blättern und Zweigen sind meine Kinder ganz große klasse. Aber gewolltes entfernen? 2Minuten. Inklusive ZucchiniBlatt. Aber schließlich sind sie ja auch noch klein. Noch nicht einmal Schulkinder. Zwei wilde Jungs, denen nach Entdecken, Dinosauriern und Abenteuern ist und war!

Die Herausforderung bestand darin, irgendwie eine Balance zu finden und am Ende der Woche hatte ich das Gefühl, es geschafft zu haben. Von beiden Seiten war es uns gelungen aufeinander zuzugehen und einzugehen. Das war sehr wertvoll. Zumal wir festgestellt haben, an vielen Stellen auf einer ähnlichen „Welle“ zu liegen. Sei es bzgl. des europäischen und globalen Wirtschaftswesens, des Vegetarismus oder des reduzierten bzw. bewussten Lebens.

Unsere Aufgaben bestanden darin:
Erdbeeren zu pflücken.
Marmelade einzukochen.
Johanniskraut zu sammeln und zum Trocknen aufhängen.
Schafen den Stall fertig zu machen.

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Eine CarPortEinfahrt aus all den herumliegenden …

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großen Steinen zu bauen.

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Holz aus dem Wald zum Zerkleinern heranzuschaffen.

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Gewächshaus und Küchengarten vom Unkraut zu befreien.

Getrocknete Pflanzen wie Pfefferminze, Oregano und Scharfgarbe zu Tee und Gewürz zu zerkleinern.

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Abends die Küche für den kommenden Tag wieder herzurichten.

OLYMPUS DIGITAL CAMERADer Hof ist sehr liebevoll hergerichtet. Mit zwei Stugor bestand genügend Platz mehrere WWOOFer zur selben Zeit einzuplanen. Draußen gab es eine FreiDusche. Das Wasser wurde im Haus mittels Gießkanne vorbereitet. Mit einem Wasserkocher ließ sich das Wasser entsprechend warm-heiß mischen. Durch Aufhängen der Gießkanne wurde geduscht. Uns war das Duschen zu freizügig, zumal sie direkt vor dem Wohnhaus liegt und trotz Weidenzäunen genügend Blicke durchlassen konnte. Also ging’s fast tgl. an den See. Zum Glück hielt die SchönWetterFront noch immer mit ihren 25-30°C an.

IMG_0790Die Toilette war ein Plumpsklo. In unserer gesamten Zeit des WWOOFens gab es auf den SelbstversorgerHöfen eigentlich nur PlumpsKlos. Und ich muss sagen, dass ich sie nicht so furchtbar fand, wie die StehToiletten auf französischen CampingPlätzen.

Wir haben uns viel auf dieser ersten Station unterhalten. Über Permakultur, Selbstversorgung in Teilen und nicht zu 100% oder auch die Themen windelfrei und Schwangerschaften im europäischen Ausland.

Meine Schlussfolgerungen zu diesen Themen nach unserem Abenteuer:
* Ich muss mich bzgl. Permakultur schlau machen.
* Selbstversorgung in Teilen finde ich persönlich sinniger. Sie ist gesellschaftsfähiger, sogar gemeinschaftsfördernder als alles aus eigener Hand herstellen zu wollen.
* Kein anderes europäisches Land scheint so einen ausgeprägten SchwangerschaftsVorsorgeApparat zu haben, wie Deutschland.

OLYMPUS DIGITAL CAMERAOLYMPUS DIGITAL CAMERAIch war froh, als diese erste Woche rum war. Wir hatten nichts zerstört, wir hatten ein wenig Hilfe sein können und trotz anfänglicher Anlaufschwierigkeiten eine gute Zeit zusammen gehabt. Zumindest von unserer Seite aus. Das Essen vermisse ich heute noch. Das war richtig gut und ich habe erstmals Frauenmantel und Giersch verzehrt. Seitdem habe ich jede Wiese in Skandinavien und Deutschland nach entsprechenden Wildpflanzen abgesucht und beides auch schon entdeckt. Sogar die Jungs haben sich das Äußere dieser Blätter eingeprägt. Buchweizen erkannte ich nun auch. Vor allem roch ich ihn schon von Weitem. Aber danach, freute ich mich erstmals auf den Urlaub. Wir waren in dieser Woche weiterhin innerlich runtergefahren. Aber der Druck, den wir uns gemacht haben, dass unsere Kinder bloß nichts kaputt machten, wie z.B. die eine Kirsche, die am jungen Kirschbaum hing, war nicht zu unterschätzen. Wir freuten uns auf den Urlaub im Süden Schwedens an der Ostsee.

 

WWOOFen. Ein Erklärungsversuch.

IMG_0754„Wo ward ihr eigentlich den ganzen Sommer?“
„Wir kommen gerade aus Skandinavien.“
„Oh schön! Urlaub in Schweden. Oder Norwegen.“
„So überall. Wobei… Urlaub ist relativ.“
„Wieso das? Kein gutes Wetter? Hier hat’s nur geregnet.“
„Doch. Super!! Auch das Wetter. Aber Urlaub trifft’s nicht ganz. Nicht nur. Wir haben auch gearbeitet.“
Erstauntes Gesicht. „Im Urlaub?“
„Wir waren WWOOFen.“
„WWOOFen? Was ist das?“

Meine bisherige Definition: „So ’ne Art work and travel. Nur auf ÖkoBauernhöfen bzw. bei Selbstversorgern.“

Ich glaube, diese Definition trifft es ganz gut. Dennoch versuche ich WWOOFen mal in diesem Beitrag etwas allgemeiner auszuführen:

Was bedeutet WWOOF? Die wortwörtliche Übersetzung lautet (derzeit): World Wide Opportunities on Organic Farms. Wobei ich im Netz auch noch andere, wenngleich ähnliche Ausführungen der fünf Buchstaben gefunden habe.

Was macht man da? Als WWOOFer erhältst du einen Schlafplatz und wirst außerdem für die jeweilige Zeit essenstechnisch mitversorgt. Im Gegenzug arbeitest du auf dem Hof mit. Meistens wird 6h am Tag mit angepackt und man hat 1-2 Tage in der Woche frei. Das wird gemeinsam besprochen. Manche Hosts haben sehr feste Zeiten, wieder andere sind sehr flexibel, je nach Jahreszeit und anstehenden Aufgaben.

Wo gibt’s das? Überall auf der Welt. Such dir ein Land aus und in der Regel gibt es dort eine Gruppe von Menschen, die – meist ehrenamtlich – das WWOOFen organisiert. Neuseeland, Schweden, Italien, Griechenland, Irland… Meist hat jedes Land seine eigene Internetpräsenz.

Wie werde ich WWOOFer? Zu der Internetplattform, gehört ein internes Forum für angemeldete Mitglieder. Die zahlen als Host oder auch als WWOOFer einen Jahresbeitrag, der zwischen 15€ und 25€ liegt. Die Gebühr variiert und wir mussten jeweils diese Beträge zahlen. Ob es noch höhere Beiträge gibt, kann ich nicht sagen. Erst durch diese Registrierung kommt man ins Forum und kann Hosts direkt anschreiben. Vorher kann man zwar die  jeweiligen Höfe anschauen und sich die Profile durchlesen. Aber ein Anschreiben ist aufgrund fehlender Kontaktdaten erst nach Bezahlung möglich.

Wie schreibt man an? Auf diesen Internetseiten steht meist beschrieben, wie eine Kontaktaufnahmen empfohlen wird. In unserem Eifer habe ich das erst nachdem ich zehn Höfe angeschrieben hatte, entdeckt. Wir haben damals, weil wir als Familie los wollten und längerfristig planen mussten, knapp vier Monate vorher den Kontakt über die Formulare gesucht. Aufgrund von Erfahrungen sollte man mindestens sechs Wochen vorher sich um eine Kontaktaufnahme bemühen. Meistens steht man über dieses Kontakt- oder auch das NachrichtenFormular der Plattform miteinander in Verbindung. Wir haben uns nachher mit den Hosts auch per Mail und Telefon abgesprochen und verabredet.

Und dann? Dann fährt man los und arbeitet mit. Die Aufgabenfelder sind so unterschiedlich, wie die Höfe und ihre Hosts. Es gibt große ApfelbaumPlantagen, Bed&Breakfasts, SelbstversorgerFamilien, Omas mit jeder Menge Land, Menschen, die alte BauernHöfe wiederbeleben wollen… Du kannst zum Reparieren eines Zaunes, zum Unkraut jäten, zum Aufbau einer SolarAnlage auf einer der Scheunen, zum Verarbeiten der Ernte oder zum Versorgern des Viehs eingesetzt werden. Wir wurden von allen Hosts immer gefragt, was wir gerne machen würden? Ob wir irgendwelche Themen- und damit auch Arbeitsschwerpunkte hätten? Ob wir was bestimmtes lernen wollten? Für uns als Familie war diese Zeit sehr wertvoll. Wir haben Literatur und Links genannt bekommen, auf denen sich unsere Hosts tummeln. Unser Wissen erweitern können und ein uns „fremdes“ Leben teilen dürfen. Genauso waren wir ebenfalls eine Bereicherung. Nicht nur durch die getane Arbeit, sondern auch die Themen, das Wissen und die Quellen im Netz, die wir gerne weitergegeben haben.

Gibt’s unter euch jemanden, der auch schon WWOOFen war? Ich meine mich daran zu erinnern, dass der ein oder andere schon in anderen Ländern auf diese Weise unterwegs war. Was sind eure Erfahrungen? Teilt sie gerne in den Kommentaren mit!! Gerne auch mit Verlinkung zu den jeweiligen möglichen BlogBeiträgen.

Wer noch mehr Interesse am WWOOFen hat, der folgt am besten den folgenden Links:

WWOOF – Deutschland
World Wide Opportunities on Organic Farms
Auch nochmal in kurzer Zusammenfassung: Farmarbeit. WWOOF
WWOOF. Work exchange on organic and sustainable properties
WWOOF Sweden
WWOOF Norway

Viel Spaß! Es ist großartig!

 

WWOOFen. Station Zwei. Abbruch.

Nach unserer ersten WWOOFing-Station standen zwei Wochen Urlaub auf dem Programm. Ursprünglich hatten wir geplant in einem Ferienhaus unterzukommen. Nachdem wir jedoch feststellten, dass das Übernachten in einem Zelt – in diesem schwedischen Sommer – sehr viel erträglicher war, als jedes Haus, verkürzten wir unsere Zeit in den vier festen Wänden, fuhren zwischendrin auf das Bloggertreffen nach Hamburg, besuchten liebe Freunde in der Gegend und düsten nach einem vollen, aber intensivschönen Wochenende wieder zurück in die Wildnis.

Auf unserem Weg gen Norden fuhren wir diverse Campingplätze an, die sich alle durch Familienfreundlichkeit, Naturverbundenheit, Überschaubarkeit und Einfachheit auszeichneten. Große Plätze, Entertaining oder LuxusKomfortDuschen am Meer waren schnell zu NichtKennzeichen des von uns gesuchten Übernachtungsplatzes geworden.

So erreichten wir nach zwei Wochen Norwegen, wo uns der nächste Host schon erwartete. Wir hatten uns einen kleinen Bauernhof ausgesucht, mit deren Besitzerin wir eine ArbeitsWoche vereinbart hatten, in der auch ihre Kinder vor Ort waren. Ich freute mich schon auf die etwas älteren möglichen Spielkameraden für unsere Kerle und die neue Umgebung.

IMG_0970Als wir auf die Hofeinfahrt zufuhren, sah alles sehr schlicht und ein bisschen wild aus. Unsere Gastmutter kam aus dem Haus und begrüßte uns herzlich mit ein paar Brocken Deutsch, wobei wir recht schnell ins Englische überwechselten, da die Kommunikation so viel einfacher war. (Es ist seltsam, aber ich hatte den Eindruck die norwegischen Gespräche besser mitverfolgen zu können als die schwedischen. Aber vielleicht lag es auch an der Art wie Erwachsene miteinander reden oder aber Eltern mit ihren Kindern. Denn diese Gespräche schienen mir sehr vertraut, wenn ich sie mitbekam.)

IMG_0973Da wir etwa 16h hatten, bot sie uns eine Portion Porridge an, die wir zu diesem Zeitpunkt dankend ablehnten, um uns erstmal mit ihr auf dem Hof umzuschauen. Sie betrieb den Hof inzwischen alleine, hatte etwa 20 Hühner, ein paar Schafe, Ziegen und Kühe sowie ein Hausschwein – Petronella. Vor dem Ziegenbock Jack warnte sie uns gleich zu Anfang und bat uns, genügend Abstand vor ihm zu wahren. Er sei trügerisch und würde gerne mal jemanden auf die Hörner nehmen.

Als wir ankamen befanden sich gerade zwei weitere WWOOFer auf dem Hof. Ein Mädchen, das mit ihr und den beiden Jungs im Haupthaus untergebracht war, sowie ein junger Mann, der schon seit etwa einem Jahr mitarbeitete und in der Stugor, einem kleinen Nebenhaus sein Bett hatte. Diese Menschen kennenzulernen, zu erfahren, woher sie kamen und wie sie an diesen Ort gelandet waren, fand ich unglaublich spannend. Wenngleich ich schon zu diesem Augenblick ein unsicheres Gefühl hatte. Trotz aller Freundlichkeit und Herzlichkeit fühlte ich mich unwohler als auf der ersten Station und konnte einfach nicht festmachen, woran das lag.

Unsere Gastmutter erklärte uns das Gelände, zeigte uns die Scheunen und erzählte wozu die Räumlichkeiten in der Vergangenheit genutzt worden waren, wozu sie sie heute nutzte und was sie in der Zukunft vorhatte, wie beispielsweise wieder Käse selber herzustellen oder an einem Projekt der Landwirte aus der Region teilzunehmen, von denen einer das Metzgerhandwerk erlernt hatte und dem die anderen ihre Tiere zum Schlachten vorbeibringen wollten. Das war alles interessant, inspirierend und ich musste mich immer wieder neu mental davon überzeugen, dass es gut war, jetzt an diesem Ort zu sein. Auch wenn das Gefühl ein anderes war.

Am Abend, nachdem die anderen die Tiere gefüttert und für die Nacht versorgt hatten, gab es ausnahmsweise ein Abendbrot, wegen unserer Ankunft. An diesem Abend wurde mir nochmal mehr klar, wie sehr dieses ganze Projekt von Kompromissen abhing. Auch und besonders von unserer Seite. War mir bei der ersten Station noch permanent durch den Kopf gegangen, was es für ein Kompromiss für unseren Host sein musste, uns als Familie aufzunehmen, die nur knapp an die zwei Arbeitskräfte bot und dafür zu viert auf der Matte stand, so merkte ich diesmal, wie sehr ich mich nach meiner reduzierten, überschaubaren und im Vergleich zu einer BauernhofKüche sauberen MietWohnungsKüche sehnte. Nach meinem funktionierenden Klo. Nach ein bisschen PrivatSphäre. Wir hockten jetzt schon seit einem Monat als Familie aufeinander. Entweder im Zelt oder im Auto oder bei Unternehmungen oder der Arbeit auf einer WWOOFing-Station. Ich merkte, wie das Ganze plötzlich an mir zu zehren und mich innerlich aufzuwühlen begann.

Noch während unserer Führung über das Gelände hatte sich herausgestellt, dass wir am besten im Zelt übernachteten, da die Stugor (das Nebenhaus) von dem WWOOFer bewohnt werde. Da im Emailkontakt gefallen war, dass wir eh unser Zelt dabei hätten, war unsere Gastmutter auch von nichts anderem ausgegangen als dass wir irgendwo auf einer der Wiesen übernachteten. Entweder direkt am Haupthaus oder aber (lieber noch) bei der Stugor auf der Ziegenwiese. Ziegenwiese bedeutete natürlich, dass dort die Ziegen rumgelaufen waren. Die ließen sich zwar in dem abgetrennten Teil des Geheges unterbringen, deren Exkremente jedoch nicht. Da wir aber noch weitere 4-6Wochen unterwegs sein würden, vermutlich auch in diesem Zelt, kam das einfach nicht in Frage es dort aufzuschlagen.
IMG_0971Die Stugor hatte zwar zwei Etagen, allerdings nur eine einzige Tür. Und die gehörte zum Bad, ließ sich aber eh nicht abschließen. Bei dem Bad handelte es sich diesmal nicht um ein Plumpsklo, doch wie sehr sehnte ich mich in diesem Moment nach dem Klo unserer ersten Station. Denn diese hier, bei vielen Gebrauch bzw. betätigen der Spülung, verlor ein Rinnsal an PinkelWasser, das aufgrund der Unebenheit des Raumes einmal quer hindurch lief.

Zum Abendessen gab es Brot, Marmelade, gepflückte Beeren und einen 10lEimer Milch, der mit einer Kelle mitten auf dem Tisch stand. Daneben eine RiesenSchüssel selbstgemachten Joghurt. Natürlich nach uraltem Rezept zubereitet. Die nächste Portion kam gerade vom Herd und wurde in eine dicke Decke gehüllt nahe des Ofens abgestellt. Während des Abendessens kamen wir miteinander ins Gespräch, tauschten uns über Montessori, Steiner und Walddorfschulen aus. Als es darum ging, warum ich keine Milch trank, wurde auch meine Schwangerschaft zum Thema, für die diese Milch völlig unbehandelt, direkt vom Euter das Beste sein würde. Aber … da war ja mein Gynäkologe, dem ich vertraute. Der meinte, keine RohmilchProdukte zu mir zu nehmen. Was nun? Für mich stand das Thema gar nicht weiter zur Diskussion. Dennoch fühlte ich den Disput an dieser Stelle. Ich wusste, ich befand mich in einer Schublade, so unwohl ich mich in dieser auch fühlte. Kombiniert mit meiner zu diesem Zeitpunkt riesigen Sehnsucht nach meinen HygieneVerhältnissen ging es mir nicht gut. Ich wollte nur noch weg.

Als ich meinem Mann davon berichtete, war der erst zurückhaltend. Er hatte sich für dieses gesamte Projekt sehr zusammenreißen müssen. Er lässt sich nur mit Mühe immer wieder neu auf neue Menschen, neue Lebenssituationen und ähnliches ein. Das gesamte Projekt hatte ihn viel Kraft gekostet. Aber nach der ersten WWOOFing-Station war er außerordentlich zufrieden weitergefahren. Ihm war es bislang ähnlich ergangen an dieser zweiten Station. Im Gegensatz zu mir wollte er jedoch die Zähne zusammenbeißen, Augen zu und durch. Ich konnte das einfach nicht. Wir beschlossen am nächsten Morgen normal aufzustehen und zu erklären, dass wir weiterfahren würden. Als Grund wollten wir meine Schwangerschaft und die tatsächlich damit einhergehende Erschöpfung vorschieben, auch wenn es nur einem Teil der Wahrheit entsprach.

Wenn wir gewusst hätten, was uns in dieser Nacht erwartete… wären wir vielleicht schon früher wieder gefahren. Gegen 21:45h begann es zu donnern und zu blitzen. Obwohl es eigentlich noch recht hell hätte sein müssen, hatten die Wolken den Himmel verdunkelt und es rumste gehörig. Wir schnappten uns die Kerle und warteten etwa 30min ein starkes Gewitter auf der Veranda des Haupthauses ab. Da wir nicht wussten, dass es weitergehen sollte, schlüpften wir wieder ins Zelt und schliefen bei leichtem Gegrummel von draußen ein. Gegen halb zwölf wurden wir plötzlich aus dem Schlaf gerissen. Draußen fegte und wütete ein heftiges Gewitter. Die Blitze waren so stark, dass wir im Zelt hell erleuchtet da lagen und jedes Mal der Boden bebte, wenn ein Donnerschlag dem Blitz unmittelbar folgte. Ich betete. Das war auch das einzige, wozu ich mich in dem Moment im Stande fühlte. Es war nur eine dünne Zeltwand, aber nichts bekam mich jetzt hier heraus. Starr vor Angst nahm ich einen der beiden Kerle fest in den Arm und zitterte betend vor mich hin. Nach etwa 20Minuten ließen die Donnerschläge nach.

„Ich hab die ganze Zeit gebetet.“ flüsterte ich in die Dunkelheit hinein.
„Ich auch.“ folgte die gepresste Antwort meines Mannes.
… Stille …
„Sollten wir vielleicht in die Stugor?“
„Bitte!“ antwortete ich hastig und hatte auch schon den kleineren der Kerle auf den Knien, um aus dem Zelt zu klettern.

So wechselten wir vom Zelt auf den Flurboden der Stugor. So leise und so schnell wie möglich kramten wir unsere Schlafsäcke und einen Teil der Isomatten durch den strömenden Regen auf die andere Seite des Geländes und ließen uns erschöpft und nass zu Boden. In diesem Moment stand für uns beide fest, wir würden die kommende Woche an diesem Ort nur unter großen Anstrengungen hinter uns bringen. Ich hatte mich entschieden und wollte das nicht. Weder für mich noch für das Baby in meinem Bauch. Die Fehlgeburt letztes Jahr ergriff mich plötzlich und ich bekam Angst das Kind vielleicht doch noch zu verlieren, nur weil ich nicht auf mein Bauchgefühl achtete.

Unsere Gastmutter war sichtlich erfreut, dass wir nachts ins Nebenhaus gewechselt waren. Sie war irgendwann durch die Donnerschläge wach geworden und hatte gehofft, dass wir unser Lager nochmal woanders geschützter aufschlugen. Als sie meinte, sie habe uns am Abend davor keine Angst machen wollen und uns deshalb nichts von dem vorhergesagten Gewitter erzählt, war ich sehr erstaunt. Zumal sie beiläufig erwähnte, dass wir uns hier in einer der Regionen Norwegens befänden, in denen die häufigsten Blitzeinschläge gezählt würden.

Unsere Entscheidung weiterzuziehen konnte sie verstehen und bedankte sich, dass wir überhaupt gekommen seien. Es gäbe einige WWOOFer, die einen Zeitrahmen fürs Arbeiten mit ihr vereinbarten, aber dann gar nicht erst auftauchten. Das sei schon sehr ärgerlich, zumal sie in den HochZeiten diese Arbeitskräfte auch mit einplante.

Damit lag unsere 2.WWOOFing-Station schon nach weniger als 24h hinter uns und ich war schon lange nicht mehr so erleichtert, als in dem Moment, in dem wir die Hofeinfahrt hinter uns gelassen hatten.

Klar: Dieser Abbruch hatte etwas von Versagen. Ich hatte mir zwischenzeitlich nicht eingestehen wollen, dass ich nicht mehr konnte oder wollte. Doch letztendlich bin ich dankbar für diese Erfahrung. Ich musste mir eingestehen, dass hier Kompromisse von mir gefordert waren, die ich nur mit sehr viel Kraft über mich gebracht hätte. Zu erleben, sich dagegen zu stellen und einzuknicken, statt sich durchzukämpfen, war mir neu und auch mal gut.

 

WWOOFen. Camping. Richtungswechsel.

Da saßen wir also nun. Wir hatten Norwegen wieder hinter uns gelassen und waren kurzerhand in die Richtung des CampingPlatzes gefahren, von dem wir am Morgen zuvor aufgebrochen waren. Als ich an der Rezeption stand, wunderte sich die Besitzerin nicht schlecht, sprach es jedoch nicht aus, was ihr vielleicht durch den Kopf ging.

Stattdessen erklärte ich ihr die Situation: Dass wir auf dem Weg nach Norwegen gewesen waren und uns dort ein ganz außerordentlich furchtbares Gewitter begegnet sei, dessen Begegnung wir uns hier nicht wieder erhofften. Sie wies mich darauf hin, dass es lokal auch in Schweden zu diesen starken GewitterStürmen gekommen sei und dieselben auch für diesen Abend und die kommende Nacht „lokal“ gemeldet seien. Lokal. Was auch immer das bedeuten sollte.

Ich fragte, ob es eine Option gäbe, für diesen Fall einen festen Unterschlupf auf dem Campingplatz zu bekommen. Sie überlegte und griff nach ihrem Handy. „I have an idea. Wait! I first have to talk with my husband…“ So oder so ähnlich drehte sie mir den Rücken zu und versuchte den CampingPlatzBesitzer zu erreichen. Ich weiß gar nicht mehr, ob es ihr gelang. Jedenfalls bot sie mir am Ende an, den Schlüssel für das ServiceHaus am Abend, bevor alles abgeschlossen würde, bei ihr abzuholen. Sollte es gewittern, würden wir in dem noch nicht fertiggestellten Gemeinschaftsraum unterkommen können.

Am liebsten wäre ich dieser Frau um den Hals gefallen. Ich war so überwältigt von so viel Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit, ich hätte heulen können. Keine Ahnung, ich will nicht sagen, dass es sowas nicht auch in unseren Breitengraden gibt. Allein die Tatsache, dass ich es versuche anders zu machen als viele andere und viele Menschen aus meinem näheren und auch meinem CyberUmfeld kenne, die es ähnlich handhaben, macht mir Mut, dass da eine veränderte Mentalität sich irgendwann einmal durchsetzen könnte.

In dieser Nacht gab es kein weiteres Gewitter. Als ich am Abend zur Rezeption tigerte, um unsere EisAkkus in der GefrierTruhe auszutauschen, hielt mir die Besitzerin schon den Schlüssel hin.
Ich sagte: „Oh danke. Wir haben eben nochmal darüber gesprochen und beschlossen, dass wir Ihr Angebot nicht annehmen werden. Das Wetter scheint es gut mit uns zu meinen…“
Sie: „Bist du dir sicher?“
Ich: „Ja, ja. Wir haben das eben gemeinsam beschlossen.“ (Hatten wir in der Tat.)
Sie: „Aber“, sie schwenkte den Schlüssel hin und her, „wenn es doch anfangen sollte, dann kannst du den Schlüssel hervorzaubern und dein Mann wird große Augen machen und sehr froh sein.“
Ich musste lachen und ließ mich überreden.
Im Zelt zurückgekehrt erzählte ich meinem Mann von der Situation und wir mussten erneut herzlich lachen. Es war einfach zu schön an diesem Ort, an dem sich jemand völlig fremdes so sehr um unser Wohl bemühte.

IMG_1012Wir blieben eine weitere Woche auf diesem CampingPlatz. Ich brauchte zwei Tage, um mich innerlich auf diese völlig freie Zeit einzulassen, die wir eigentlich vorgehabt hatten zu arbeiten. Immer wieder kam da dieses schlechte Gewissen, sich nicht gut genug angestrengt zu haben. Gegen Ende der Woche schlug das Wetter dann so richtig um. Es wurde regnerischer und unser BewegungsRadius schränkte sich von einem auf den anderen Tag radikal ein. Das Angebot des Ferienhauses der Eltern kam da sehr gelegen.

Da wir dieses Mal für eine ganze Woche bleiben wollten, sofern nicht wieder ein Flachbildschirm herunterfiel, räumten wir alles außer Reichweite. Auch den Flachbildschirm. Tatatataadahh! Wir waren doch keine so furchtbare HorrorFamilie. Dieses Mal ging nichts kaputt und die verlebte Zeit war außerordentlich entspannt!

IMG_1093Nun waren wir schon fast am Ende unserer WWOOFing-Zeit angekommen. Unsere letzten zwei Wochen standen bevor und damit auch unsere letzte WWOOFing-Station. Ich hatte ein bisschen Angst. Der Abbruch der letzten Station trat mir wieder vor Augen. Wieder einmal fragte ich mich, ob ich zu pingelig und penibel war oder ob es in Ordnung gewesen war, sich nicht durch diese Woche hindurchgeschlagen zu haben?!? Ich wusste es nicht und betete nur immer wieder, dass es dieses Mal anders laufen würde. Wir waren etwas verwöhnt von der Kombination Campingplatz und Ferienhaus der letzten beiden Wochen. Wir würden sehen, wohin uns unser Weg führte. 

Ein letztes Mal packten wir unser Auto und fuhren in Richtung Norden ans südliche Ende der beiden größten Seen Schwedens, Vättern und Vänern. Dort erwartete uns eine kleine Familie, die selber aus Mama, Papa und zwei kurzen Kerlen bestand. Mal schauen, wie unser Abenteuer dort oben weitergehen würde…

 

WWOOFen. Station Drei. (1)

Die intensivsten zwei Wochen haben wir, meinem Gefühl nach, in den letzten beiden Wochen dieser drei Monate erlebt. Als wir ankamen, war nur der Vater der Familie zugegen. Der Rest der Familie machte gerade einen Großeinkauf – an einem Sonntag. (Etwas, was mir immer fremd sein wird, obwohl ich als Kind Sonntage ganz doof fand.)

Ich weiß gar nicht mehr, was wir dort wie als erstes gemacht haben. Aber wenn ich es in gebrainstormten Stichworten zusammenfassen sollte, dann so:

1. Schafe geschlachtet – 2. Fleisch gegessen – 3. im Zirkuswagen gelebt – 4. ein KinderSpielHaus (eine alte Schule) besucht – 5. eine Vergiftung mitgemacht – 6. Hemmschwellen überwunden – 7. Brote gebacken – 8. Knochen gesammelt – 9. eine andere Art FamilienLeben mitgelebt – 10. Löwenzahn wieder neu entdeckt – 11. ein geniales Schwimmbad entdeckt – 12. ein Plumpsklo lieben gelernt – 13. frisch gefangenen Fisch gegessen (natürlich gegart zubereitet) – 14. Landgurken eingelegt undundund.

Ich weiß nicht, was davon ihr am interessantesten findet. Alles zu erzählen würde diesen BlogBeitrag sprengen und da ich meine Artikel bewusst wieder etwas kürzer halten möchte… Sucht euch jeder drei bis fünf Themen aus. Die beliebtesten bzw. gewünschtesten werde ich im nächsten Post ein wenig ausführen.

 

WWOOFen. Station Drei. (2) Im Zirkuswagen gelebt

Während unserer letzten Station in Skandinavien, haben wir in einem Zirkuswagen gelebt. Wir hatten in der Beschreibung der Station schon davon gelesen. Aber so wirklich glauben, konnten wir es nicht.

Nicht, dass wir skeptisch gewesen wären. Ganz und gar nicht. Diesmal nicht. Denn: Wir wollten unbedingt mal in einem solchen Gefährt wohnen. Die Betonung liegt auf „wohnen“. Nicht nur eine Nacht drin übernachten, nein, wohnen. Mein Mann konnte es gar nicht abwarten. Vermutlich lag das daran, dass wir schon vor knapp drei Jahren mal kurz davor standen, uns Zirkuswagen anzuschauen, um selber einen umzubauen und als WohnAlternative für unsere Familie zurecht zu machen. Damals scheiterte es am übervollen Alltag. Und wenn ich mir jetzt unser aktuelles #ProjektAlteSchule so anschaue, bin ich ganz froh, dass wir das Geld damals nicht ausgegeben und irgendwie auch keine gute Gelegenheit bekommen haben, einen Zirkuswagen zu kaufen.

IMG_1162IMG_1171Unsere Zeit in diesem Zirkuswagen war super. Wir haben zu viert auf engstem Raum gelebt. Mit zwei kleinen Kindern geht das ganz gut. Hätten wir es mit zwei heranwachsenden Teenagern zu tun… hm, würde das nochmal anders ausschauen. Und: Wir haben nur zwei Wochen – eine absehbare Zeit – in diesen vier Wänden gehaust.

 

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Morgens sind wir nacheinander wach geworden. Einer nach dem anderen ging zur Katzenwäsche und Morgentoilette aufs PlumpsKlo, das zum Inventar des Wagens gehört, und ans Waschbecken der Küche. Und es war so großartig! Ein wunderschönes Klo. Bei unseren aktuellen Arbeiten habe ich tatsächlich schon mit dem Gedanken gespielt ein PlumpsKlo einzurichten. Aber da ich keine Ahnung habe, ob und wie man sowas anmeldet, kommt das erstmal nicht in Frage. Wenngleich wir immer wieder davon spinnen, nach den großen RenovierungsArbeiten ebenfalls eine WWOOFing Station einzurichten. Ein Zirkuswagen inklusive PlumpsKlo kommt in den Überlegungen definitiv auch vor. Sollte das was werden – mit der WWOOFing Station und euch stößt ein PlumpsKlo nicht ab – könntet ihr uns auch mal „in Echt“ kennenlernen. Ohne diverse Server, Satelliten, Glasfaserkabel und haste nicht gesehen dazwischen.

IMG_1189In dem Zirkuswagen gab es außerdem eine Dusche und eine kleine Nische zum Kochen. Beides war für den Zeitraum jedoch abgeschaltet:

Die Dusche, da der Boiler fürs Warmwasser schon der zweite und ein dritter vorerst zu teuer war. Duschen konnten wir daher mit im Haus.

Die Küche hatte dadurch ebenfalls kein warmes Wasser und auch der Herd hatte sich im Laufe der letzten Monate verabschiedet. Da wir aber beides – Essen und Spülen – meist gemeinsam mit der anderen Familie gelebt haben, war das auch kein Problem.

IMG_1198IMG_1199Absoluter Komfort waren die großartigen Betten. Auch das fürs Baby an der Wand. Genial. Und alles, wirklich alles, selbst die Wände des Zirkuswagens waren Handarbeit, weil der Wagen zu Beginn die Wohnung der Familie gewesen ist und das Haus, wie wir es im Sommer vorfanden, anfangs einfach noch nicht derart bewohnbar war.

 

IMG_1201Weiterer Luxus: Die Möglichkeit auch vom Zirkuswagen aus einen schnellen Internetzugang zu nutzen, den wir in der Regel aber nicht gebraucht haben. Da draußen ist man mit so vielem anderen beschäftigt… Wir kamen nicht oft dazu.

Und jetzt? Jetzt sitze ich hier auf dem Sofa und denke an die Zeit zurück. So vieles geht mir plötzlich wieder durch den Kopf. Die Bedenken vieler Menschen aus unserem Umfeld, ob dieses Projekt wirklich sein muss? Und wenn ja, wieso? Weshalb? Dann diejenigen, die uns auf den Gegenwind hinwiesen und dass es dennoch gut sei, dem Herz zu folgen und sich darauf einzulassen, abzuwarten was passiert.

Die Zeit war kostbar. Sie ist kostbar. Ist das nicht Grund genug, sich voll aufs Leben einzulassen?! Und wenn sich dann eine solche Möglichkeit andeutet und das eigene Herz sich nach diesem Projekt sehnt, sollte man ihm nicht eine Chance geben?! Ich freu mich so und bin dankbar, dass ich mich an diese Tage und Wochen, trotz all ihrer Anstrengungen, Herausforderungen und FremdseinErfahrungen hier und jetzt erinnern kann. Euch ein bisschen was von den Eindrücken zeigen darf.

Hier mal noch die ein oder andere Impression vom Zirkuswagen sowie der näheren Umgebung. Viel Spaß beim Durchschauen.

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Bücherregal im ZirkusWagen

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Ein wenig Deko.

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Selbst einen Ofen gab’s im ZirkusWagen, wenngleich durch unseren ganzen Kram verdeckt…

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Die schmale Tür zum eigentlichen Schlafplatz.

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Sowas entdeckten die Kerle sofort.

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Unsere erste WWOOF-Aufgabe: Die Tomaten im Gewächshaus retten.

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Ein Erdkeller. Wusste vor unserem WWOOFen noch nicht einmal, dass es sowas überhaupt gibt. Coole Sache.

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Sowas fanden sie auch sofort. Schüttel. Jungs.

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Unsere Mitbewohner – zu Anfang.

 

WWOOFen. Station Drei. (3) Hemmschwellen überwinden.

 

Für jeden gibt es ganz, ganz unterschiedliche Hemmschwellen, wenn es in so ein Projekt geht, wie das von uns im Sommer. Der eine mag Schwierigkeiten mit finanziellen SicherheitsGedanken haben. Der andere würde am liebsten alles ganz genau durchplanen, muss aber damit zurande kommen, dass er nicht jede Nacht auf dem jeweiligen Campingplatz schon buchen, geschweige denn als Familie mit kleinen Kindern vorplanen kann. Denn dann wird eines mal krank oder man verspätet sich einfach auf der ewig langen Autobahn Richtung Norden. Wieder andere empfinden den permanent neuen Kontakt und die immer wieder neu anlaufende soziale Interaktion mit „fremden“ Menschen als herausfordernd, vielleicht sogar hemmend. Dann gibt es da noch Hemmschwellen bzgl. des Essens und so weiter und so fort. Ich hatte mich aufgrund meines schwangeren Zustandes vor allem mit geruchlichen und hygienischen Hemmschwellen auseinanderzusetzen.

Daher hatte ich wahnsinnig großen Respekt vor den uns in Aussicht gestellten Plumpsklos auf den jeweiligen WWOOFing-Stationen. Doch nach dem Abenteuer und glücklicherweise auch schon währenddessen, durfte ich feststellen, dass die PlumpsKlos nun wirklich nicht meine größte Hemmschwelle, geschweige denn ein Problem sein mussten. Wir finden diese Art des Sich-Entledigens inzwischen als eine sehr hygienische. Zumindest im Vergleich zu einer defekten SpülToilette.

Dennoch hatte ich für mich persönlich durchaus hygienische Kompromisse einzugehen und merkte regelmäßig, wie ich mich innerlich stark überwinden musste.
Vorab: Während des Studiums hatte ich einen sehr intensiven HygieneFimmel. Es grenzte schon annähernd an neurotische Verhaltensweisen, wenn ich mir das so im Rückblick anschaue. Hände waschen noch und nöcher. Für alles irgendwelches DesinfektionsZeug in der Handtasche oder im Putzschrank. Ich will gar nicht mal sagen, dass wir viel mehr Putzzeug hatten als andere Haushalte. Wenn ich in so manchen Haushalt unseres Projektes geschaut habe, wurde mir bewusst, dass wir heute, in Deutschland sehr viel weniger Flaschen und Putzmittel besitzen. Dennoch ist mein Umgang damit vielleicht ein anderer.

Früher musste alles nach dem Putzen noch desinfiziert werden. Nach jedem mal Spüle zur Essenszubereitung verwenden, wurde alles geschrubbt und desinfiziert. Im Zuge des Reduzierens hat sich dieses Verhalten von ganz alleine reduziert. Nicht, dass ich unreinlicher und schlampiger geworden wäre. Ganz und gar nicht. Aber mir kam der Gedanke, dass dieses viele, viele Säubern und Waschen vermutlich auch nicht das Gelbe vom Ei sein konnte. Vor allem dann nicht, wenn ich mit meiner Familie in einem gesunden und starken Haushalt leben wollte.

Heute läuft das bei uns anders. Das Desinfektionsmittel wird nur dann aus dem Schrank herausgeholt, wenn einer von uns am MagenDarmInfekt erkrankt. Dann wird regelmäßig die Toilette damit gereinigt, um möglichst schnell diese Viren loszuwerden. Wäsche wasche ich in der Regel höchstens auf 60°Grad. Es sei denn es besteht Anlass auch mal bei höheren Temperaturen zu waschen: Flecken, langes Zurückliegen des nicht so heißen Waschens oder die Erkrankung eines Familienmitgliedes. Die Küche wird regelmäßig mit Spüli ausgewaschen und mindestens einmal die Woche schütte ich heißes Wasser übers Abtropfbecken. Fleisch gibt es in unserem Haushalt nur noch äußerst selten. Hierbei habe ich oft das Bedürfnis alles gut reinigen zu müssen. Aber auch hier belasse ich es inzwischen bei dem oben genannten Vorgang: Spüle direkt waschen und mit kochendem Wasser übergießen. Das Bad wird einmal die Woche geputzt. Saubergemacht wird nur noch ausschließlich mit ÖkoWasch- und Putzmitteln – der Umwelt zuliebe.

Diesen Sommer, in den anderen Haushalten sah das anders aus. Da gab es dann auch Herangehensweisen, die mich immer wieder neu herausgefordert haben. Nicht nur bei Station Drei, aber auch. Zum Beispiel gab es ein Waschbecken, in dem der Jüngste regelmäßig gebadet wurde. Eigentlich ein Spülbecken, das von der alten Küche noch in dem Raum, nahe der Wickelkommode erhalten geblieben ist. Nachdem der Kleine sich mal etwas stark vollgemacht hatte, wurde er kurzerhand in dieses Becken gesetzt und gewaschen. Danach konnte es sein, dass der Papa mit einem frisch geangelten Fisch zum Abendessen nach Hause kam und ihn gleich im selben Becken enthauptete und die Innereien entnahm. Umgekehrt war es auch mal so, dass der Vater zuerst am Becken stand. Er nahm die zwei Fische aus, das benutzte Messer lag noch am Rand – natürlich nicht in Reichweite des Kindes – und der Kleine wurde unmittelbar danach in der Spüle gebadet. Das mal eben ausgespülte Becken diente dann wieder als „Badewanne“ und die ausgenommenen Innereien lagen in der Plastiktüte daneben.

Ich gebe zu, ich mag an dieser Stelle innerlich „überreagieren“. Dennoch hat es mir regelmäßig viel abverlangt, über solche Dinge hinwegzusehen. Und das den gesamten Sommer hindurch, egal auf welcher Station. Auch als das Schaf geschlachtet wurde und dessen Fleisch auf dem normalen HolzKüchenTisch zugeschnitten wurde. Zum Abendessen wurde der Tisch lediglich mit einem feuchten Lappen abgewischt. Oder die Gläser, die schmierig aus dem Schrank kamen. Oder der Lappen, der so aussah und roch, als sei er  schon ein halbes Jahr in Verwendung und sich auch so anfühlte. Oder der Umgang mit zubereiteten Lebensmitteln und deren Aufbewahrung. Kühlschränke, Töpfe, Geschirr und Besteck… Das waren alles so Sachen, mit denen ich kämpfen musste.

Auf diese Dinge freute ich mich im Hinblick auf unser Leben in Deutschland. Die Kompromisse, die ich an dieser Stelle eingehen musste, fand ich

a) sehr anstrengend.
b) erforderlich um noch ein wenig mehr Gelassenheit in diesen Dingen zu gewinnen.
c) erhellend, weil ich erkannt habe, wie viel ich mich eigentlich schon von diesem neurotischen Desinfizieren gelöst und außerdem festgestellt habe, wie es bei uns in der Familie läuft. Und diese Art mir dennoch am liebsten ist. Ich sie beibehalten möchte.
d) gut, um zu lernen, sei einzugehen.

 

WWOOFen. Station Drei. (4) Ein anderes FamilienLeben mit gelebt

Wie anders das FamilienLeben anderer eigentlich aussieht erlebt man erst, wenn man mit den Differenzen konfrontiert wird oder in dieses „fremde“ FamilienLeben einsteigt. Im Sommer haben wir das viel gemacht. Mehrmals sind wir in das FamilienLeben der anderen eingestiegen. Es war spannend die Unterschiede zu entdecken, aber auch Gemeinsamkeiten – und seien sie noch so klein – festzustellen.

Der Umgang mit diesen erlebten Unterschieden kann sehr verschieden aussehen.

a) Man sieht sich das an und hakt es unter: „Ok, muss ich so nicht machen.“ ab.
b) Man distanziert sich davon sehr schnell, sehr resolut, aus welchen Gründen auch immer. Die Palette an Gründen ist groß und vielfältig. Außerdem stehen einige dieser Gründen nicht selten in Wechselwirkungen zueinander. (Wenn ich da an den Abbruch der einen WWOOFing-Station denke… Das FamilienLeben dort fand ich zwar aufregend, hatte aber neben diverser anderer Verhältnisse das Bedürfnis, mich genau deswegen zu distanzieren.)
c) Man erlebt und findet toll. Entweder werden bestimmte Dinge direkt ganz übernommen oder aber genauer in den Blick genommen, was davon man modifizieren und adaptieren möchte.
d) Man findet toll und ändert eigene Verhaltensweisen, weil man sie für fehlgeleitet hält, zugunsten des neu Entdeckten und Erlebten.

Wie sieht unser Leben aus? Wie das jeder anderer Familie auch. Das wäre meine spontane Antwort. Aber dann sitzt mir unser Freund gegenüber und sagt: „Nein, rage. Ihr seid nicht wie jeder andere.“ Mal abgesehen davon, dass er ähnlich wie ich jedes Individuum und auch jede Familie als Unikat sieht, hält er plötzlich ein Plädoyer für unsere „minimalistische“ Andersartigkeit. „Ihr geht Sachen ganz anders an, als das ein Großteil der „Anderen“ machen würde. Ihr kauft als Familie ein uraltes Haus. Ihr übernehmt uralte Möbelstücke. Ihr werft nicht alles einfach nur weg. Ihr macht euch Gedanken darüber, was an eure Wände kommt. Gips oder Lehmputz? Tapete oder Farbe? So viele Gedanken macht sich nicht jeder. Du bleibst Zuhause. Er geht arbeiten. Ich macht vieles anders. Ich weiß das…“ Ok, denke ich. Lasse ich das einfach mal so stehen. Irgendwas wird vielleicht dran sein.

Wie sieht unser Leben denn nun aus? Mal abgesehen von der Baustelle nebenan? Der Mann geht arbeiten und ich sitze Zuhause. (Wenn ich könnte, wäre an diese Stelle eine karikierte ComicFaust zu sehen.) Denn: Ich arbeite auch. Und das ganz schön hart. Ohne Geld dafür zu bekommen. Ich verhelfe unseren Kindern zur Selbständigkeit, mache mir Gedanken übers Fordern und Fördern, treffe dbzgl Entscheidungen, bereite ihnen regelmäßige Mahlzeiten zu und kümmere mich darum, dass sie wettertechnisch anständig gekleidet auf die Straße gehen. Ich vereinbare Termine mit Kindergarten, Schule, Kinderarzt, Therapeut und Freunden. Den Sportverein habe ich dabei auch immer auf der Liste, um meinen Kindern Bewegung zu ermöglichen, die neben dem Gekletter und Fahrradgefahre, strukturierter angeleitet werden. Ich begleite meine Kinder durch die Jahreszeiten, versuche unserer Familie einen Alltag zu bieten, der einen roten Faden hat, sich jedoch nicht in Terminflut verliert und genügend Raum für Freigeist, Kreativität, Bildung und Ehrenamt bietet. Abends lassen wir den Tag in der Regel gemeinsam ausklingen. Alle Mann. Es wird erzählt und eine Geschichte, wie der Hobbit oder Narnia findet im Schlafzimmer seinen Raum. Danach kommt die Baustelle oder die geliebte Zweisamkeit, um nicht vollends am Rad zu drehen. Unsere Situation aktuell… ja, die ist momentan einfach so. Vieles davon findet sich auch in unserem geordneten Alltag von vorher wieder.

Die Familie beim WWOOFen. In Schweden wird grundsätzlich auch unterschiedlich gelebt. Aber das FamilienLeben dort hat mehr Möglichkeiten, weil Kommune und Staat die Rahmenbedingungen anders gestalten. Ich will nicht beurteilen, ob besser oder schlechter. Aber in unserer Familie dort oben sind alle von morgens bis nachmittags um 17h beschäftigt. Die Frau geht einem VollzeitJob nach. Der Vater arbeitet als Selbständiger, wenngleich oft von Zuhause aus der eigenen Werkstatt und bringt die Kinder morgens in die Kindertagesstätte. Sie werden gegen 16:30h abgeholt und um 17h sind alle wieder miteinander vereint. Wenn der Mann gut vorangekommen ist, beginnt jetzt das FamilienLeben. Zeit zum Spielen, Zeit für Haushalt – sofern keine WWOOFer da sind, die diese Arbeiten tagsüber verrichtet haben – Zeit fürs Abendbrot und Zeit für einen „Keks“ – eine Folge Fritz Fuchs. Wer weiterhin Löwenzahn schaut, weiß wovon ich schreibe.

Dieser bewusste Ausklang des FamilienLebens hat mir sehr, sehr gut gefallen. Daher haben wir zurück in Deutschland nochmal mehr Wert genau darauf gelegt. Gerade weil unsere Lebenssituation so neu war. Wir hatten vorher auch unsere Rituale, aber wir haben sie ausgebaut und genießen sie heute alle sehr.

Was ich schwierig finde und zunehmend kritischer sehe, ist diese Situation, in der wir als Frauen uns meist immer wieder finden. Dieses Spagat zwischen Job und Familie. In Schweden scheint das ganz einfach. Klar, da sind einige Rahmenbedingungen anders zusammengestellt. Doch fast täglich sehe ich mich mit der Auffassung konfrontiert, ich würde nicht arbeiten. Zuhause rumsitzen. Ich kriege kein Geld für meine Leistungen. Und beides stört mich wirklich sehr. Denn ich glaube, dass ich meinen Job gut mache. Besser noch als so manch anderer seinen BüroJob.

Auch in Bezug auf das Bindungsverhalten der Kinder ist mir das Konzept der Kindertagesstätte nicht so ganz geheuer. Ich will keine Lanze für oder gegen Kindertagesstätten brechen. Zumal viele Eltern es sich heute gar nicht leisten könnten, ihre Kinder bis zum 3. Lebensjahr bei sich zu halten und nicht (beide oder alleine) arbeiten zu gehen. Dennoch halte ich die ersten drei Lebensjahre für die Entwicklung von weiterem Urvertrauen zu einer selbständigen und selbstbewussten kleinen Persönlichkeit für immens wichtig. Wichtiger als die Förderung und Forderung motorischer Fähigkeiten, Sprachverständnis und geometrisches Formenverständnis. Das ist alles auch total wichtig. Doch diese Dinge kann ich Zuhause sehr gut ebenfalls umsetzen. Und die Mütter, die darin Schwierigkeiten haben sollten, könnten doch in diesen personalen und sozialen Kompetenzen für ihr Kind geschult werden. Wenn wir ein Gehalt bekämen, würde das als Fort- oder Weiterbildung laufen – was weiß ich. Aber von einer Erzieherin zu verlangen, dass sie für 3-5 Kinder in 8h an 5 Tagen die Woche eine Bezugsperson wird, in der sich das bilden kann, was sich in den drei Jahren Zuhause entwickelt… Ich bezweifle, dass sie das auffangen kann. (Aber das ist eindeutig meine persönliche Meinung, die sich die vergangenen Jahre herausgeschält hat.)

Vielleicht sagt ihr jetzt: Ach komm, rage. Unser FamilienLeben sieht genau so aus, wie von deiner WWOOFing-Familie. Da gibt’s keine oder kaum Unterschiede. Das wird dann so sein. Aber für mich, war das alles doch nochmal sehr ernüchternd.

 

WWOOFen. Rückkehr. Resümee.

Wie kamt ihr eigentlich dazu? Zu den drei Monaten? Oder zum WWOOFen? Auf die Idee? Als wir zurückkehrten war das die meist gestellte Frage, nach einem neugierigen: „Wie war’s?“

Ich musste jedes Mal neu überlegen, wieso wir uns diese drei Monate ursprünglich genommen hatten? Wie waren wir auf die Idee gekommen, drei Monate zu campen oder bei wildfremden Menschen mitzuarbeiten? Für mich war es in erster Linie ein Abschied nehmen, wie ich wieder daheim feststelle. Wir wollten schon seit ungefähr zehn Jahren „auswandern“. Irgendwo in Skandinavien ein Haus mit Grundstück kaufen und dort der Schnelllebigkeit und dem technologischen Fortschritt weitestgehend entfliehen. Im Laufe der letzten drei Jahre änderte sich bei mir was. Ich merkte durch die ganze Reduziererei, dass ich das, wonach ich mich sehnte, Freiheit, Unabhängigkeit und mein LebensTempo schon hier entdeckt, ausgegraben und verwirklicht hatte. Mehr und mehr. Ich brauchte dafür kein anderes Land und stellte außerdem fest, ich mag dieses Deutschland – weitestgehend. Seine Berge, Hügel, Gewässer. Den Schlag Menschen, unter dem wir aktuell leben.

Für mich wurde dieses „Auswandern“ immer abwegiger. Dennoch hatte ich das Bedürfnis, mich von diesem so lang ersehnten Wunsch gründlich verabschieden zu können. Außerdem mag ich es gerne einfach mal anders machen. Urlaub erschien mir langweilig. Etwas Neues dazu lernen, das liebe ich. Warum nicht direkt zur Quelle, und anschauen, erklären lassen und mit anpacken, wie Hochbeete gebaut, Pflanzen groß gezogen und Landgurken eingelegt werden?! Hinzukam, dass ich mir sicher war, dass es meinen Männern – durch die Bank – gut tun würde. Und: Ich hatte recht. Die kleinen Kerle haben enorme EntwicklungsSchübe hinter sich gelegt. Der Mann an meiner Seite war von Tag zu Tag entspannter geworden.

Ich bin froh und dankbar, dass wir es durchgezogen und uns nicht ins Bockshorn haben jagen lassen. Ich weiß aber auch, dass ich diese Art von Abenteuer vorerst nicht mehr brauche. Es war spannend, herausfordernd und nicht zuletzt anstrengend zu viert mit einem 08/15 PKW dieses Projekt durchzuziehen. Es hat sich durch und durch gelohnt und ich würde es genau so wieder machen.

Gleichzeitig stelle ich jedoch fest: Ich brauch es jetzt erstmal nicht mehr. (Klar, das schreibe ich heute. Ich hab keine Ahnung, was für eine Flause mir in einem Jahr ins Ohr geflüstert wird. Das sehen wir dann…) 
Jetzt stehen wir im wahrsten Sinne des Wortes vor einem Haus, dass unsere kommenden Monate und Wochen bestimmen wird. Während ich von Tag zu Tag immer häufiger eine „ruhige Kugel“ schieben muss, nimmt die Arbeit nebenan (scheinbar) nicht ab. Immer mal wieder gibt es Gerüchte über desolate Zustände des Grundstückes (Da is‘ ’ne Grube im Garten, in die alles reingeschüttet wurde. Reifen, Bauschutt, Öl…), genauso wie tolle Nachrichten an uns herangetragen werden (Ihr Wasser ist großartig. 1 und 1. Von 100. – Was auch immer das genau heißen mag. Aber meine Frage: Ich kann das Wasser also aus dem Hahn trinken, wenn die Baustelle erst mal weg ist? – Ja, das können Sie auch schon jetzt. – Juchuhuuu!) 

Außerdem entdecken wir immer Neues in diesem HausProjekt. Ein AbwasserRohr, das durchs ganze Haus entlang der abgehängten Decke verlief oder eine Borte auf dem Mauerwerk, die gut und gerne 50-60 Jahre alt ist.

Ihr seht, wir – zumindest ich – bin wieder voll und ganz in Deutschland und damit in eines unserer nächsten Projekte abgetaucht. Denn da ist ja noch die Schwangerschaft, der normale Alltag einer KindergartenMutti, mein Buch, das ich jetzt versuche selbst zu veröffentlichen und der Herbst wirbelt mir seine verbliebene bunte Blätterpracht um die Ohren.

Es gibt viel zu tun. Ich hoffe, ich konnte euch ein bisschen neugierig machen auf dieses WWOOFen. Wenn nicht, dann hat es ja vielleicht für ein wenig Unterhaltung ausgereicht? Das würde mich freuen. Des Weiteren werden wir uns hoffentlich auch in den nächsten BlogBeiträgen wiedersehen. Euer Feedback und spannende SelbstErfahrungen eurerseits sind natürlich weiterhin gerne ge“lesen“.

6 Gedanken zu „WWOOF-Projekt“

  1. Pingback: WWOOFen. Rückkehr. Resümee. | MamaDenkt.de

  2. Liebe Rage,

    ich finde deinen Blog super klasse (auch wenn ich noch keine Mama bin ;-)). Auf der Suche nach Erfahrungen zu Kulmines bin ich auf deinen Blog gestoßen und habe schon alle möglichen Posts durchforstet. Viele Posts sprechen mir aus der Seele und behandeln genau die Tehmen, die mir auch im Kopf rum schwirren (Getreidemühle, Minimalismus, Zeit, Stoffwindeln (auch als NichtMama ;-), ), Müllreduzieren, BioLogisch sanieren/bauen, usw.)
    Bei dem WWOOF Projekt bin ich sehr neugierig gewesen, was sich dahinter verbirgt, denn das sagte mir so gar nichts….
    Ich muss sagen, dass ich das super klasse finde. Als Familie umsomehr!!!! Und dann noch schwanger. Hut ab!!!!
    Diese Art des Reisens/Urlaubs finde ich genial!! Ich kannte zwar bisher das typische WorkandTravel aber WWOOF ist genau das, was für mich abdolut in Frage käme….
    Schon länger beschäftige ich mich mit dem Gedanken einfach mal auszubrechen. Ich träume von einem Haus im Grünen, ohne Straßenlärm ohne „ablenkende Medien“, einfach auf die Natur besinnen. Ruhe. Aber wäre das etwas auf Dauer? Könnte ich mir mein Leben für immer so vorstellen? Oder brauche ich einfach mal eine „Auszeit“. Wobei ich gerne arbeite!! Nur zuhaus rumsitzen und berieseln lassen ist nichts für mich, Daher würde ich auch keine 6 Wochen „nur Urlaub“ wollen. Das WWOOF wäre möglicherweise genau das, womit mein Wunsch nach „Aussteigen für eine begrenzte Zeit“ Realität werden könnte.
    VIELEN DANK dafür, dass du uns euer „Porjekt“ vorgestellt und jemandem wie mir das WOOFen näher gebracht hast!!!!
    Ich hoffe mein Mann (und co) sind diesem „Abenteuer“ gegenüber genauso aufgeschlossen wie ich (und deine Familie)!

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  6. Hi,
    Bin soeben auf einer 6 Monats Auszeit mit Familie inkl. 2 Kleinkinder. Ich verstehe alles was du schreibst. Einfach alles.
    Die wunderbare Zeit, die strapazierten Nerven, tolle Erlebnisse und die Sehnsucht nach dem was man zu Hause hat.
    Frage mich jedoch wie es dir gelungen ist mit Kindern auf Station 3 zu arbeiten. Mein Gefühl ist nämlich, dass ich mit Kindern gar nichts schaffe… zumindest nicht vor der Schlafenszeit.
    Wie hast du das hinbekommen?
    Freue mich von dir zu hören

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